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Wanted

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Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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seins nachlud. Zwei weitere Banditen hielten jetzt direkt auf uns zu, Sombreros wie Schirme im Wind, Armeerevolver im Anschlag, Schuss auf krachenden Schuss in alle Richtungen jagend. Ich warf mich zu Boden und der Doktor zuckte. Paffpaff. Zwei reiterlose Pferde stoben davon. Rasch lud ich nach, doch die erste Angriffswelle schien schon vorbei. Wölfe heulten wie vor Schmerz und Wut.
    »Teufel«, fluchte der Doc, spähte geduckt und misstrauisch über die Fensterbank nach draußen, und ich nahm ihm die Pickelhaube ab und zog ihm eins mit dem Revolverknauf über. Dann setzte ich ihm die Haube wieder auf und er sackte zusammen.
    »Alleine die, die draußen auf der Hauptstraße herumliegen, sind genug, dass ich das Schild Schlussverkauf übers Sarglager nageln kann«, meinte Shits vom Fenster her.
    »Und ich kann mir'n Wolf schaufeln«, knurrte Bro Ho. »Idioten.«
    »Sobald Pancho mit dem Doktor zurück ist, sollten wir unsere Pferde satteln. Und auch eins für den Fremden.«
    »Wo soll'n wir das hernehmen?«
    »Wir leihen uns eins aus dem Fundus des Sheriffs«, antwortete Shits. »Vielleicht Mandoneys hier. Der wird in absehbarer Zeit keins mehr brauchen.«
    »Das Pferd des Sheriffs steht gesattelt draußen«, sagte ich und schloss auf. »Falls es der Doktor nicht erlegt hat«, schickte ich einen Nachgedanken hinterher. »Oder einer von deinen Landsleuten.«
    Sie trat aus der Zelle wie ein Panther aus dem Transportkäfig. Ungläubig, misstrauisch, lauernd. Dunkel und glänzend, muskulös und geschmeidig.
    Dem Kater in mir richtete sich der, äh, Pelz auf. Ich folgte ihr zur Tür und musste mir auf die Zunge beißen, um nicht zu maunzen.
    Das Pferd war noch da. Etwas glubschäugig und nicht unbedingt die Gelassenheit in Person, aber äußerlich intakt. Fackeln brannten am Boden weiter, wo ihre Träger sie hatten fallen lassen, und ihr Rauch biss in den Augen und machte das Atmen schwierig. Von überall her wurden Ochsenkarren und leere Fässer herangerollt und umgestürzt und alles schrie wild durcheinander, während sich Buttercup auf den zweiten Sturmangriff vorbereitete.
    Zwei Mexikaner und zwei Bürgerwehr-Milizionäre mit großen, runden Hüten, auf deren Krempen man >Welcom to Tijuana< lesen konnte, lagen am Boden und hatten den Doc um zwanzig Dollar Kopfprämie weniger als die erwarteten vierzig reicher gemacht.
    Aisha löste den Strick und das Pferd tänzelte.
    »Machs gut«, murmelte ich in erzwungener, leicht gepresster Zweisilbigkeit, und sie nahm den Fuß noch einmal aus dem Steigbügel, drehte sich zu mir, fasste meinen Kopf und verbrannte mir Lippen und Zunge in einem Kuss voll animalischer Glut.
    Pock! machte einer meiner Knöpfe und schwirrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrte davon wie ein Querschläger.
    »Bis bald«, sagte sie dann, schwang sich in den Sattel, riss das Pferd auf der Hinterhand herum und verschwand im Galopp in die Nacht. Dorthin, wo die Wölfe am lautesten heulten.
    »Lasst uns verschwinden«, keuchte Pancho. Sein Kopf war ein oben offener, rauchender Krater mit einem an die Zahnung von Briefmarken erinnernden Rand, wie man ihn davonträgt, wenn man damit zwischen die Schrotflinte des Docs und zwei wie auch immer geartete Opponenten gerät.
    »Mir reichts«, keuchte er.
    Und dabei einen hohen Hut trägt, sollte an dieser Stelle vielleicht Erwähnung finden.
    »Wo hast du den Doc gelassen?«, wollte Bro Ho wissen.
    »Im Sheriffbüro. Bewusstlos. Mit 'ner Beule auf 'm Kopf.« Geistesabwesend nahm Pancho seinen Hut ab, blickte durch die große, kraterähnliche Öffnung. Selbstvergessen probierte er den von Mandoney auf. Passte. Mandoney würde eh so bald keinen Hut mehr brauchen. Wenn überhaupt je wieder.
    »Ich werd Flat vor den kleinen Einachser spannen«, riss er sich selbst aus seinen Gedanken.
    >Flat< war der Name seines Pferdes. Das von Bro Ho hieß >Shovel< und das von Shits >Knuckle<. Nicht ganz alltägliche Pferdenamen, die sich jedoch durch die eigentümliche Kopfform der jeweiligen Tiere erklären ließen.
    »Damit schaffen wir schnell Toller Hund in den Mietstall und dann Mandoney rüber zum Doc. Hier können wir sie nicht lassen.« Pancho blickte viel sagend hoch zum Dach, das in einigen Belangen dem seines Hutes nicht unähnlich war. Nur dass sich hier am Rand schon die ersten Geier eingefunden hatten.
    Mandoney brüllte vor Schmerz, als ihn der Sheriff und drei seiner Blechsternträger vom Einspänner holten, durch die Türe, quer durchs Büro und schließlich in die Zelle

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