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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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ein Kindermädchen, sodass am Ende beide Teile Schwierigkeiten hatten loszulassen. Das hatte anscheinend auch hier stattgefunden. Der Gesamtauftrag, von dem Ralph gesprochen hatte, war wohl nicht ganz so nahtlos vonstattengegangen, wie er es dargestellt hatte. Oder der Reiz eines Aufenthalts in einem herrschaftlichen Anwesen samt Kost und Logis war einfach unwiderstehlich gewesen.
    Maggie und ich waren gelegentlich auch in den Genuss solcher Gastfreundschaft gekommen, zusammen mit anderen Landhaus-Spezialisten: Kunstexperten, Möbelrestauratoren, die herbeigerufen wurden, um Holzwurm, Motten und allgemeinen Verfall zu behandeln. Wir saßen dann alle am Abend um ein Meer von Mahagoni herum und beäugten uns misstrauisch. Einmal hatte ich in einem wahren Mausoleum in Cheshire eine junge Frau neben mir, die akribisch die Bibliothek katalogisierte, gefragt, wie lange sie schon hier sei. »Ach, so etwa neun Monate«, hatte sie vage geantwortet. Also war nichts Ungewöhnliches an der fortdauernden Anwesenheit von Mr de Granville am Tisch meiner Schwester. Und Hugh und Laura kamen sichtlich in den Genuss einer wohl trainierten Charme-Offensive. Aber wenigstens gab er sich Mühe, was man meiner Meinung nach immer tun sollte, und ich war ziemlich sauer auf Maggie, dass sie das nicht tat. Ich war hier die Schwester. Ich durfte ich selbst sein. Sie dagegen fiel nicht in diese Kategorie. Ich ertappte mich bei dem unfreundlichen Gedanken, ob sie wohl ebenfalls morgen nach London zurückkehren würde wie Seffy und ich, oder ob sie noch bleiben wollte.
    »Ach, nein, ich dachte, ich bleibe noch ein paar Tage«, sagte sie leichthin, als wir die Teller nach nebenan zur
Spülmaschine in die Spülküche trugen. »Laura meinte, ich könnte so lange bleiben, wie ich will, und Christian kommt bestens allein zurecht. Und du bist ja ab morgen auch wieder da, oder? Soll ich den Salat bringen, Laura? «, rief sie, nun aus der Speisekammer, während sie im Kühlschrank meiner Schwester herumwühlte. Ziemlich vertraut. »Oder sollen wir das heute ausfallen lassen?«
    »Ich glaube, den lassen wir heute weg, Maggs«, ertönte es zurück. »Aber da ist noch Käse, wenn du den bitte mit reinbringen würdest?«
    »Klar doch«, flötete Maggs.
    »Ich hole ihn«, murmelte ich.
    »Nein, nein, der ist in der Küche, ich habe ihn vorhin schon rausgelegt.« Und Maggs trabte davon, um ihn von der Anrichte auf der Seite zu holen. Sie strahlte Laura an, als sie ihn auf den Tisch stellte. Dabei wandte sie Ralph den Rücken zu, der aufgestanden war, um zu helfen, beide ein Muster an Hilfsbereitschaft. Was natürlich ganz reizend war. Meine beste Freundin und meine Schwester, die sich in der Vergangenheit eher zurückhaltend und mit einer gewissen Abneigung begegnet waren, verstanden sich blendend. Ich kratzte in der Spülküche die Teller sauber. Na prächtig!
    Aber … warum war ich diejenige, die abreiste? Die nach Hause fuhr? Weil ich es dummerweise schon allgemein bekannt gemacht hatte, dass ich nicht wollte, dass Seffy sich hier allzu sehr amüsierte: Tennis spielte, sich ein Bier aus dem Kühlschrank holte und einen Urlaub aus dem machte, was eigentlich eine Bestrafung sein sollte. Ich wollte, dass er sich in London anödete, ohne seine Freunde an der King’s Road treffen zu können, nur mit seiner Mutter als Gesellschaft oder sogar einem leeren Haus, wenn ich zur Arbeit ging. Ja, Maggie wusste schon
Bescheid. Ich hatte es ihr auf unserer Runde durchs Haus erzählt. Ich hatte gesagt, dass ich das Gefühl hätte, er bräuchte mal etwas Zeit zum Nachdenken. Und dass er meiner Meinung nach nicht ganz so entspannt sein sollte. Dies mit einem Blick durch die offen stehende Tür, wo er mit Hugh herumscherzte, der den beiden Jungs gerade zeigte, wie man Portwein durch ein Tuch dekantierte.
    Während ich nun den Blick auf meinem Sohn ruhen ließ, stiegen eine Unmenge von Empfindungen in mir auf und drängten ins Freie, sodass ich dachte, ich müsste explodieren. Ich stand ganz still, als es mich mit voller Wucht überfiel, und atmete dann zitternd aus, um den Druck zu vermindern. Genau in diesem Augenblick schaute Seffy zu mir und blieb an meinem Blick hängen. Ich hielt ihn für einen Moment fest und lächelte ihm zaghaft zu. Er erwiderte das Lächeln nicht.
    Schließlich war ich die Erste, die den Blick abwandte.

22
    D ie Tage in London vergingen ruhig und langsam, ja sie schienen geradezu in Puschen vorbeizuschlurfen, denn natürlich war nicht nur Seffy weit

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