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Wanted

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Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Schüsse kamen näher. Noch verbarg uns die Biegung, die der Pfad um einen Berg von herabgestürzten Felsbrocken machte. Aber nicht mehr lang.
    »Ich sage«, stammelte Pancho, »wir reiten zurück und sprechen mit Sheriff Starski. Erklären ihm alles. Er lässt bestimmt mit sich reden.«
    »Yee-hah!«, kam es aus der von Pancho angedachten Richtung und Schüsse knallten wie wütend geschwungene Peitschen.
    »Also gut«, gab Toller Hund schließlich nach, »eine Viertelmeile zurück habe ich einen schmalen Grat gesehen, der an der Wand entlanglief zu etwas, das aussah wie eine größere Höhle. Wenn wir die Pferde führen, könnten wir es so eben noch da hoch schaffen.«
    Schon während seiner letzten Worte waren wir beide allein.
    Kugeln surrten wie wütende Insekten, stiegen aus der Tiefe des Canyons hoch in den Himmel, bis ihnen die Puste ausging und sie den Rückweg antraten. Man konnte von Glück sagen, wenn sie einem anschließend nicht auf den Schädel knallten.
    »Was zum Teufel geht da unten vor?«, wunderte sich Richard Thysson. »Warum schaut nicht mal einer von euch über den Rand?«
    Ein toller Vorschlag für jeden, der den Hut auf dem Umweg über die Stirnhöhle vom Schädel geblasen bekommen möchte, und deshalb auch unmissverständlich an die Adresse der Jones gerichtet.
    »Alles nur Show«, meinte Edgeman in beruhigendem Tonfall. Doch der Gedanke, dass die Bürgerwehr oder die Mexen den Fremden zuerst erwischen und Thyssons Kopfgeld einsacken könnten, war immer da. Und nagte. »Die machen so viel Krach, da ist es leicht, ihnen aus dem Weg zu gehen. Und obendrein treiben sie mit dem Geballer die Schwarzfüße in ihre Löcher zurück.«
    »Mein Tipp ist, sie schaffen es tatsächlich bis zum südlichen Ausgang«, sagte Foreman.
    Ropeman schnaubte. »Selbst wenn sie es bis dahin schaffen, müssen sie anschließend immer noch durch die Siedlung der Mexe.«
    »Siedlung?«, fragte Burns und nahm einen kleinen Schluck, bevor er einen weiteren Lappen in den Hals einer weiteren Flasche von Panchos Destillat-Rückständen pfriemelte und sie mit einer weiteren Lederschlaufe an seinen Sattelknauf und damit zu den anderen hängte. »Welche Siedlung?«
    »O nein«, sagte Toller Hund und tastete sich, den Rücken gegen die Felswand gepresst, Schritt auf seitlichen Schritt voran. »O nein, nein, nein. Hätte ich diesen dämlichen Vorschlag bloß nie gemacht.«
    »Los, beeil dich«, drängte ich und schob seinen Esel an. Die anderen warteten schon oben, bleich zwar und ein bisschen zittrig, aber für den Moment in Sicherheit, während ich den Letzten machte, und was mit dem passiert, weiß das Sprichwort. Wölfisches Heulen ertönte, bekam jedoch, wie die fortgesetzte Knallerei der heranreitenden Sombrero-Banditen, einen zögerlichen, zunehmend zweiflerischen Charakter.
    »Ich denke, ihr Indianer seid schwindelfrei?«
    Mir schien, dass langsam auch dem Langsamsten aus der wild ballernden Horde bewusst wurde, dass sie sich auf Kollisionskurs mit einer anderen, ebenfalls ausgesprochen schießfreudigen Horde befanden. Eine Erkenntnis, die unter günstigen Umständen Raum schafft für eine gewisse Nachdenklichkeit.
    »Schwindelfrei? Weißer Mann erzählen wirklich nur Scheiße über uns Naturvölker. Oh, oh, oh, was würde ich nicht geben für einen Schluck Tequila.«
    Auf beiden Seiten erstarb allmählich das Knallen, und auch das jeweilige Hufgetrappel wurde, wie es sich anhörte, Gang um Gang heruntergeschaltet.
    »Tequila?«, zwitscherte eine künstlich hochgefahrene, raue Stimme, und Pancho vor uns wäre vor Schreck beinahe über den Felsvorsprung in die Tiefe gehopst. »Dürstet es hier jemanden nach Tequila?« Ich konnte den Sprecher nicht sehen, aber wenn ich Panchos Mimik richtig deutete, war er oder sie kein hübscher Anblick. Der Barmann zeigte die Blässe eines Erfrorenen, sein Hut wurde nur noch vom Band um den Hals gehalten, und das ganze, rabenschwarze Haar stand ihm nach hinten wie jemandem, der sich entschlossen hat, einem Hurrikan die Stirn zu bieten. Und allem, was damit so angeflogen kommen mag.
    »Keinen Schritt näher!«, stammelte er und ließ seinen Colt fallen, kaum dass er ihn mit fliegenden Fingern aus dem Holster gefummelt hatte.
    »Aber ich kann doch gar nicht rauskommen, du Dummerchen«, zwitscherte die Stimme. »Sonnenlicht ist Gift für meinen Teint, das weiß doch jeder! Aber wärst du so süß, das Fläschchen weiterzureichen, ja? Hier, fang!« Und Pancho wäre um ein Haar in den Abgrund

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