War against people
bessere Gelegenheit,
um eine pervertierte Wissenschaft daran zu hindern, bislang unvorstellbare Schäden
anzurichten.« Ein sinnvoller Vorschlag, der sich ohne Gewaltanwendung leicht in die Tat
umsetzen ließe, aber gerade darum geht es ja gar nicht.
William Pfaff, ein Analytiker der politischen Szene, beklagte die Abneigung Washingtons,
»theologische oder philosophische Anschauungen« zu Rate zu ziehen, wie dies politische
Analytiker in Großbritannien und den Vereinigten Staaten während der fünfziger und sechziger
Jahre praktiziert hätten. Pfaff dachte jedoch an Thomas von Aquin und den
Renaissancetheologen Francisco Suarez und nicht an die klaren, unzweideutigen Grundlagen
des gegenwärtigen internationalen und nationalen Rechts, die der Kultur der Intellektuellen
nichts bedeuten. Ein weiterer liberaler Analytiker drängte die Vereinigten Staaten, folgender
Tatsache ins Auge zu sehen: Wenn die USA ihre unvergleichliche Macht »tatsächlich um der
Menschheit willen ausüben, dann hat die Menschheit dabei ein gewisses Mitspracherecht«,
das ihr »von der Verfassung, dem Kongreß und den gelehrten Herren des Sonntagsfernsehens
verweigert wird«; »die anderen Nationen haben Washington nicht das Entscheidungsrecht
übertragen, wann, wo und wie ihre Interessen vertreten werden sollen« so Ronald Steel.
Allerdings bietet die Verfassung durchaus solche Möglichkeiten, indem sie gültige Verträge
und insbesondere deren grundlegendsten, die UN-Charta, zum »höchsten Gesetz des Landes«
erhebt. Zudem ermächtigt sie den Kongreß, »Verstöße gegen das internationale Recht« auf
der Grundlage der UN-Charta »zu bestimmen und zu bestrafen«. Des weiteren ist die
Formulierung »die anderen Nationen haben Washington das Entscheidungsrecht nicht
übertragen« einigermaßen untertrieben; sie haben es der US-amerikanischen Regierung explizit
verwehrt und sind damit der (zumindest rhetorischen) Leitlinie Washingtons gefolgt, die die
Charta maßgeblich geprägt hat.4
Der Hinweis auf die Verletzung der UN-Resolutionen durch den Irak diente im wesentlichen
dazu, den beiden kriegführenden Staaten (USA und Großbritannien) das Recht auf
Gewaltanwendung zuzusprechen und sie die Rolle von »Weltpolizisten« spielen zu lassen
eine Beleidigung für die Polizei, die, zumindest im Prinzip, das Recht durchsetzen und
nicht in Makulatur verwandeln soll. Es gab Kritik an Washingtons »Arroganz der Macht« und
dergleichen, was für einen gewalttätigen Verbrecherstaat, der sich selbst außerhalb der
Rechtsordnung stellt, kaum der angemessene Ausdruck ist.
Man könnte (was niemand wirklich versucht hat) die amerikanisch-britischen Ansprüche
mit einer arg gewundenen rechtlichen Argumentation zu stützen suchen. Der erste Schritt
läge im Nachweis, daß der Irak die UN-Resolution 687 vom 3. April 1991 verletzt hat. Diese
Resolution sieht einen Waffenstillstand vor, »sobald der Irak offiziell mitteilt«, daß er die
Bedingungen (Zerstörung der Waffen, Untersuchung durch UN-Kommissionen usw.)
akzeptiert. Es ist die vielleicht längste und detaillierteste Resolution, die der Sicherheitsrat
jemals verabschiedet hat, aber sie enthält keine Erzwingungsmechanismen. Der zweite
Argumentationsschritt wäre die Behauptung, daß die Verletzung der Resolution 687 die Reso-
lution 678 »wieder in Kraft setzt«. 5 Diese ermächtigt die Mitgliedsstaaten, »alle notwendigen Mittel anzuwenden, um Resolution 660 zu stützen und durchzusetzen« 6, die den Irak auffordert,
sich sofort aus Kuwait zurückzuziehen und beide Staaten dazu anhält, »ohne Verzögerung
intensive Verhandlungen zur Beilegung ihrer Differenzen aufzunehmen«, wobei die Verträge
der Arabischen Liga den Rahmen abgeben sollen. Die Resolution 678 setzt auch »alle [auf
Resolution 660] folgenden relevanten Resolutionen« (genauer gesagt 662 und 664) in Kraft,
deren Relevanz darin besteht, daß sie sich auf die Besetzung Kuwaits und die damit
verbundenen Handlungen des Irak beziehen. Wird mithin Resolution 678 wieder in Kraft
gesetzt, bleibt alles beim alten: sie ermächtigt nicht zur Gewaltanwendung, um die spätere
Resolution 687 durchzusetzen, die ganz andere Schwerpunkte enthält und über Sanktionen
nicht hinausgeht.
Man muß die Angelegenheit nicht weiter diskutieren. Die USA und Großbritannien hätten
alle Zweifel beseitigen und, gemäß der Charta, den Sicherheitsrat anrufen können, um sich
von ihm zur »Androhung und Anwendung
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