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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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er leise. »Ich weiß, dass dies
hier nicht die beste Zeit und der beste Ort ist und dass Millionen Leute um uns herum sind, aber da ist etwas, das du wissen musst …« Er hielt inne und sah sich um, um sicherzugehen, dass uns keiner zuhörte.
    Ich griff nach meinem Wein. Ja? Was musste ich wissen? Obwohl ich bereits ahnte, was es war, wollte ich es doch gerne hören. Wie gerne wollte ich diese Worte hören. Die keiner, mit Ausnahme der engsten Familienmitglieder, je zu mir gesagt hatte. Wie traurig war das eigentlich? Sein Blick suchte meinen, und ich spürte, wie sich jede Sehne in mir anspannte und mein Puls schneller ging. Ich war bereit, jede noch so kleinste Regung zu verfolgen.
    »Ich weiß«, sagte er mit leiser Stimme, »von Dominic.«
    Meine Augen wurden groß vor Erstaunen. Ich hatte etwas anderes erwartet. Etwas ganz anderes. Von Dominic? Ja, natürlich wusste er das mit Dominic. Was hatte das denn mit der Situation zu tun? Mit dem Hier und Jetzt? Mit Hal und mir? Vor Jahren war das ein Thema gewesen, aber doch jetzt nicht mehr, nach so langer Zeit, wo wir beide reife Erwachsene waren …
    »Aber Hal, das ist doch eine Ewigkeit her.« Irritiert runzelte ich die Stirn. Ich fühlte mich um meine Worte betrogen. Ich wollte es hören. »Ich war jung, unreif. Das haben wir doch schon durchdiskutiert und außerdem …«
    Was immer ich noch zu meiner Entschuldigung vorbringen wollte, ging in dem plötzlichen Zerbrechen von Porzellan und Glas unter. Gefolgt von einem Schlag auf den Tisch. Es war ein furchtbares Geschepper. Die ganze Gesellschaft fuhr herum und sah Letty mit dem Gesicht in den Profiteroles auf dem Tisch liegen. Ihr Kopf kippte zur Seite, ihre Augen waren geschlossen, der Mund stand offen, Rotwein verschmierte ihre Haare. Sie war ausgeknockt.

24
    H al rutschte mit seinem Stuhl zurück und sprang auf, um rasch auf die andere Seite des Tisches zu seiner Schwägerin zu laufen. Die Männer auf beiden Seiten des Tisches waren ebenfalls aufgestanden, zögerten aber noch und hatten diesen peinlich berührten Ausdruck im Gesicht, wenn man eigentlich nichts anfassen und sich nicht einmischen möchte. Komisch, dass Männer normalerweise immer alles begrapschen wollen und dann doch wieder nicht anpacken. Unter Hals Anweisungen legte sich aber schließlich einer von ihnen Lettys Arm um den Hals, Hal nahm den anderen, und so zerrten sie sie auf die Füße. Ihr Gesicht war dort, wo es auf dem Teller aufgekommen war, mit Schokolade und Sahne beschmiert, ihr Kleid ebenso. Mit flatternden Augen und hin und her baumelndem Kopf wurde sie schmachvoll halb getragen, halb gezerrt, während ihre Füße in den pinkfarbenen High Heels hinterherschleiften. Laura und Biba eilten mit hinaus.
    Schweigen senkte sich herab, während alle den Schreck verarbeiteten. Die arme, arme Letty. Vor all ihren Freunden und Nachbarn. Es war so peinlich, und ich fühlte mit ihr. Die meisten der Gäste hielten den Blick auf den Tisch gesenkt, um ihn dann verstohlen umherschweifen zu lassen und die Reaktion der anderen einzuschätzen. Hughs angespanntem Vorbild folgend wurde die Unterhaltung
in gedämpftem Ton wieder aufgenommen. Ich griff mechanisch zu meinem Löffel, um meine Profiteroles in Angriff zu nehmen, und merkte dabei, dass ich mir vorkam, als hätte man die Luft aus mir herausgelassen. Wie ein zerplatzter Luftballon. Und ich hatte Angst. Was wusste Hal von Dominic? Was hatte er gemeint?
    Die Gespräche im Raum waren inzwischen wieder in Gang gekommen, und die Frau zu meiner Linken beugte sich über Hals leeren Platz, stützte sich mit der Hand darauf ab, um sich nach meinen Kindern zu erkundigen: »Ach, nur den einen? Auf welcher Schule?«
    Wir machen einfach weiter, schienen ihre Augen zu sagen. Wir machen einfach weiter, ja? Um die Form zu wahren. Für Laura und Hugh. Verstehen Sie?
    Ja, das verstand ich sehr gut. Es war schließlich meine Familie. Ich verspürte dennoch einen gewissen Ärger bei dem Verhalten dieser Frau, dieser Anmaßung. Aber andererseits, wie nett, solche Freunde zu haben. Und sie war noch dazu schön. Und sie hatte neben Hal gesessen. Sie war geschieden, wie sich herausstellte. Vielleicht liebte er sie, überlegte ich wild und irrational. Vielleicht hatte Laura ihn mit Absicht neben sie gesetzt und gar nicht neben mich?
    »Ja, ich habe gehört, dass Lightbrook sehr gut sein soll. Und wann hat er seine Abschlussprüfungen?«
    Bald, bestätigte ich. Nächstes Jahr. Dann musste ich eine langwierige

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