War against people
wie Präsident
Bush und andere sie streng ermahnt haben, niemals vergessen können, was sie uns antaten. 5
Vielleicht wird ja eines Tages eine neue Regierung in Afghanistan Rußland die Schulden
zurückzahlen, die das von den Sowjets als Deckmantel für die Invasion von 1979 eingesetzte
Marionettenregime in Kabul aufgehäuft hat. Dann kann Rußland das Ende eines düsteren
Kapitels seiner Geschichte feiern und vielleicht gar seine emotionale Erschöpfung
überwinden. Und die Afghanen werden endlich ihren schuldhaften Widerstand gegen die
russische Invasion eingestehen, bei der eine Million Menschen starben und die ein verwüstetes
Land zurückließ, dessen Reste jetzt von den US-gestützten Terrormilizen endgültig zerschlagen
werden. Aber dergleichen wird nicht geschehen, weil die Sowjetunion den Krieg verlor und
kurz danach, nicht zuletzt infolge dieser Niederlage, auseinanderbrach. Im Oktober 1989
erkannte die Regierung Gorbatschow offiziell an, daß der Angriff auf Afghanistan unrechtmäßig
und unmoralisch gewesen sei. Die 13 000 gefallenen wie auch die vielen in Afghanistan
inhaftierten Soldaten hätten sich an der Verletzung internationaler Rechts- und
Verhaltensregeln beteiligt. Dieses Eingeständnis fand in den USA große Beachtung und
wurde mit selbstgerechter Rhetorik kommentiert. Die bösen und gottlosen Kommunisten,
so der Tenor, seien endlich auf dem Weg in die westliche Zivilisation, hätten aber noch
einen langen Marsch vorsieh.
Undenkbar, daß die USA diesem Beispiel folgen und für ihre viel größeren Verbrechen in
Indochina um Entschuldigung bitten. Wie undenkbar, das wird noch einmal an dem Aufruhr
um McNamaras Memoiren-Bestseller deutlich. Er wurde entweder als Verräter beschimpft
oder für seinen Mut gepriesen, weil er zugab, daß die Vereinigten Staaten kostspielige Fehler
begangen hatten. Dafür, daß er sich entschuldigte, wurde er verurteilt oder gelobt, aber nicht,
weil er bei den Opfern in Indochina um Verzeihung gebeten hätte - darüber verliert er kein
Wort , sondern weil er sich bei den Amerikanern entschuldigte. Er fragte sich, ob die
»hohen Kosten« angesichts der amerikanischen Verluste, des Schadens für die US-Wirtschaft
und der Belastung der inneren »politischen Einheit« gerechtfertigt waren. Für die Opfer in
Vietnam kein Wort, und natürlich kein Gedanke daran, denen zu helfen, die weiterhin unter
den Folgen leiden und an ihnen sterben. Vielmehr liegt es, wie wir hörten, in ihrer
Verantwortung, Reparationen zu zahlen und ihre Schuld einzugestehen. Es ist schon
erstaunlich, daß sich unter denen, die McNamara in seiner Haltung bestätigten, auch einige
der schärfsten Gegner des Vietnamkriegs befanden, die einstmals an der Spitze der
Protestbewegung gestanden hatten. Sie lobten McNamara dafür, daß er ihre Position bezogen
habe, was, wenn sie nachdächten ich fürchte, sie tun es nicht -, bedeutete, daß man ein
anderes Land ruhig angreifen und zerstören kann, solange die Kosten sich in Grenzen halten.
Um die Folgen muß man sich nicht kümmern, sondern nur dafür sorgen, daß die Schuld am
Gegner hängen bleibt und er uns die Auslagen zurückerstattet, die wir für seine Vernichtung
aufwenden mußten. Ich glaube nicht, daß die Gegner des Vietnamkriegs das als ihre
Überzeugung betrachten, aber es ist die Position, der sie stillschweigend zustimmen.
Die allgemeinen Lehren, die uns die Geschichte vermittelt, sind eindeutig genug. Die Erblast
des Kriegs müssen die Verlierer tragen. Dafür liefert die Geschichte seit Tausenden von
Jahren Beweise. Die Mächtigen sind emotional zu erschöpft oder zu sehr mit ihrer
Selbstanbetung beschäftigt, um irgendeine Verantwortung zu übernehmen, obwohl es gerade
für sie ein Zeichen ungewöhnlicher moralischer Feigheit ist, sich selbst als leidendes Opfer
darzustellen. Es ist ein beachtlicher Schritt über die »Heiligung des Kriegs« und deren neuere,
mit dem Aufkommen säkularer Religionen verbundende Formen des modernen (auch des
unsrigen) Zeitalters hinaus.
Des weiteren lehrt uns die Geschichte, daß es leicht ist, die Verbrechen anderer zu erkennen
und mit Seelenqual und Zorn darauf zu reagieren, was durchaus gerechtfertigt sein kann -
weil es möglicherweise dazu führt, daß den Opfern geholfen wird. Das kann, wie etwa die
Hilfe der Sowjetdiktatur für die Opfer amerikanischer Verbrechen, nur gutgeheißen werden.
Aber es ist, gemessen an den elementarsten moralischen
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