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Wanted

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Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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neben meiner wuchteten.
    Ja, ganz recht. Meine Zelle. Der Galgen war fertig, für teuer Geld, der kunstvoll geknotete Strick ebenfalls, also musste auch jemand baumeln. Und Aisha stand nicht mehr zur Verfügung, also musste jemand an ihrer statt baumeln.
    Die Morgensonne schoss den Himmel empor zu einem weiteren, heißen Tag, und all die toten Mexikaner, die all die furchtlosen Schützen erledigt haben wollten, waren nirgends zu finden, sondern nur die fliegenumsummten Kadaver von Nachbarn, Freunden, Verwandten und Bekannten, ganz so, als wären die Mexe nie da gewesen, und auch für diesen empörenden Umstand sollte jemand baumeln. Es machte keinen Sinn, aber die Leute empfanden so, und deshalb hatte der Sheriff, wie immer ein Ohr am Puls der Zeit, mir zusammen mit Blechstern und Bewaffnung den Status eines freiwilligen Milizionärs wieder aberkannt und mich, unterstützt von seiner übellaunigen, schwer verkaterten Schar, zurück ins Loch geworfen.
    »Wir finden nur noch eben schnell raus, wer Mandoney umgebracht hat«, grollte er drohend, packte die Gitterstäbe und schob seinen roten Riecher dazwischen, um mich aus größtmöglicher Nähe finsterst anstarren zu können.
    Mandoney stöhnte ein Stöhnen, das auf eine sublime Art mitschwingen ließ, dass er sein Ableben noch keineswegs als ein fait accompli betrachtete.
    »Dann«, fuhr der Sheriff ungerührt im gleichen Tonfall fort, »fragen wir noch eben den Doc, wer es wohl war, der ihn niedergeschlagen und die verurteilte Mörderin freigelassen hat, anschließend halte ich eine kurze, flammende Rede, und kaum dass der Applaus verhallt ist, knüpfen wir dich auf.«
    »Der Schuss auf Mandoney muss aus dem Saloon gekommen sein«, sagte ich. »Während der Vereidigung der Miliz. Ich frage mich, ob Dickie Thysson daran teilgenommen hat?«
    »Was?«, schnappte der Sheriff irritiert. »Aus dem Saloon? Unmöglich. Ich habe mich den größten Teil der Nacht persönlich dort aufgehalten und in der ganzen Zeit ist nicht ein einziger Schuss gefallen. Und Dickie Thysson ist als Mitglied der angesehensten Familie der ganzen -«
    Das Knallen der Tür, oder was davon übrig war, unterbrach ihn. Doc Tatters kam hereingewankt, eine frische Flasche Chloroform in der einen, seinen klappernden Arztkoffer in der anderen Hand. Mandoney auf seiner Pritsche stöhnte vernehmlich bei seinem Anblick.
    »Na, Doc«, begrüßte ihn der Sheriff aufgeräumt, was den Doc wenig zu begeistern schien, der sich schnurstracks auf seinen Patienten zubewegte.
    »Was«, meinte der Sheriff und nahm dem Doc im Vorbeilaufen die Pickelhaube ab, »würdest du sagen, wer dir diese schändliche Beule verpasst hat?«
    »Kei- keikeikei- kein-«
    »Kein anderer als der Fremde«, führte der Sheriff Doc Tatters' Satz in freier Interpretation und wohl geöltem Bariton zu Ende. »Ganz wie wir vermutet haben.«
    »Kei- keine Ahnung«, korrigierte ihn der Doc zu meiner Überraschung.
    »Und genau diese Aussagen und anderen Ergebnisse meiner Ermittlungen«, ignorierte ihn der Sheriff, »werde ich gleich den treuen Bürgern dieser Gemeinde verkünden, dann das Urteil fällen und unverzüglich vollstrecken.«
    Mit einem entschiedenen Ruck nahm der Doc dem Sheriff die grüne Pickelhaube aus der Hand und setzte sie sich wieder auf.
    »Ma- mamama- machen Sie sich schon mal frei«, sagte er zu Mandoney, öffnete seinen Koffer, und eine bunte Auswahl an chirurgischem Besteck flog scheppernd durch den Raum, »das ha- hahaha- haben wir gleich.«
    Ein kalter Schauder packte mich. Denn seien wir mal ehrlich: Doc Tatters' chirurgische Künste waren die eines pathologischen Pathologen. Es mochte als Operation beginnen, was er unters Messer nahm, doch schon vor den abschließenden Näharbeiten war in den meisten Fällen längst wieder eine Obduktion daraus geworden.
    Mandoney war kein bisschen weniger todgeweiht als ich.
    Wenn einen nur noch ein paar hohle Worte und ein bisschen lascher Applaus vom Strick trennen und man momentan ohne Plan ist, wie sich dieses Schicksal noch mal abwenden ließe, wird die Versuchung groß, es mit dem schlichten Schinden von Zeit zu versuchen.
    »Ich würde gerne noch beichten«, log ich, ohne rot zu werden. Ich hatte in Buttercup noch nicht einen Priester gesehen.
    »Ich schick dir Bro Ho«, meinte der Sheriff, auf dem Weg zur Türe. »Der hat mal ... Der war mal ... Egal. Der kann dann auch gleich Mandoney die Letzte Ölung verpassen oder was auch immer.«
    Sheriff Starski griff den Griff von dem,

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