Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Eisenstangen, auf und ab und wieder auf . Bis sie sich mit einer plötzlichen Drehung von dem stählernen Vorhang löste. Den Kopf auf die Schulter gelegt, das Profil mir zugewandt, Lid gesenkt, Wimpern lang und geschwungen, dicht und schwarz wie Schmetterlingsraupen während der Kaktusblüte, machte sie ein paar träge, graziöse Schritte in Richtung ihrer Pritsche, und ich musste mich innerlich am Zügel reißen, um ihr nicht einfach wie in Trance hinterherzustolpern und mir am Gitter den Schädel einzurennen. In den Wäldern Montanas gibt es eine Wildkatzenart, die mit genau solchen Bewegungen über die höchsten Äste balanciert. Nur die Reithosen und -Stiefel müsste man sich wegdenken .
    Ich war mitten dabei, mitten beim Wegdenken, da fuhr sie erneut herum und keine Sekunde später hing die verfluchte Wolldecke wieder an ihrem Platz.
    Manchmal entstehen Ideen, Gedanken und Wörter in ein und demselben Moment.
    Mühsam räusperte ich mir den trockenen Hals frei.
    »Aisha«, sagte ich und packte den Stahl, wo sie ihn gerieben hatte, »wenn wir uns zusammen-, äh, -täten, wüsste ich einen Weg, uns beide hier herauszuholen.« Waren noch warm, die Stäbe. Heiß, beinahe.
    Sie schnaubte.
    »Komm zu mir ans Gitter und ich flüstere dir meinen Plan ins Ohr.«
    Sie lachte. Es klang, wie wenn Golddollars kühl in einen Leinenbeutel rieseln.
    Ich war drauf und dran, zu versuchen, mich quer durch die Gitterstäbe zu zwängen, doch dann sah ich an mir herunter. Vergiss es, dachte ich. Vielleicht später.
    »Verrat mir eins, Fremder«, sagte sie unvermittelt in mein hitziges Grübeln hinein, ob mich ein mit Schluchzern durchsetztes Betteln wohl bei ihr weiterbrächte, »was um alles in der Welt hat dich ausgerechnet nach Buttercup verschlagen?«
    Gute Frage das. Wirklich gute Frage.
    »Ermittlungen«, antwortete ich ausweichend.
    »Ermittlungen in eigener Sache.«
    »Wollt ihr etwa warten«, fragte der Sheriff brüllend, »bis sie euer letztes Stück Vieh geraubt haben? Bis sie eure Frauen, eure Kinder, eure Hunde geschändet haben?«
    Doch, definitiv etwas stärker als sonst ausgefallen, die neue Lieferung, befand Pancho, der die >Hunde< dem ungewohnt hohen Alkoholgehalt zuschrieb.
    »Oder wollt ihr kämpfen wie Männer, in offener Schlacht, unbeugsam bis zum letzten Tropfen Blut?«
    Deutete man das verlegene Murmeln, das Hängen der Köpfe und generelle Scharren der Füße richtig, schienen sich die meisten der Anwesenden fürs Warten entschieden zu haben. Bis auch der letzte Hund geschändet worden war.
    »Männer!«, brüllte der Sheriff, feuerte einen Schuss in die Decke und nahm einen wilden Schluck aus der Pulle, »hört mir zu!«
    Oh, ich wünschte, er würde das nicht immer machen, dachte Pancho, meinte das Geballer in die Saloondecke und erinnerte sich daran, wie schwierig es war, einen Handwerker aufs Dach zu kriegen, solange der Sheriff in der Stadt war.
    »Die südländischen Horden stehen vor den Toren der Stadt und ich als euer Sheriff werde jetzt eine Bürgerwehr rekrutieren, mit der wir uns diesen bis an die Zähne bewaffneten Desperados todesmutig entgegenwerfen werden!«
    Den >bis an die Zähne bewaffneten<-Part hätte er besser weggelassen, fand Pancho, der den ohnehin nicht besonders hohen Begeisterungslevel des Publikums weiter abflauen fühlte.
    »Deshalb: Freiwillige vor!«
    Zumindest mental konnte man die Majorität der Anwesenden einen Schritt nach hinten machen spüren.
    »Ich habe gesagt: Freiwillige vor!«, brüllte der Sheriff und feuerte einen weiteren Schuss durchs Dach, sehr zu Panchos Verdruss.
    Etwas wie eine allgemeine Bockigkeit machte sich breit.
    »Ja, wollt ihr etwa dabei zusehen, wie die dreckigen Ganoven mit Gewalt verhindern, dass Recht und Gesetz in unserem Gemeinwesen Folge geleistet wird?«
    Alle wussten, worauf der Sheriff anspielte, und aus dem zwar leisen, aber doch deutlich vernehmbaren zustimmenden Brummen ließ sich ableiten, dass dem genau so war: Wenn die dreckigen, bis an die Zähne bewaffneten Ganoven unbedingt und mit Gewalt verhindern wollten, dass Aisha Adango gehängt wurde, dann wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach lustiger, ihnen dabei zuzusehen, als bei dem Versuch, sie aufzuhalten, über den Haufen geschossen zu werden.
    »Na gut«, befand der Sheriff, der die Zeichen der Zeit erkannte, stellte die Flasche beiseite und griff hinter sich. »Ihr seid somit alle Freiwillige!«, dröhnte er, lud eine abgesägte Schrotflinte durch und feuerte ein Loch ins Dach,

Weitere Kostenlose Bücher