Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
Vom Netzwerk:
verkneifen, dahin, wo Dominic mit seiner Frau saß. In diesem Augenblick hob er den Kopf, und ich fing seinen Blick auf. Er lächelte. Ein Adrenalinstoß durchfuhr meinen Körper. Ich grinste breit zurück und zwinkerte ihm sogar zu, was ich, rückblickend gesehen, wohl lieber nicht hätte tun sollen.

5
    A lles daran war verführerisch, alles. Ich spürte die Aufregung in mir hochsteigen, als ich in Westminster aus der U-Bahn stieg, die Treppen hinaufging und in das dunstige Sommersonnenlicht hinaustrat. Ich überquerte die Straße unter dem gefleckten Licht der staubigen Platanen, die Themse lag glitzernd vor mir, darüber thronte Big Ben. Mochte die Luft von Autohupen und giftigen Abgasen erfüllt sein, mir erschien sie voll ungeahnter Möglichkeiten, während ich am Rande der kühlen Oase des Parliament Square entlangging, der an diesem Donnerstagmorgen vom Berufsverkehr umtost war. Aus einem weißen Lieferwagen, der mit offenen Fenstern an einer Ampel stand, dröhnte Reggae-Musik, und es kam mir beim Vorübergehen vor, als wären meine Schritte im Einklang mit dem Herzschlag Londons, die Bässe stampften, und mein Blut pulsierte. Das Parlamentsgebäude stieg in seiner ganzen reich verzierten gotischen Pracht grüßend vor mir empor, die Fenster blitzten aus der honigfarbenen Sandsteinfassade, und selbst der Polizist, der an den hohen Eisentoren Wache stand, hatte genau die richtige wohlwollende Ausstrahlung eines guten alten englischen Bobbys an sich. Ich schenkte ihm mein allerschönstes Lächeln, und wir wechselten einen freundlichen Guten-Morgen-Gruß, bevor er meinen Ausweis kontrollierte. Ich vermeinte schon durch den steinernen
Eingangsbogen in die Lobby dahinter blicken zu können, wo sich bereits Menschen versammelten, hin und her eilten, telefonierten und oh … mein … Gott … war das nicht der Journalist mit den großen Ohren? Der immer in den News at Ten sprach?
    »Sie müssen dann zum Portcullis House, junge Dame.« Er reichte mir meinen Ausweis zurück.
    »Genau.«
    »Das ist da hinten«, er drehte sich um, »auf der anderen Seite des Square. Sehen Sie das Hochhaus dort drüben auf der anderen Straßenseite?« Er deutete in die Ferne auf ein etwas weniger malerisches Gebäude, mehr Chrom und Beton. »Gleich links durch die große Glastür und dann mit dem Aufzug in der vierten Stock.«
    »Oh.«
    Also doch nicht ganz die eichengetäfelten Vorhallen der Macht, die ich mir vorgestellt hatte. Dennoch folgte ich seinen Anweisungen und ging zurück über die Straße, um den Square herum, durch die Glastür und nahm den Aufzug. Ich quietschte über den Linoleumflur, dessen Wände auf der einen Seite komplett verglast waren und auf der anderen eine Reihe von Türen aufwiesen, die ein wenig klinisch und abweisend wirkten. Egal, mochte die Atmosphäre hier auch ein wenig gedrückt und eintönig sein, aber wenigstens – und dabei reckte ich sehnsüchtig den Kopf, bevor ich an die Tür klopfte, zu der man mich geschickt hatte – hatte man einen Blick auf Big Ben.
    Katya, Dominics persönliche Sekretärin, attraktiv auf eine leicht rundliche, nicht mehr ganz junge, gepuderte Art, konnte mich verstehen. Nachdem sie mir gezeigt hatte, wo mein Platz war, in einer Ecke ohne den Blick, und dann wo der Kopierer war, in einer anderen dunklen
Ecke, lachte sie, als ich beiläufig auf die Lage zu sprechen kam.
    »Ach nein, nur die Kabinettsmitglieder haben da drüben ihre Büros. Die Entfernung ist eigentlich sogar ganz angenehm, wenn man rübergehen und wieder zurückkommen kann. Dann weiß man den Gegensatz viel mehr zu schätzen. Es ist wie bei allem, wenn man zu nahe dran ist, verliert es seinen Reiz.«
    »Sie verspüren also immer noch den Kick?«
    »Oh ja, wie sollte man nicht. Andererseits ist es ein Job wie jeder andere. Alltagsgeschäft und viel Arbeit. Die Aufregung und der Glanz – soweit es das überhaupt gibt – sind im Parlament selbst. Ich nehme Sie nachher mit da rüber. Um zwölf ist die Fragestunde des Premierministers. Dominic hat mich gebeten, Ihnen eine Karte für die Besucherempore zu besorgen. Wir gehen hin und schauen zu.«
    »Wie nett von ihm! Dann gehen wir also alle zusammen? «
    »Na ja, Dominic sitzt natürlich unten auf der Bank. Wir sind oben auf der Besucherempore.«
    »Natürlich.« Ich setzte mich an meinen Platz. »Ist er … momentan sehr beschäftigt?«
    »Extrem.« Geschäftig ging sie zu ihrem eigenen Schreibtisch hinüber und nahm einen dicken Papierstapel in die Hand. »Und

Weitere Kostenlose Bücher