Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
Vom Netzwerk:
mir auf die Bremse. Wir wussten, was wir uns schuldig waren. Wir wollten beide, dass die andere glücklich war, aber wir gingen nie so weit, uns gegenseitig in unseren hoffnungslosen Beziehungen zu bestärken. Ich hatte andere Freundinnen, die sagen würden: »Wie aufregend, ein jüngerer Mann! Du Glückliche!« Aber ich wusste genau, dass hinter dem vordergründigen Neid ein tieferes Wissen lauerte: Dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt war und dass sie alle nur darauf warteten, wie im Kino mit der Popcorntüte in der Hand, meinen Absturz zu verfolgen. Nur Maggie äußerte mahnende Worte, und ich betrachtete das als echten Freundschaftsbeweis. Aber nun, da Henry fort war, würde sie vermutlich umso mehr Einwände erheben, überlegte ich besorgt. Da sie ja fürs Erste aus dem Schneider war.
    »Du hast nicht zufällig einen Blick in seinen Pass werfen können, nehme ich an? Um herauszufinden, wie jung unser Romeo nun wirklich ist.« Ach ja, da ging es schon los.
    »Nein.« Ich brachte ein mühsames Lächeln zustande. »Und ich habe meinen wie immer sicher in meinem Slip verwahrt.«

    »Wo er vermutlich als Allererstes nachsieht.«
    Ich lachte. Dann verging mir das Lachen. Ich kniff die Augen zusammen und blickte nach draußen, über die Felder in die Ferne. Plötzlich wollte ich ihre Warnung. Ihre Hand an der Bremse.
    »Aber das ist doch sowieso alles Unfug, oder, Maggie? «, sagte ich leise. »Ivan und ich? Das hat doch keine Zukunft.«
    Ich spürte, wie mein Herz vor Angst große Sprünge machte. Wartete darauf, dass sie zustimmte. Hielt den Atem an. Sie gab keine Antwort. Ich sah sie ängstlich an. Wie üblich war ihre Antwort entwaffnend.
    »Ach Gott, wer weiß das schon«, seufzte sie schließlich. »Wer soll das beurteilen, ob eine Beziehung richtig oder falsch ist? Was können wir letzten Endes tun, außer unserem Herzen zu folgen?«
    Gedankenverloren fummelte sie an den seidenen Vorhängen herum. Ließ sie fallen und lächelte wehmütig. »Ich kann dir deine Entscheidungen nicht abnehmen, Hattie. Die musst du selbst treffen. Hier.« Sie ballte die Hand zu einer Faust und schlug sich gegen die Brust.
    Ich nickte. Und dann überlegte ich, warum ich ihr nichts von Hal erzählte. Unter normalen Umständen wäre dies der Augenblick für ein »Rate mal, wen ich getroffen habe« gewesen, aber irgendetwas ließ mich den Mund öffnen und ihn dann wieder schließen.
    »Ist er schon zurück?« Sie musterte mich mit einem vielsagenden Blick.
    »Wer?« Mein Herz schlug heftig.
    »Ivan.« Sie runzelte die Stirn. »Wen sollte ich denn sonst meinen?«
    »Ach. Äh. Ich weiß nicht. Ja, vermutlich ist Ivan mittlerweile wieder zurück.« Ich spürte, wie ich rot wurde.
»Aber ich bin vor ihm nach Hause gefahren, wegen dieser dummen Geschichte mit Seffy.«
    »Ich habe davon gehört. Aber sei nicht zu streng mit ihm, Hattie.« Sie legte mir die Hand auf die Schulter.
    Dann sprach ich es schnell aus, bevor sie es konnte, weil ich es nicht hören wollte: »Ich weiß, es könnte alles viel schlimmer sein.«
    Rasch ging ich von ihr weg hinüber zur Tür.
     
    Bis wir uns schließlich zu unseren Würstchen mit Kartoffelbrei hinsetzten, hatten wir allesamt schon einen sitzen. Laura und ich hatten mit dem Gin Tonic ordentlich vorgebaut, aber Maggie und Ralph hatten offensichtlich auch eine ganze Menge intus. Seffy und Luca tranken beide Bier und nur Hugh schien noch nüchtern zu sein. Ralph hatte sich, wie sich mehr und mehr herausstellte, die Rolle des Alleinunterhalters der Gesellschaft zugedacht, was Maggie, da sie ja nicht mit ihm redete, in eine unattraktive Position versetzte und sie zickig und reizbar machte. Seine Geschichten von streitsüchtigen Kunden, einem Mann, der jedes Zimmer in einem anderen Gelbton haben wollte und dabei von Raum zu Raum lief mit den Worten: »Mehr Sonne! Mehr Sonne!«, während seine Frau überall einen Klacks Blau hinzugab, sodass die Farbe eher wie Urin wirkte, wurden immer hanebüchener und zweifellos auch unglaubwürdiger. Aber wir lachten trotzdem, alle außer Maggie, die mit verächtlich zusammengekniffenem Mund dasaß. Er hatte sich hier in der Abbey ganz offensichtlich fest eingenistet, stellte ich fest, während ich mit meinem Kartoffelbrei herumspielte. Wie lange er wohl schon hier war? Es war nicht ungewöhnlich, dass ein Raumgestalter in großen Häusern eine Weile wohnte. Das kam bei völligen Umgestaltungen sogar
oft vor. Man wurde sozusagen Teil der Familie, ein Vertrauter, fast wie

Weitere Kostenlose Bücher