War against people
eine
Regierung, die vom Volk, aus dem Volk und für das Volk gewählt wird.« Die Wirklichkeit
sieht jedoch ganz anders aus, denn hier gilt das Volk als gefährlicher Feind, der um seines
eigenen Besten willen kontrolliert werden muß. Diese Probleme gehen auf die frühesten
demokratischen Revolutionen der Moderne im England des 17. Jahrhunderts und in den
amerikanischen Kolonien ein Jahrhundert später zurück. In beiden Fällen erlitten die
Demokraten eine - allerdings nicht vollständige und schon gar nicht dauerhafte - Niederlage.
Im 17. Jahrhundert wollte die englische Bevölkerung mehrheitlich weder vom König, noch
vom Parlament regiert werden. Das waren, der Standardversion des Bürgerkriegs zufolge,
die hauptsächlichen Konkurrenten; aber wie in den meisten Bürgerkriegen, wollte ein
Großteil der Bevölkerung weder den einen noch den anderen Wettbewerber an der Macht
sehen. In Flugschriften hieß es, man wolle »von Landsleuten, wie wir es sind, regiert werden,
die unsere Bedürfnisse kennen«, nicht von »Rittern und Edelleuten, [deren] Gesetze uns Angst
einflößen und unterdrücken, und die von unseren Leiden nichts wissen«.1
Ein Jahrhundert später hatten die rebellischen Bauern in den Kolonien ganz ähnliche Ideen,
aber das Verfassungssystem war anders konstruiert. Ketzereien durften nicht sein. Das Ziel
bestand darin, »die Minderheit der Wohlhabenden vor der Mehrheit zu schützen« und
sicherzustellen, daß »das Land von denen regiert wird, die es besitzen«. Soweit James Madi-
son, einer der Väter der Verfassung, und John Jay, Präsident des Kontinentalkongresses und
der erste Vorsitzende Richter am Obersten Gerichtshof. Ihre Konzeption setzte sich durch,
aber die Konflikte gingen weiter. Sie nahmen immer neue Formen an und sind auch heute
noch lebendig. Die Doktrin der Eliten jedoch ist nahezu unverändert geblieben.2
Gehen wir mit raschem Schritt ins 20. Jahrhundert, wobei ich nur die liberale, fortschrittliche
Seite des politischen Spektrums berücksichtige am anderen Ende ist man weit weniger
sanftmütig. Hier nun wird die Bevölkerung als »unwissender und lästiger Außenseiter«
betrachtet, dem die Rolle des »Zuschauers«, nicht aber des »Teilnehmers« zukommt, abgesehen
von periodischen Möglichkeiten, sich zwischen verschiedenen Repräsentanten privater
Macht für den einen oder den anderen zu entscheiden.3Das nennen wir Wahlen. Bei Wahlen
gilt die öffentliche Meinung dann als irrelevant, wenn sie den Forderungen der wohlhabenden
Minderheit, der das Land gehört, widerspricht. Gerade jetzt gibt es dafür wieder hervorragende
Beispiele.
Eines davon betrifft die internationale Wirtschaftsordnung -die sogenannten
Handelsabkommen. Wie Umfragen zeigen, ist die Bevölkerung in ihrer Mehrheit ganz und
gar gegen das, was da vor sich geht, aber auf die Wahlen hat das keinen Einfluß, weil die
Machtzentren die Minderheit der Wohlhabenden - sich darin einig sind, daß es gelte,
einen bestimmten Typ von sozio-ökonomischer Ordnung durchzusetzen. Diskutiert werden
Dinge, für die sich die Mächtigen nicht besonders interessieren, wie zum Beispiel
Charakterfragen, oder Reformen, von denen ohnehin klar ist, daß sie nicht verwirklicht
werden. Das ist ganz typisch und zeigt, daß der Öffentlichkeit - dem unwissenden und lästigen
Außenseiter - tatsächlich die Rolle des Zuschauers zugedacht ist. Wenn die Bevölkerung,
was oft geschieht, sich organisiert und versucht, die politische Arena zu betreten, um ihre
eigenen Interessen durchzusetzen, gibt es ein Problem. Das ist dann keine Demokratie mehr,
sondern eine »Krise der Demokratie«, die überwunden werden muß.
Das alles sind Zitate aus dem liberal-fortschrittlichen Bereich des politischen Spektrums,
aber diese Grundsätze sind weitverbreitet, und die letzten 25 Jahre sind eine dieser regelmäßig
auftretenden Perioden gewesen, in denen ein großer Feldzug gegen die »Krise der Demokratie«
geführt wurde, um die Öffentlichkeit in ihre Rolle als apathischer, passiver und gehorsamer
Zuschauer zurückzudrängen. Soviel zum politischen Bereich.
Der sozioökonomische Bereich
Im sozioökonomischen Bereich spielt sich etwas Ähnliches ab. Auch hier gibt es seit langer
Zeit Konflikte, die in enger Beziehung zu den Auseinandersetzungen im politischen Bereich
stehen. Vor 150 Jahren, in der Frühzeit der industriellen Revolution, gab es in Neuengland
eine sehr lebendige, unabhängige
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