Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
ein Labyrinth von Gängen fliehen zu müssen, doch nun kehrte das Licht in unsere Welt zurück und einer nach dem anderen machten wir uns von den knochigen Händen unserer untoten Führer los.
    Gleichzeitig hatten wir den Punkt erreicht, gegen den sich alle Sinne des Flüchtenden vehement sträuben: zu stoppen, sich umzudrehen und den Verfolgern zu stellen. Einmal raus aus dem Tunnel würden sie uns wie Hasen hetzen und mit ihrer Überzahl erdrücken. Nur hier, im letzten Stück engen Tunnels, hatten wir eine Chance, sie ... tja, zu beeindrucken. Nennen wir es so.
    »Seid ihr so weit?«, fragte ich und Bro Ho spannte den Hahn seines Revolvers, drehte der verlockenden Tunnelöffnung den Rücken und nickte. Shits ließ sich auf ein Knie nieder, nahm sein Gewehr hoch an die Backe, zielte den dunklen Gang hinunter und nickte. Pancho nahm einen tüchtigen Schluck, zog seinen Sechsschüsser und nickte ein paarmal öfter, als unbedingt nötig gewesen wäre. Toller Hund stand kerzengerade, ließ den Lauf einer Schrotflinte zuschnacken und nickte, und da erst wurde klar, dass jemand fehlte. Kleines dickes Doc Tatters. Doch noch ehe ich eine Bemerkung darüber machen konnte, näherten sich schon die harten, klingelnden Schritte eisenbeschlagener und mit Sporen versehener Reitstiefel, begleitet vom schwankenden Schein getragener Fackeln, die gleichfalls unstete Schatten riesiger Hüte und langläufiger Gewehre auf die Wände der letzten Tunnelbiegung warfen, bevor El Lobo und seine Bande sichtbar werden und die Feindseligkeiten ausgetauscht werden mussten. Aisha duckte sich hinter mich, das kluge Mädchen, und die Hände, mit denen sie sich an mich klammerte, zitterten.
    Und fluchend, stolpernd, rufend kamen der Vierarmige Bandit, Schrecken der Grenzregion, und seine Bande von Desperados . zum Stehen. Kurz vor dem Knick, kurz bevor Blei geflogen, Blut geflossen wäre. Eine abgehackte, harsche und auf Spanisch geführte Diskussion folgte, von der ich nur ein einziges Wort halbwegs mitbekam, dann erhob sich ein durch Mark und Bein gehendes Kreischen, das mir die Knöchel um den Revolvergriff weiß färbte, und mit rasendem Klackern von eisenbeschlagenen Stiefelhacken wälzte sich die gesamte Masse blutrünstiger Banditen wie ein Mann den Gang hinunter.
    Fort von uns.
    Ich schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund und musste die Linke zu Hilfe nehmen, um mir die Finger der Rechten vom Revolvergriff zu schälen.
    >Fuego!< war das eine Wort, das ich verstanden zu haben glaubte.
    »Wir stürmen den Tunnel und eröffnen sofort das Feuer«, schlug einer seiner Milizionäre vor, und Mandoney schenkte ihm einen dieser langen, grauen, unterkühlten Blicke, an die einmal von ihm Verhörte sich oft für den Rest ihrer Tage erinnerten, und schüttelte dann erst den Kopf.
    »Ich will ihn lebend«, stellte er fest.
    Einen kleinen, fiebrigen Disput und eine kurze, hitzige Beratung später gruppierte sich der Trupp in engem Kreis rings um die Schachtöffnung, aus der undeutliches Geraune, Gefluche und Gekeuche zu hören waren. Gefolgt von Hufgetrappel. Jeden Augenblick musste die Falle zuschnappen.
    Aus den Tiefen des nahen Canyons erschallte ein Jodeln.
    »Die Mexe wollten sie ja gerne behalten«, meinte Sin-Sin, der mir den Zügel meines Schecken überreichte, »eure Pferde. Sie hatten sogar extra einen Mann zu ihrer Bewachung dagelassen.« Der Schecke schnupperte an mir und wollte mir dann den Hut vom Kopf schubsen, wie er es gern macht. Doch ich hatte die Hand drauf. »Doch der hatte, wie sich schnell herausstellte, eine enorme Schwäche für Tequila.« Eines nach dem andern kamen unsere Reittiere den Gang hoch und es wurde recht eng, wenn auch gemütlich. »Enorm«, wiederholte Sin-Sin verträumt. »Vor allem, nachdem der Doc uns den Trick mit dem Trichter gezeigt hatte.«
    »Apropos .«, begann ich, »was ist mit dem Doc?«
    »Der lässt sich gerade seinerseits ein paar Tricks zeigen«, grinste Sin-Sin gelblich.
    »Na dann, vielen Dank auch und tschüss«, stieß Pancho hervor, packte Flat am Zügel und zerrte ihn mit sich, Richtung Ausgang. Hinter dem etwas wie eine Morgenröte sichtbar wurde. Ein bisschen früh am Tag, wie mir scheinen wollte, und vom Gefühl her auch nicht unbedingt an der ursprünglich dafür vorgesehenen Stelle des Horizontes.
    »Warte mal«, bremste ich Pancho, »und seid mal alle still.«
    Von irgendwoher, unmöglich zu bestimmen, verzerrt und verhallt durch das Labyrinth von Stollen, das es zu uns zu durchmessen

Weitere Kostenlose Bücher