Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Titel: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Meyerhoff
Vom Netzwerk:
Hühner geschlachtet.« Im Inneren des Hauses machte er Fotos von den kaputten Holzfußböden – überall brach man ein –, der ekelhaften Küche – hinter den Herdplatten war die ganze Wand fettig braun – und dem stinkenden Klo – das zwar noch funktionierte, aber weder Deckel noch Klobrille hatte. Im Stall waren eine alte Werkstatt, mehrere Schweinekoben und uralte Ketten für die Kühe. Überall stapelte sich der Müll. »Keine Ahnung, wie viele Container wir brauchen werden, um diesen ganzen Schrott abzufahren. Mein Gott, wie die hier gehaust haben.«
    Ich erinnere mich auch deshalb noch so genau an jede Kleinigkeit, die sich nun ereignen sollte, da es das einzige Mal war, dass mein Vater tatsächlich etwas mit mir zusammen baute. Unterhalten haben wir uns oft, spazieren gegangen sind wir andauernd, über das Psychiatriegelände, durch die Einkaufsstraße, im Wald und am Meer. Aber gemeinsam etwas gebaut haben wir nur dieses eine Mal.
    Allein ihn Holz hacken zu sehen war schon eine Sensation für mich. Mein Vater fasste das Beil weit oben am Schaft, unmittelbar unter der Schneide, ich musste beiseitetreten – grotesk weit, so als würde er eine Handgranate zünden –, und er hackte ungeschickt in die Scheite. Besser ging es, als wir es mit einer Axt machten, die ich ganz am Ende hielt und der er mit einem Hammer, den er auch wieder viel zu weit oben fasste, auf die stumpfe Seite klopfte. Wir hackten kein Holz, wir hämmerten es durch. Ihm brach der Schweiß aus, und schon nach kurzer Zeit hatte er an seiner rosigen rechten Ärztehand mehrere Blasen. Aber er entwickelte einen mir unbekannten Ehrgeiz und ließ nicht locker.
    Nach einer Stunde hatten wir genügend Holz. Wir stapelten die Scheite sorgfältig auf, und er fragte mich: »Ist das so gut?« Ich antwortete: »So ist es glaube ich besser, damit wir nachher die Glut in die Mitte schaufeln können!«, und schichtete die Scheite um. »Oh ja, klar!«, gab er bereitwillig nach. Ich war tatsächlich derjenige, der an diesem Nachmittag beim Meilerbau die Instruktionen gab. Das war herrlich.
    Nun ging es daran, Grassoden auszustechen. Wir suchten uns eine abgelegene Stelle auf der großen Wiese aus und mein Vater rammte den Spaten in den Boden. Das war viel anstrengender, als wir beide gedacht hatten. Der Untergrund war schwer und es war mühsam, das Metallblatt in den Boden zu treiben. Ich konnte jedoch etwas, das mein Vater schon nach dem ersten Versuch aufgegeben hatte. Es gelang mir, mit beiden Füßen gleichzeitig auf das Spatenblatt zu springen und es so einigermaßen in die Erde zu rammen. Von allen vier Seiten schnitten wir Soden aus dem Gras und hoben sie an. Dunkle Erde! Mein Vater schwärmte von der Fruchtbarkeit unseres Bodens. Mit einer Schubkarre fuhren wir unsere Gras-Vierecke zum geschichteten Holzhaufen. Sode für Sode, Gras nach innen, bedeckten wir den Holzstoß, der zum Einfüllen der Glut oben offen blieb.
    »Im Fernsehen haben sie das dann nass gemacht und geglättet.« »Na dann«, sagte mein Vater außer Atem, »machen wir das auch.« Obwohl es ganz und gar nicht warm war, zog er sich sein blaues Hemd aus. So hatte ich ihn überhaupt noch nie gesehen. Arbeitend im Unterhemd. Seine Halbschuhe waren erdig, aber das schien ihm nicht das Geringste auszumachen. Er holte eine Gießkanne, und obwohl der Wasserhahn funktionierte, sagte er: »Komm, wir gucken mal, ob die alte Pumpe noch geht!«
    Wir gingen in den feuchtkalten Stall. »Man muss etwas Wasser hineingießen, damit ein Sog entsteht«, erklärte er mir. Die Pumpe war völlig verrostet und eingesponnen in einen Kokon aus staubigen Spinnweben. Ich nahm eine lange Feile von der mit Kerben übersäten Werkzeugbank und stocherte die Netze beiseite. Knarzend ließ sich der Pumpenschwengel bewegen. Mein Vater zog und drückte, und ich goss aus der Kanne langsam Wasser in die obere Öffnung. Es gluckste und blubberte. »Oh, ich glaub, sie zieht, hol schnell einen Eimer.« Er wechselte die Hände, da die Blasen an seinen Fingern aufgeplatzt waren und sich die Haut abgerubbelt hatte. Er pumpte und pumpte und lachte dabei ein so glückliches Lachen, wie ich es vielleicht noch nie von ihm gehört hatte. Sein Bauch wackelte vor Lachen. Da stürzte das Wasser spritzend aus der Pumpenöffnung. Rostrot und eiskalt. Erst nach dem dritten Eimer, den ich in meinen durchtränkten Schuhen aus dem Stall schleppte, wurde es klarer. »Es ist zwar für den Meiler völlig egal, ob das Wasser sauber oder

Weitere Kostenlose Bücher