War against people
von Gewalt« ermächtigen zu lassen. London
unternahm einige Schritte in diese Richtung, ging aber sofort auf Distanz, als deutlich wurde,
daß der Sicherheitsrat andere Vorstellungen hatte. Blairs (rasch wieder abgebrochene) Ini-
tiative sei, so ein Leitartikel der Financial Times, ein »Fehler« gewesen, weil sie »die anglo-
amerikanische Position geschwächt« habe.7 Doch sind derlei Erwägungen in einer von
Schurkenstaaten, die Recht und Gesetz verachten, beherrschten Welt ohnehin bedeutungslos.
Nehmen wir an, der Sicherheitsrat würde die Anwendung von Gewalt befürworten, um den
Irak für die Verletzung der Resolution 687 zu bestrafen. In diesem Fall wären sämtliche
Staaten dazu ermächtigt zum Beispiel auch der Iran, der somit das Recht hätte, in den
südlichen Irak einzumarschieren, um einen Aufstand zu unterstützen. Der Iran ist ein
Nachbarstaat und war das Opfer irakischer Angriffe, bei denen auch chemische Waffen zum
Einsatz kamen. Die USA standen dem Irak damals übrigens hilfreich zur Seite. Der Iran könnte
durchaus glaubhaft machen, daß sein Einmarsch in der Regipn nicht ohne Untersiützung bleiben
würde, was für Großbritannien und die USA C.anz gewiß nicht gilt. Allerdings würden solche
Aktionen des Iran niemals geduldet werden, obwohl sie weitaus weniger schändlich wären
als die Pläne der Zwingherren von eigenen Gnaden. Schwer vorstellbar, daß solche
elementaren Erwägungen Eingang in die öffentliche Diskussion finden, die in Großbritannien
und den USA geführt werden.
Offene Verachtung
Die Verachtung für die Herrschaft des Gesetzes hat in der politischen Praxis und der geistigen
Kultur der USA tiefe Wurzeln geschlagen. Nehmen wir als Beispiel nur die Reaktion auf das
Urteil des Weltgerichtshofs von 1986, das den Vereinigten Staaten »ungesetzliche
Gewaltanwendung« gegen Nicaragua vorwarf. Die USA wurden aufgefordert, auf diese zu
verzichten und umfangreiche Reparationen zu zahlen. Die Unterstützung der Contras wurde
als »militärische«, nicht aber als »humanitäre« Hilfe deklariert. Die Antwort war eindeutig:
Der Weltgerichtshof, so hieß es, habe sich unglaubwürdig gemacht. Die Urteilsbegründungen
wurden für nicht druckreif erklärt und einfach ignoriert.
Der Kongreß, in dem die Demokraten die Mehrheit hatten, stellte sofort weitere Gelder für
die Ausweitung der ungesetzlichen Gewaltanwendung zur Verfügung. Washington legte sein
Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats ein, die alle Staaten dazu aufrief, das
internationale Recht zu respektieren Namen wurden nicht genannt, aber die Absicht lag
auf der Hand. Als die Generalversammlung eine ähnliche Resolution verabschiedete, stimmten
die USA dagegen. Unterstützt wurden sie lediglich von Israel und El Salvador. Im darauff
olgenden Jahr konnten die Vereinigten Staaten dann nur noch auf das ohnehin automatische
israelische »Nein« zählen. Über solche Vorgänge und ihre Bedeutung schweigen die
meinungsbildenden Medien und Zeitungen sich zumeist aus.
Unterdessen erklärte Außenminister George Shultz, daß »Verhandlungen ein Euphemismus
für die Kapitulation sind, solange nicht der Schatten der Macht auf den Verhandlungstisch
fällt«. Er verurteilte all jene, die »utopische, legalistische Mittel wie die Vermittlung von
außen, die Vereinten Nationen, den Weltgerichtshof« befürworten »und zugleich den
Machtfaktor in der Gleichung übersehen«. Solche Gesinnungen finden in der modernen
Geschichte ihre Vorläufer .8
Besonders enthüllend ist die Verachtung für den Artikel 51 der UN-Charta. Sie zeigte sich
mit bemerkenswerter Deutlichkeit gleich nach dem Genfer Abkommen von 1954, das
Friedensregelungen für Indochina vorsah. Washington hielt die Abmachungen für eine
»Katastrophe« und ging sofort daran, sie zu untergraben. Der Nationale Sicherheitsrat der
Vereinigten Staaten ließ insgeheim verlauten, man werde auch dann militärische Einsätze
erwägen, wenn »kommunistische Subversion oder Rebellion nicht mit bewaffneten Angriffen
einhergehe«. Auch ein Angriff auf China wurde nicht ausgeschlossen, falls die »Subversion«
erkennbar »von dort aus gesteuert werde«. 9 Diese Formulierungen wurden wortwörtlich
Jahr für Jahr von Planungsdokumenten übernommen und bekundeten, daß die Vereinigten
Staaten das Recht hätten, gegen den Artikel 51 zu verstoßen. Dasselbe Dokument forderte die
Remilitarisierung Japans und sah vor, Thailand »zum
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