Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
hatte, drang ein fernes, schwach und doch schauerlich widerhallendes Jodeln.
    »Es wird höchste Zeit für einen Anwalt, Kryszinski.« Hufschmidt troff geradezu vor Selbstzufriedenheit. »Hier, rat mal, wo wir die gefunden haben.« In dem Plastikbeutel, den er vor meiner Nase herumschwenkte, befand sich eine Handfeuerwaffe, ein Revolver, so ein Ding mit Trommel und einem Lauf, halb so lang wie mein Unterarm.
    »In der Requisite eines Western-Reitclubs«, riet ich. Vernickelt, das Ding, wie es aussah, mit Griffschalen aus Perlmutt. »Für Homosexuelle«, schickte ich einen Nachgedanken hinterher. Hatten einen rosa Schimmer, diese Griffschalen.
    »Nein. Rat weiter«, forderte Hufschmidt und drehte den Beutel hin und her. Wollte mich wohl auf die Folter spannen, doch es ist erstaunlich, was für banalen Vorgängen man einen Unterhaltungswert abgewinnen kann, wenn man tagaus, tagein platt auf dem Kreuz vor sich hin gammelt. Schließlich war er es also, der die Geduld verlor.
    »In deinem Wagen!«, triumphierte er.
    Das war blödsinnig, regelrecht absurd und nie im Leben wahr. Komisch, dass mir trotzdem der Schweiß ausbrach.
    »Na, was sagst du jetzt?«
    Was immer ich antwortete, es musste etwas sein, das Hufschmidt das triumphierende Grinsen aus dem Gesicht wischte, oder ich drohte zu ersticken. Zeit, ein bisschen was zu riskieren.
    »Wenn Sie mir jetzt noch einen Beweis vorlegen, dass Sie meine Fingerabdrücke an dem Ding gefunden haben, bekenne ich mich augenblicklich schuldig zu sämtlichen Vorwürfen«, sagte ich fest.
    Hufschmidts Gesicht wurde lang und von hinter der Trennwand kam ein kurzes, trockenes Husten.
    Smith rannte. Blind. Panisch. Armrudernd und beinschwingend und in völliger Gleichgültigkeit, was Richtung oder Dauer anging, solange es ihn nur wieder unter Menschen brachte. Menschen.
    »Abber ich hab doch nur gefracht, obbich nich vielleicht auma ne Fluppe ham könnte«, verfolgte ihn vorwurfsvoll, halb übertönt vom Echo eines jodelnden Entsetzensschreis, den jemals abgegeben zu haben Smith augenblicklich zu leugnen beschloss, egal wem gegenüber oder wann jemals und unter welchen Umständen auch immer.
    Menschen. Menschliche Wesen. Lebende menschliche Wesen.
    Smith machte Tempo, bis sich sein Fuß verhakte und er der Länge nach auf etwas fiel, das sich recht flott als menschliches Wesen entpuppte, bloß tot, wenn auch, wie er mit Erleichterung registrierte, die proper hingestreckte, reglose und relativ frische Sorte. Eine ganz normale Leiche mit standesgemäßen Manieren, keine die sich nach Jahren des Moderns plötzlich von hinten an einen heranschleicht und um Zigaretten anschnorrt.
    Keuchend rappelte Smith sich wieder auf. Blut schimmerte auf der Brust des einstmals wackeren Bürgerwehrlers, und Smith erinnerte sich seines Vorhabens, die Buttercupler mit Berichten von seinen Heldentaten zu unterhalten. Er hatte sein Messer noch nicht ganz gezückt, wollte es gerade durchs Blut ziehen, als ihn eine jugendliche Stimme mit »Äh, du da, Finger weg, das ist meiner!« von der Seite anranzte.
    Smith erinnerte sich augenblicklich seiner Position.
    »Wer sagt das?«, fragte er spitz und, wenn schon, möglicherweise auch ein bisschen hochmütig und richtete sich zu voller Größe auf, Brust so herausgedrückt, dass der Lichtschein von Süden aufs Vorteilhafteste in dem silbernen Stern auf seiner Jackenfront funkelte.
    Im nächsten Moment hatte er ihn heruntergerissen, den Stern, und einen Gutteil seiner Jackenfront mit ihm.
    Deputy Smith war etwas spät zu Bewusstsein gekommen, dass der jugendliche Anranzer nicht allein war. Und dass er, wie die anderen, die sich ringsum damit beschäftigten, den Gefallenen die Taschen auf links und die Stiefel von den Füßen zu ziehen, eine sehr, sehr dunkle Erscheinung war. Mancher würde sagen: schwarz.
    Und noch während Smith den Stern mit der Hand verdeckt und gepackt hielt und den Stoff seiner Jackenfront in zwei langen Streifen reißen hörte, rückte er ins Zentrum des Interesses all dieser dunklen, man könnte auch sagen schwarzen Gestalten. Schwarz gekleidet von Kopf bis Fuß, mal abgesehen von dem einen oder anderen Fetzen Schottenkaro hier und da, mit schwarzen Haaren in abenteuerlich gespreizten Frisuren und fetten schwarzen Balken unter Augen, die ihn kalt und abschätzend, tückisch und abschätzig, hasserfüllt und abfällig, vor allem aber vollkommen mitleidlos anstarrten. Wie in den Bann geschlagen von Smiths Anblick schienen die, tja, es muss einmal

Weitere Kostenlose Bücher