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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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am Boden zerstört.« Sie machte ein gespielt trauriges Gesicht. »Zu dumm.« Sie gab mir einen Stups.
    »Ist sie hier?«, stieß ich mühsam hervor.
    »Wer? Seine Ex?« Sie schaute mich ungläubig an. »Das würde ich doch sehr bezweifeln, oder? Man kreuzt doch nicht bei einer Dinner-Party auf, wenn man gerade abserviert worden ist. Angeblich schon zum zweiten Mal, nach ungefähr hundert Jahren. Letty sagt, sie glaubt, dass er eine andere liebt, schon immer geliebt hat. Gott, ich liebe diesen Klatsch und Tratsch bei euch Erwachsenen. Ihr seid viel interessanter als wir. Oh, sieh nur, Daddy versucht, alle zum Essen zu rufen. Ich habe versprochen, ihm zu helfen. Allein schafft er das ja gar nicht.«
    Sie marschierte zu ihrem Vater hinüber, der in seiner liebenswert höflichen Art bemüht war, der lärmenden, angetrunkenen Gesellschaft freundlich nahezulegen, sich ins Speisezimmer zu begeben, wenn es ihnen nichts ausmachen würde, … das Essen würde kalt und so …

    Biba eilte an seine Seite und legte die Hände wie einen Trichter um den Mund.
    »Essen fassen!«, brüllte sie.
    Alle drehten sich lachend um. Ihr Vater bedachte sie mit einem verlegenen Grinsen.
    Ich ließ mich mit der Herde treiben, zurück durch die Eingangshalle und durch die Flügeltüren ins Speisezimmer. Die mit grauem Leinen bezogenen Stühle standen nun alle sechsundzwanzig um den langen Tisch herum, und alle Gäste staunten und bewunderten Ralphs Arrangement, die Farbe der Holzvertäfelung, die moderne Kunst. Ralph nahm das Lob gerne entgegen, war aber tatsächlich ein bisschen rot geworden. Sehr sympathisch, wie ich fand. Die bewundernden Kommentare glitten also nicht ganz an ihm ab. Fast schüchtern schob er die Haare aus der Stirn und lächelte erfreut, wenn man auf ihn zeigte. Und die Wirkung, die er erzielt hatte, war wirklich wunderschön: Der glänzende Mahagonitisch erstrahlte im Kerzenlicht und war mit Schalen mit weißen Rosen und blitzendem Silberbesteck gedeckt, das flackernde Licht schmeichelte scharfen Nasen und roten Wangen. Juwelen glitzerten, und Röcke raschelten, während sich alle an ihre Plätze begaben. Und als ich zu meinem kam, wusste ich – natürlich wusste ich es –, dass er da sein würde, neben mir, und mir den Stuhl zurechtrücken würde. Mit klopfendem Herzen trat ich an den Tisch.
    »Hal, wie schön.« Und diesmal tauschten wir auch die Küsschen aus, die eigentlich schon im Rosengarten fällig gewesen wären. »Jetzt kann man sich mir wieder gefahrlos nähern.«
    »Du hast dich abgeschrubbt.«
    »Allerdings. Um ein Haar hätte ich mir überlegt, so zu
kommen, wie ich war. Aber dann dachte ich doch, nein, heute gebe ich mir mal ein bisschen Mühe.«
    »Schade. Eigentlich hat mir der ›Liegend im Rosenbusch‹-Look ganz gut gefallen. Der hatte so einen lässigen Charme, obwohl du jetzt schon ein wenig besser riechst.«
    »Das hoffe ich doch sehr. Wenn nicht, hätten die bei Chanel ein echtes Problem.«
    Er lachte, und danach lief alles wie von selbst. Wir sprachen über das Haus und meine Arbeit hier mit Maggie, und dann redeten wir über das Landleben. Nach einer Weile waren wir bei alten Freunden angelangt, die ich im Gegensatz zu ihm seit Jahren nicht gesehen hatte.
    »Weißt du noch, Kirsten?«
    »Gott ja, die alte Streberin. Sie konnte mich nicht leiden. «
    »Die arbeitet jetzt als Edelnutte in der Park Lane.«
    Ich legte meine Gabel aus der Hand. »Das glaube ich dir nicht.«
    »Nein, okay, sie leitet einen Escort-Service. Aber das ist ja weitgehend dasselbe.«
    »Unglaublich! Himmel! Dabei war sie immer so ein Musterbeispiel für Tugend und Anstand! Und immer so herablassend. Aber das sind natürlich die Schlimmsten.«
    »Oder die Besten«, bemerkte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
    Ich lachte und mir wurde klar, dass er flirtete. Was vor Jahren ein Ding der Unmöglichkeit bei ihm gewesen wäre. Aber das hier war ein viel entspannterer Hal, weniger ernst, weniger bemüht.
    Während des Hauptgangs wandten wir uns beide kurz und höflich unseren Nachbarn zu. Bei Hal war das eine große blonde Frau mit tief liegenden Augen und bei mir
ein netter alter Herr, der so gut wie nichts hörte, ständig »Was?« bellte und seinen Kopf fast in mein Bœuf bourguignon hängte. Bis dann der Nachtisch serviert wurde, hatten Hal und ich wieder zueinandergefunden. Und es war ganz wie in alten Zeiten. So viel leichter als in Frankreich, mit diesem Polster von zwanzig oder mehr anderen Leuten um uns herum. Jede Menge

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