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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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gesegelt, mit so viel Schwung kam die Pulle angeflogen.
    Völlig außer Atem steckte ich mir eine an und lehnte mich kurz gegen den Felsen. Die anderen ließen den Tequila kreisen, doch mir war mehr nach einem Schluck aus der Kanne zumute.
    Irgendwann, wenn das alles vorbei ist, werde ich schlafen, dachte ich.

IV
    »Back to the darkness
    Back on the mountain
    He stands
    You can't fighta shadow
    You can't fight a dead man.«
     
    John Fogerty >Eye Of The Zombie<
     
    »Oh, oh, oh«, machte Dr. Tatlarek und hielt mit zufriedener Miene eine Röntgenaufnahme ins Licht. »Wie haben Sie sich das denn vorgestellt?«
    Sein Zwinkern war nicht mehr ganz so schlimm wie gestern. Oder vorgestern. Oder wann immer er das letzte Mal an mir und der mich umgebenden Technik herumgefummelt hatte. »Immer nur schlafen? Nein, nein, nein«, sagte er und machte sich zu meinem nicht geringen Entsetzen an der Einstellschraube meines Tropfs zu schaffen. »Ihre Frakturen schließen sich sehr zufrieden stellend, die Fixateure ...« Er gab dem Schaschlikspieß, von dem gleich eine ganze Reihe Schrauben rechtwinklig in meinen Oberschenkel abzweigte, eins mit dem Kugelschreiber, und mein rechtes Auge zog sich zusammen, als ob ich Rauch hineinbekommen hätte, ». sitzen bombenfest, und der Wundschmerz sollte mittlerweile weit genug abgeklungen sein, um die Dosierung des Anästhetikums .«
    Ich unterbrach ihn mit einem Stöhnen tiefster Agonie.
    ». um die Dosierung des Anästhetikums .«
    Ich saugte Luft zwischen fest zusammengepressten und komplett entblößten Zahnreihen hindurch. Und stöhnte noch mal.
    »... jetzt schrittweise bis auf null herunterfahren zu können.«
    Ich zeigte eine Miene von solch stummer, ergebener und doch praktisch unerträglicher Pein, dass sie dem Altöttinger Altarjesus die Nägel aus dem Gebälk gezogen hätte. Vor Neid.
    Dr. Tatlarek zog es vor, davon mit typisch ärztlicher Oberflächlichkeit keine Notiz zu nehmen.
    »Was macht Ihre Gehirnerschütterung?«, fragte er nüchtern und mit diesem, wie ich allmählich begriff, völlig humorentkoppelten Zwinkern, »noch irgendwelche Beschwerden?«
    Ich blickte unter schweren, flackernden Lidern zu ihm hoch.
    »Mutter?«, fragte ich und im Nebenbett schnaubte jemand wie ein schwer erkältetes Tier mit einem langen Rüssel. »Mutter? Bist du das?«
    »Ah, ah, ah«, machte der Doktor, kniepte eines meiner Augen auf und leuchtete mit einer Stablampe hinein. »Tsä, tsä, tsä. Eigentümliche Rötung. Ich denke mal, die Dosierung ist noch zu hoch.«
    Also drehte er sich um und schraubte sie ein weiteres Mal runter, und ich begann mich zu fragen, was ich mit ihm anstellen wollte, sobald ich mit Hufschmidt fertig war. Für manche Leute ist selbst der Tod noch zu gut.
    »Also, Schwester«, sagte er zu der Nachtschwester, die gerade in all ihrer orientalischen Anmut um die Trennwand herumkam, hinter der sie viel zu viel Zeit mit Menden zugebracht hatte, »für Patient Kryszinski bis auf weiteres nicht mehr als dreißig Tropfen die Stunde.« Ihre Birkenstocks flappten beim Laufen. Schlanke Fesseln, Waden wie ein Rennpferd. Ich musste unbedingt noch mal mit ihr über Schuhe reden. Stiefel, vielleicht...
    »Dreißig Tropfen!«, protestierte ich. Reitstiefel. Ja. Mit Sporen.
    »Na, na, na«, meinte der Mediziner. »Wir können doch nicht wollen, dass Sie hier Suchtsymptome entwickeln, oder?«
    Ich stand kurz davor, den guten Doc zu informieren, dass jegliche Vorsichtsmaßnahmen in dieser Richtung um zwanzig Jahre zu spät griffen, ließ es dann aber im letzten Moment. Nachher drehte er mir den Saft noch ganz ab.
    Doktor Tatlarek verabschiedete sich mit guten Wünschen für eine gute Nacht und verließ uns. Ich blickte ihm finster hinterher und wünschte ihm einen mehretagigen Treppensturz an den Hals.
    Die Schwester richtete mir noch rasch das Kissen und dann eine Strähne ihrer dunklen Haare und der Duft ihres Parfüms blähte mir die Nüstern, und der Luftstrom des Ventilators, den man aufgestellt hatte, um uns über den Verlust der Klimaanlage hinwegzutrösten, fuhr ihr vorne in die Tracht und .
    »Schwester«, hauchte ich, plötzlich bar jeder Worte, halb erstickt, und sie sah interessiert und, wie mir scheinen wollte, erwartungsvoll auf mich herunter.
    Sporen, dachte ich.
    »Ja?«, fragte sie und das Timbre ihrer samtig dunklen Stimme brachte die Federn meines Bettgestells zum Schwirren.
    »Mit dreißig Tropfen komme ich niemals durch die Nacht.«
    Was redete ich da?! Ich hatte

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