Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Mund als Schutz vor dem beißenden Rauch, atmete einmal tief durch und trat hinaus ins Getümmel.
    Sieh dir diese Idioten an, dachte ich. Jede Fackel eine Leiche. Einfacher kann man es einem Heckenschützen in der Nacht kaum machen.
    »Wir werden uns«, hörte ich den Sheriff brüllen, »von einem Haufen Hühnerdiebe nicht daran hindern lassen, dem Gesetz Folge zu leisten! Das Sheriffbüro setzt einen Preis von zehn Dollar aus für jeden mexikanischen Skalp!«
    Mehr Schüsse, mehr Johlen.
    »Macht sie fertig, die Tortilla fressenden Hunde!«
    Noch mehr von beidem. Der ganze Ort schien sich Mut angesoffen zu haben.
    Ich stieg über die im Staub ruhende Statur eines niedergestreckten Fackelträgers und drückte mich ins Dunkel einer Seitengasse. Schlich mich zwischen den Häusern hindurch, bis ich das Steppengras unter meinen Stiefeln spürte. Wie immer wirkte die Nacht in der offenen Prärie weniger dunkel als in den Straßen der Stadt. Im Westen zeichneten sich die Schwarzen Berge gegen den Nachthimmel ab. Im Osten erstreckte sich blass das trostlose Flachland.
    Ein Wolf heulte. Kurz nur, dafür aber ganz in der Nähe.
    Instinktiv duckte ich mich hinter einen aufgebockten Wagen und spähte in die Richtung, aus der das Heulen gekommen war. Auf einem kleinen Hügel nur einen Gewehrschuss weit entfernt thronte die Gestalt eines Reiters reglos im Sattel eines Maultieres mit ellenlangen Ohren. Ein Sombrero verschattete sein Gesicht, doch die Läufe zweier gekreuzter Gewehre überragten seine Schultern und verrieten ihn. Es war der vierarmige Bandit. Immer mit zwei Revolvern und zwei Gewehren gleichzeitig bewaffnet, daher der Spitzname. Alban Adango. El Lobo, so nannten ihn seine Gefolgsleute. Und El Lobo ritt niemals allein.
    Mit eingezogenem Kopf hastete ich weiter, umrundete die Stadt an ihrer Rückseite entlang. Jedes Mal, wenn ich aufsah, erblickte ich einen weiteren Reiter. Fast geräuschlos rückten sie auf die Stadt vor.
    Johlen und Schüsse ertönten vom Kirchplatz und trieben mich weiter voran. Möglich, dass der Sheriff und sein Lynchmob Tatsachen schaffen wollten, und das würde uns unweigerlich in ein Blutbad steuern.
    >Unsuns< gedacht? Irgendein Scheiß-Pferdedieb hatte mir diese Scheiße hier eingebrockt, und ich schwor mir, dass ich ihn dafür zahlen lassen würde.
    Ich stolperte. Sah hinab. Silbrig glänzten die Bahngleise. Wie von alleine lenkten sich meine Schritte an ihnen entlang und mich an mein Ziel.
    Das Pferd des Sheriffs wartete, fertig gesattelt, angebunden an einen Pfosten vor seinem Büro.
    Wieder heulte der Wolf. Und rings um Buttercup erhob sein Rudel die Stimmen und antwortete ihm. Sie hatten die Stadt tatsächlich umzingelt.
    Ich klopfte kurz an der Türe zum Sheriffbüro und warf mich zur Seite. Des Sheriffs Pferd bäumte sich auf und wieherte, als die Schrotladung durch die Tür geblasen kam.
    »Teufel«, hörte ich den Doc fluchen, gefolgt von einem zögerlichen »Äh, we- wewewe- wer da?«.
    »Ich bin's«, rief ich und kroch wieder näher heran. Licht fiel durch ein tellergroßes Loch im Kopfteil der Türe.
    »Da- dadada- das kann jeder sagen.«
    »Der Fremde!«
    »Da- dadada- das auch.«
    Vom Kirchplatz her näherte sich ein kompletter Fackelzug unter Grölen und Luftschüssen. Jemand schwang einen kunstvoll geknoteten Strick. Es blieb überhaupt keine Zeit mehr.
    »Ich komme jetzt rein!«
    »Oh« - Geräusch eines Schrotschusses, Klirren von Fensterglas, Wiehern vom Sheriffpferd - »Teufel, auch. O nein, wollt ich sa- sasasa- sagen. Nur über meine Lei .«
    Doch da war ich schon drin. Zwei Läufe hat so ein Schrotgewehr, mehr nicht. Gut und gern fünfzig Patronen lagen kreuz und quer über und um den Schreibtisch herum verstreut, während Doc Tatters mit fliegenden Fingern nachzuladen versuchte.
    Hufgetrappel ließ die Nacht erzittern. Schüsse peitschten, Wölfe heulten. Zu spät.
    Ich griff mir ebenfalls ein Schrotgewehr aus dem Schrank, lud hastig und ging hinter dem Doc in Deckung, der am zerschossenen Fenster Position bezogen hatte und über einen wild zuckenden Doppellauf hinweg zu zielen versuchte. Reiter kamen die Hauptstraße hinuntergestürmt, im vollen Galopp, aus allen Rohren feuernd.
    »Ha!«, ertönte es hinter uns. »Jetzt werdet ihr alle sterben!«
    Doc Tatters zuckte, sein Gewehr paffpaffte und zwei Mexikaner flogen aus ihren Sätteln und bissen in den Staub. Ich war etwas sprachlos. Entsprechend wortlos reichte ich dem Doc mein Gewehr, während ich

Weitere Kostenlose Bücher