War against people
sich das britische Außenministerium vor einem
halben Jahrhundert wehmütig ausdrückte -1 , in die Schranken gewiesen werden muß.
Der Begriff »Schurkenstaat« verdient eine nähere Untersuchung. Aber zunächst wollen wir
sehen, wie er in der Irak-Krise verwendet wurde.
Die Irak-Krise
Das interessanteste Merkmal der Diskussion über die Irak-Krise ist, daß sie gar nicht geführt
wurde. Zwar wurden viele Worte gewechselt, und es gab Auseinandersetzungen über die
Vorgehensweise, aber die Grenzen der Diskussion waren so eng gezogen, daß das
Offenkundigste außer Betracht blieb: Die Vereinigten Staaten und Großbritannien hätten
gemäß ihren Gesetzen und vertraglichen Verpflichtungen handeln müssen.
Den für solche Fälle vorgesehenen gesetzlichen Rahmen bildet die Charta der Vereinten
Nationen. Dieser »formelle Vertrag« ist die anerkannte Grundlage der Weltordnung und des
internationalen Rechts und gilt in der US-amerikanischen Verfassung als »höchstes Gesetz
des Landes«.
In der UN-Charta heißt es, daß »der Sicherheitsrat in jedem einzelnen Fall feststellt, ob der
Frieden bedroht ist oder gebrochen wurde oder eine Angriffshandlung vorliegt. Er schlägt
vor oder beschließt, welche Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Artikeln 41 und 42 zu
ergreifen sind.« Diese Artikel präzisieren diejenigen »Maßnahmen, die keine Anwendung
von Waffengewalt vorsehen« und erlauben dem Sicherheitsrat, weitergehende Schritte zu
veranlassen, falls er gewaltlose Maßnahmen für unzureichend hält. Die einzige Ausnahme
bildet Artikel 51, der Staaten das »Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung«
gegen »bewaffnete Angriffe« einräumt, »bis der Sicherheitsrat die zur Aufrechterhaltung des
internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit notwendigen Maßnahmen
ergriffen hat«. Davon abgesehen sollen sich die Mitgliedsstaaten »in ihren internationalen
Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt enthalten«.
Es gibt also rechtliche Mittel, um den vielfältigen Bedrohungen des Weltfriedens zu begegnen.
Wenn sich die Nachbarstaaten des Irak bedroht fühlen, können sie den Sicherheitsrat bitten,
geeignete Maßnahmen gegen die Bedrohung in die Wege zu leiten. Dasselbe gilt für die USA
und Großbritannien. Doch hat kein Staat das Recht, in dieser Hinsicht selbständig zu entscheiden
und nach eigenem Gutdünken zu handeln; die USA und Großbritannien hätten auch dann
nicht das Recht, wenn sie mit sauberen Händen dastünden - was nicht der Fall ist.
Verbrecherstaaten wie etwa Saddams Irak oder die USA akzeptieren diese Bedingungen
nicht. Ohne große Umschweife machte die damalige UN-Botschafterin, Madeleine Albright,
die Haltung der Vereinigten Staaten klar: Schon anläßlich einer früheren Konfrontation
zwischen den USA und dem Irak hatte sie den Sicherheitsrat davon in Kenntnis gesetzt, daß
»wir multilateral handeln, wenn wir es können, und unilateral, sofern wir es müssen«, weil
»wir diesem Gebiet im Hinblick auf die nationalen Interessen lebenswichtige Bedeutung
einräumen« und daher keine von außen kommenden Einschränkungen akzeptieren. Sie
bekräftigte diese Haltung, als UN-Generalsekretär Kofi Annan im Febraur 1998 zum Zweck
diplomatischer Vermittlungsbemühungen nach Bagdad reiste. »Wir wünschen ihm alles Gute«,
bemerkte sie, »und wenn er zurückkommt, werden wir sehen, ob sich das, was er mitbringt,
mit unserem nationalen Interesse vereinbaren läßt«, und davon wiederum hängt ab, wie wir
reagieren. Als Annan mitteilte, es sei eine Übereinkunft erzielt worden, wiederholte Albright
lediglich: »Möglicherweise kommt er mit etwas zurück, das nicht unseren Vorstellungen
entspricht. In diesem Fall werden wir unser nationales Interesse verfolgen.« Sollte der Irak,
so verkündete seinerzeit Präsident Clinton, den (von Washington festgelegten) Bedingungen
nicht entsprechen, »würde jeder verstehen, daß in einem solchen Fall die Vereinigten Staaten
und, wie wir hoffen, alle unsere Verbündeten, das unilaterale Recht hätten, selbst zu
entscheiden, wann, wo und wie wir reagieren werden«, nämlich wie andere gewalttätige
und gesetzlose Staaten.2
Der Sicherheitsrat befürwortete das von Annan ausgehandelte Abkommen einstimmig und
wies Forderungen Großbritanniens und der USA, sie zur Anwendung von Gewalt zu
ermächtigen, sollte der Irak sich nicht an die Verpflichtungen halten, zurück. Die Resolution
drohte mit
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