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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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und vom Kreischen des Grauens unterbrochen zu werden. Bevor sie, satt und blutdurchtränkt, zurücksinkt in ihre lastende, lautlose Präsenz.
    Smith arbeitete sich so geräuschlos er nur konnte vor. Er war voller Groll. Mexikaner zählen! Gewehr in der Hand, Revolver griffbereit, erklomm er einen Anstieg und zog sein Pferd mit sich. Sobald er sicher sein konnte, aus dem Bereich von Kimme und Korn des Sheriffs zu sein, würde er sich irgendein Versteck suchen, da eine Stunde oder so abhängen und dann mit allen Anzeichen von Panik und einer wilden, aus der Luft gegriffenen Zahl zurückkehren. Zweihundert etwa. Bis an die Zähne bewaffnet. Oder dreihundert. Ach was, tausend.
    Scheiße, der Anstieg wurde immer steiler und der verdammte Gaul wollte nicht mit. Selbst mit den Augen einer Katze könnte man in diesem Licht keine Zählung mehr durchführen und Reitstiefel sind nun mal kein Bergsteigerschuhwerk. Und dann geriet Smith auch noch auf losen Schotter und schlug lang aufs Gesicht, und aus dem Gewehr in seiner Hand löste sich ein Schuss, der die Stille im Canyon zerriss wie etwas Kostbares, etwas, von dem man plötzlich entdeckt, dass man daran lieber noch länger seine unausgesprochene Freude gehabt hätte.
    Der ganze Spähtrupp bestand tatsächlich nur aus einem einzelnen, sein Pferd den Grat hochzerrenden Reiter, und ich war grimmig entschlossen, ihn, wie man so sagt, unschädlich zu machen.
    Ich schnellte aus der Hocke hoch und befand mich mitten im Sprung, als sich irgendwo unten im Canyon ein Gewehrschuss löste und nur Sekunden später die Hölle losbrach. Pulverladungen zündeten zu hunderten und der Nachhall ließ es wie das Feuer aus tausend Rohren klingen. Panisches Geschrei und wütendes Gebrüll füllte die akustischen Lücken zwischen den Schüssen, doch es brauchte das hässliche, schwirrende Heulen von Querschlägern, um mich daran zu erinnern, dass ich mich, meinen Gefangenen fest umklammert, auf einem exponierten Felsvorsprung befand und innerhalb der Halle wohl wesentlich besser aufgehoben wäre. Mein Gefangener leistete nur schwächlichen Widerstand, zitterte und bebte unter meinem festen Griff, und mit all dem Getöse im Canyon war es egal, ob er schrie oder nicht, also nahm ich die Hand von . ihrem Mund.
    Denn es war eine Frau, wie mir die Fülle ihrer energisch gepackten Brust genauso - und genauso plötzlich - verriet wie der Duft ihrer langen, weichen Haare. Also ließ ich sie, vollkommen perplex, los. Und bereute es augenblicklich. Wütend fuhr sie zu mir herum, und das hundertfache Mündungsfeuer gab ihr und vor allem ihren gespreizten Klauen eine flirrende, elektrische Aura, dass ich innerlich schon Abschied von zumindest einer meiner beiden Glubschkugeln nahm, als sie abrupt mitten in der Bewegung stoppte. Verblüfft sah sie mich aus riesigen Augen an und schmolz dann in meine Arme wie eine irrtümlich auf die heiße Herdplatte gestellte Wachsfigur.
    »Fremder«, flehte Aisha Adango, und irgendwo in der Dunkelheit unter uns wurde geschossen und gestorben, doch für uns schien das, zumindest im Moment, ohne Belang, »du musst mich retten! Mein Bruder, er . er will mich töten.«
    Ich stutzte.
    »Aber warum das denn?«, fragte ich, beruhigend, mitfühlend und doch mit der wachsenden Erkenntnis, dass ich hier die Schwester eines strenggläubigen Bandenführers in Armen hielt, dessen Querschläger mir weiterhin munter um die Ohren pfiffen.
    »Weil .«, hauchte sie, suchte und fand meinen Blick und sprach nicht weiter, doch ich konnte ohne jede Mühe ». ich dich liebe« in ihren Augen lesen.
    So ein Blödsinn, fand Deputy Mandoney und lehnte sich aus dem Fenster der fahrenden Lok für einen besseren Blick hinunter in die felsige Tiefe. Dieser Schwachkopf von Starski kann noch nicht mal eine simple Verhaftung durchführen, ohne dass die Angelegenheit in ein Blutbad ausartet.
    Er gab Mietstallverwalter und Teilzeitlokführer Sam ein Zeichen, und der brachte den kleinen Zug unter Zischen und Quietschen zum Stehen.
    Die Lok war eine Konstruktion der Steam Power Company of Minneapolis und hörte demnach, wie praktisch alle ihre Schwestern, auf den Namen Minna, ein Zeichen für den unvermuteten Esprit von Leuten, die das Beschleunigen und Abbremsen einer in Schienen geführten Zugmaschine zu ihrem Beruf erwählt haben. Als ganzer Stolz der Amish Valley Green Line war sie grün, genau wie die beiden nachfolgenden Waggons, aus deren Fenstern die Gewehrläufe einer kleinen, handverlesenen,

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