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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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diesmal doch Recht gehabt haben? Pancho verfolgte jede Bewegung des Fremden mit enormer Anspannung. Sollte der Fremde es schaffen, hier aus eigener Kraft herauszukommen, dann waren die Würfel gefallen, wie man so sagt. Die Seiten bezogen. Dann waren sie seine treuen Verbündeten. Wenn nicht .
    Der Fremde nahm die Schlüssel an sich und schob Eva Thysson, weiterhin dicht an sich gepresst, vor sich her zur Tür. Evas Augen waren immer noch weit aufgerissen, ihre Wangen fiebrig gerötet. Ihr Atem ging stoßweise und sie schien den starken Arm um ihre Taille zu brauchen, um sich überhaupt auf den Beinen halten zu können.
    Breit füllte das stabile Kreuz des Fremden das helle Geviert der offenen Tür, nur noch zwei Schritte und er wäre in Freiheit, als .
    »Halt! Waffe fallen lassen und Hände hoch, oder du bist tot!« Mandoneys Stimme federte nach wie die Klinge eines Wurfmessers, das gerade sein Ziel erreicht hat, und seine Hand hielt den großkalibrigen Revolver mit erstaunlicher Kraft und Ruhe genau auf den Rücken des Fremden gerichtet. Unerschütterlich und trotz Schussverletzungen und Blutverlust von eiserner Kraft und Entschlossenheit.
    Zumindest, bis Bro Ho ihm den mit Chloroform durchtränkten Lappen aufs Gesicht presste.
    »Dad«, sagte ich etwas gepresst, »wir haben nie viel geredet, du und ich. Und auch jetzt hab ich kaum Zeit. Die Dinge hier gestalten sich noch schwieriger, als ich gedacht hatte. Ich werde mich in Sicherheit bringen und einen neuen Plan fassen müssen. Und beides schnell. Doch verlass dich drauf: Irgendwie hole ich die Ranch zurück. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    Dad antwortete nicht, was nicht weiter überraschte. Ich hängte den Ring mit den Zellenschlüsseln an den rechten Arm seines Holzkreuzes, stellte seine Stiefel ordentlich nebeneinander und ging dann, so zügig ich nur konnte, durch die Grabreihen davon. Dad war der eine Besuch, den ich noch machen wollte, bevor ich die Stadt verließ. Der andere war Mama. Panchos Mama. Mama Escuzito.
    »Das werdet ihr noch bereuen!«, schrie Bürgermeister Thysson.
    »Ihr werdet mit ihm zusammen hängen!«, schrie der Sheriff.
    »Lasst uns hier raus«, schrie Foreman Jones, »oder ihr wandert schnurstracks auf den Stiefelhügel!«
    »Doch vorher werden wir euch alle kastrieren«, schrie Genevieve den entschwindenden Gestalten von Pancho, Bro Ho und Shits hinterher, »kastrieren, kastrieren, kastrieren!«
    »Bisschen mehr Ru- Rururu- Ruhe hier«, konnte man den Doc noch hören. »Ich versuche hier eine Opera- rarara ...« Dann fiel die Tür ins Schloss.
    »Un' wohin jetzt?«, fragte Bro Ho und nickte Eva Thysson freundlich zu, die vor dem Drugstore in einem Schaukelstuhl wippte und ihre erhitzte Konstitution mit einer Limonade kühlte.
    »Kastrieren, kastrieren, kastrieren«, schallte es weiterhin schrill aus der Zelle im Sheriffbüro.
    »Schnell zum Stall«, entschied Pancho, »und dann raus aus der Stadt. Wir sind ab sofort die treuen Verbündeten.«
    »Die aus 'm Orakel«, fügte Bro Ho noch hinzu.
    »Mama«, sagte ich und löste mich aus der mütterlichen Umarmung ihrer großmütterlichen Arme, »ich habe acht Wochen in Ketten hinter mir, sechs Tage im Sattel, eineinhalb rein und raus aus der örtlichen Gefängniszelle, gleich schon werde ich wieder in eben die Einöde reiten müssen, die ich so kürzlich erst gekreuzt habe, also bitte glaub mir, mir steht der -«
    »Ach, du armer Junge«, meinte sie voll mütterlichen Mitgefühls. Bewusstlose Fliegen fielen aus der sie umgebenden Parfümwolke, und ich musste mich kurz an die Wand lehnen und die Augen schließen .
    »Haben Sie Kinder?«
    »Wa- was hat das damit zu tun?« Menden klang irritiert, um es behutsam auszudrücken.
    »Antworten Sie mir: Haben Sie Kinder?!«
    Ich versuchte, mit einem leisen >Pst< Mamma Scuzzi zu bremsen und zumindest bis auf Flüsterweite rüber an mein Bett zu holen. Ich hatte da eine Bitte an sie.
    »Nein, hab ich nicht. Aber -«
    »Wusst ich's!«, triumphierte sie. »Wenn Sie selber Kinder hätten, dann wären Sie nicht so verbiestert und hätten ein bisschen mehr Verständnis für den armen Kristof hier und auch für meinen kleinen Pierfrancesco!«
    »Pst«, machte ich. Vergeblich.
    Eines ihrer Mädchen, dachte ich. Sie brauchte nur eines ihrer Mädchen in eine Schwesternuniform zu stecken und zu späterer Stunde . Ich brach den Gedanken ab. Schluckte hart. »Pst«, machte ich ungehört. Denn wenn Mamma Scuzzi einmal in Fahrt ist . Hinzu kam, dass

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