War against people
»ihre
Massenbasis in der armen Bauernschaft« fand, wie der australische Indonesienexperte Harold
Crouch berichtet. Die Russen hatten dabei, wie Eisenhower »laut brüllend« in einer internen
Diskussion betonte, ihre Hand nicht im Spiel.16
Die indonesische KP war prochinesisch, aber 1965, als sie zerschlagen und ihre Anhängerschaft
massakriert wurde, waren Rußland und China alles andere als Verbündete. Wie die Angst vor
China geschürt wurde, zeigt sehr gut den opportunistischen Charakter der Propaganda im
Kalten Krieg. Als das US-Außenministerium sich entschloß, Frankreich bei der Rückeroberung
seiner ehemaligen Kolonie zu unterstützen, wurde der US-Geheimdienst instruiert, zu
»beweisen«, daß Ho Chi Minh ein Agent des Kreml oder von »Peiping« sei. Allerdings konnten
weder für das eine noch für das andere »Beweise« gefunden werden, was dann, in einer der
komischeren Episoden in der Geschichte des Geheimdienstes, als Zeichen dafür gewertet
wurde, daß der ins Visier genommene Feind doch nur ein Sklave seiner ausländischen Herren
sein konnte. 17 Moynihan rechtfertigte die US-amerikanische Unterstützung der indonesischen
Greueltaten in Ost-Timor mit der Unterstützung der Widerstandsbewegung durch China -
völlig absurd, aber es zeigt, daß die politische Doktrin irgendein Element des Kalten Kriegs
braucht, um derlei zu legitimieren.
Die Bedeutung von Moynihans Hinweis auf China erscheint in ihrem richtigen Licht, wenn
man Vorgänge betrachtet, die sich vier Jahre zuvor und vier Jahre danach ereigneten. Es geht
dabei um die Reaktion der USA auf die zwei wichtigsten (vielleicht einzigen) Beispiele für
militärische Interventionen nach dem Zweiten Weltkrieg, die tatsächlich humanitäre Folgen
hatten: Indiens Einmarsch in Ost-Pakistan (Bangladesch) 1971 und der Sturz des Pol-Pot-Re-
gimes acht Jahre später durch den Einmarsch vietnamesischer Truppen in Kambodscha. Beide
Interventionen wurden von Washington scharf kritisiert, und in beiden Fällen ging es um die
freundschaftlichen Beziehungen der USA zu China. Ein offensichtlicher Grund für die wütende
Reaktion auf die indische Invasion, die der Beendigung umfangreicher Massaker diente, war
offensichtlich die Befürchtung, daß dadurch der als PR-Aktion geplante Überraschungsbesuch
Kissingers in Peking gefährdet werden könnte. Vietnams Verbrechen, die Greueltaten der
Roten Khmer zu beenden, wurde mit einem von den USA unterstützten Einfall chinesischer
Truppen bestraft, während Washington zugleich dem vertriebenen Pol-Pot-Regime
diplomatische und militärische Unterstützung gewährte.
Im Kalten Krieg ließen sich Vorwände immer finden und hatten, zumal vor dem Hintergrund
der Konstellationen zwischen den Großmächten, bisweilen auch eine gewisse Plausibilität.
Aber bei näherem Hinsehen zeigt sich zumeist, daß andere Faktoren ausschlaggebend waren,
wie bei Indonesien, Kuba und Indochina - eine Tatsache, die mitunter zugegeben wird, wenn
die vorgeblichen Begründungen von einst sich nicht mehr halten lassen. Als die Regierung
George Bush im März 1990 ihren ersten Verteidigungshaushalt nach dem Ende des Kalten
Kriegs beantragte, forderte sie die Aufrechterhaltung der hauptsächlichen
Interventionsstreitkräfte für den Mittleren Osten, wo »die Bedrohung unserer Interessen ...
nicht dem Kreml in die Schuhe geschoben werden kann«, was die Propaganda indes die
ganzen Jahrzehnte vorher behauptet hatte. 18
Als die USA Guatemalas kurzes Experiment mit der Demokratie durch eine
Militärinvasion beendeten, der vierzig Jahre des Schreckens folgen sollten, äußerte man
sich intern (nicht aber öffentlich) besorgt darüber, daß »die Sozial- und
Wirtschaftsprogramme der gewählten Regierung den Erwartungen [der Arbeiter- und
Bauernschaft] entsprechen« und »bei den meisten politisch bewußten Guatemalteken
große Unterstützung finden«.19 Überdies ist Guatemalas
»Agrarreform eine machtvolle Propagandawaffe; dieses umfassende Sozialprogramm, das
den Arbeitern und Bauern zum siegreichen Kampf gegen die oberen Klassen und große
ausländische Unternehmen verhelfen soll, findet bei der Bevölkerung der
mittelamerikanischen Nachbarstaaten, die ähnliche Bedingungen aufweisen, großen Anklang.« 20
Diese äußerst gefährliche Bedrohung der Ordnung wurde mit vierzig Jahren Gewalt und
Mord im Keim erstickt.
Solche Handlungsweisen durchziehen die Dokumente zur US-amerikanischen Außenpolitik
wie
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