War against people
Maßstäben, kein besonders
beeindruckendes Vorgehen. Das Minimum an moralischem Anstand wäre die Bereitwilligkeit,
sich den eigenen Vergehen in aller Offenheit zu stellen. Das ist das Minimum. Darüber hinaus
wäre es moralisch anständig, den Opfern zu helfen und auch an die zukünftigen Opfer zu
denken, die es zweifellos geben wird, wenn die Ursachen für die Verbrechen nicht
schonungslos und ehrlich aufgedeckt werden. Zu diesen Ursachen gehören die institutionellen
Strukturen, die nicht verändert werden, sondern weiterhin einer Politik und den mit ihr
verbundenen kulturellen Einstellungen und Doktrinen Vorschub leisten, die zu den von mir
erörterten Ereignissen führen. Solche Dinge sollten uns beschäftigen und in einer freien
Gesellschaft zum Grundbestand lebenslanger Bildung gehören.
Anmerkungen
1 Vgl. im Alten Testament 1. Sam. 15 (Anm. d. Übers.}.
2 Vgl. dazu Profit Over People, Kap. 2 (Anm. d. Übers.)
3 Peter Waldman, »In Vietnam, the Agony of Birth Defects Calls an Old WartoMind«, WSJ,
18.Feb.1997.
4 Barbara Crossette, NYT, 18. Aug. 1992, Wissenschaftsteil.
5 NYT, 24. Okt. 1992.
VII. Sozioökonomische Souveränität
1999 sind viele globale Probleme unter dem Begriff der Souveränität erörtert worden.
Souveränität ist das Recht politischer Gebilde, ihren Kurs sei er gefährlich oder nicht
frei von äußeren Einflüssen selbst zu bestimmen. In der wirklichen Welt ist das die
Beeinflussung durch hoch konzentrierte Macht, deren Zentrum die Vereinigten Staaten bilden.
Diese konzentrierte globale Macht trägt, je nachdem, welchen Aspekt von Souveränität und
Freiheit man berücksichtigt, unterschiedliche Namen. Es kann sich um den »Konsens von
Washington« handeln oder um den Wall Street/Treasury-Komplex (die Verbindung von
Finanzministerium und Bankwesen), um die NATO oder die internationalen
Wirtschaftsinstitutionen (Welthandelsorganisation, Weltbank und Internationaler
Währungsfond), um die G-7 (die reichen Industrienationen des Westens) oder die G-3, oder,
genauer, die G-l. Grundlegender ließe sich diese Macht als Geflecht von Megakonzernen
beschreiben, die miteinander durch vielfache strategische Bündnisse verknüpft sind. Die von
ihnen gesteuerte Weltwirtschaft ist de facto eine Art von privatwirtschaftlichem
Merkantilismus, der in den meisten Bereichen zur Bildung von Oligopolen neigt und zum
Zweck der Sozialisierung von Risiken und Kosten sowie der Unterdrückung widerständiger
Elemente staatlichen Schutz beansprucht.
Die Frage nach der Souveränität stand 1999 in zweierlei Hinsicht auf der Tagesordnung. Zum
einen ging es um das Recht auf Sicherheit vor militärischen Interventionen in einer auf
souveränen Staaten beruhenden Weltordnung. Zum anderen ging es um das Recht auf
Sicherheit vor sozioökonomischen Interventionen in einer Welt, die von multinationalen
Konzernen beherrscht wird. Dazu gehören vor allem die Finanzinstitutionen mitsamt dem
Rahmen, innerhalb dessen sie ihre Interessen wahrnehmen können. Das Problem der
sozioökonomischen Intervention stand im Mittelpunkt der heftigen Proteste gegen die Tagung
der Welthandelsorganisation (WTO), die im November 1999 in Seattle stattgefunden hat.
Ich will hier das zweite Thema erörtern: die Probleme von Souveränität, Freiheit und
Menschenrechten im sozioökonomischen Bereich. Zunächst eine allgemeine Bemerkung:
Souveränität ist kein Wert an sich, sondern nur in ihrer Beziehung auf Rechte und Freiheiten,
die sie befördern oder einschränken kann. Ferner setze ich etwas voraus, was unbezweifelbar
erscheinen mag, tatsächlich aber umstritten ist - daß wir nämlich, wenn wir von Freiheiten
und Rechten sprechen, dabei an Menschen denken, also an Personen aus Fleisch und Blut,
nicht an abstrakte politische und juristische Konstruktionen wie Konzerne, Staaten oder
Kapital. Wenn diese Gebilde, was fragwürdig ist, überhaupt Rechte besitzen, sollten sie von
den persönlichen Rechten abgeleitet sein. Das ist im Kern die Lehre des klassischen
Liberalismus und zugleich das Leitmotiv für jahrhundertelange Kämpfe der
Bevölkerungsmehrheit um Rechte und Freiheiten. Aber diese Lehre findet ihren Gegner in
der offiziellen Doktrin der Gegenwart, die im politischen wie auch im sozioökonomischen
Bereich von den Reichen und Privilegierten unterstützt wird.
Der politische Bereich
Im politischen Bereich heißt der vertraute Slogan: »Souveränität des Volks durch
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