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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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kostbares und beinahe vollständiges Teegeschirr aus Limoges-Porzellan.
    »Antiquitäten von morgen«, hatte ich forsch erklärt, damit nur ja keiner auf die Idee kam, dass das Geschirr der Anfang meiner Aussteuer sein sollte; damit nicht mein – beschämendes – einziges Ziel für die Zukunft ans Licht kam: zu heiraten.
    »Na, wie wär’s dann, wenn du in einem Museum arbeiten würdest? Oder in einer Galerie.«

    »Nee, zu staubig.« Niedergeschlagen ließ ich mich nach vorne auf den Tisch sinken, die Nase am Rand meiner Kaffeetasse. Ich versuchte, sie auszutrinken, ohne sie in die Hand zu nehmen. »Für dich ist ja alles in Ordnung, du weißt schließlich, was du willst.« Ich wischte mir übers Kinn, als der Kaffee darüberlief. »Die Welt retten. «
    Hal wollte Anwalt für Menschenrechte werden.
    »Da bin ich mir nicht so sicher, aber ich würde schon gerne versuchen, sie zumindest ein bisschen zu verbessern. «
    »Siehst du?« Ich setzte mich auf. »Sozial und uneigennützig – und außerdem wirst du irgendwo mittendrin sein, wo sich was tut, wo was passiert. Das will ich auch«, sagte ich plötzlich. »Da sein, wo was passiert.«
    Hal schob sich die strähnigen und, ehrlich gesagt, auch fettigen Haare aus den Augen. Dann rückte er seine Brille zurecht und sagte zögernd: »Ich könnte ja mal meinen Bruder fragen, wenn du willst. Wenn du nur die Zeit totschlagen und ein bisschen Arbeitserfahrung sammeln willst, könntest du ja vielleicht ein Weilchen für ihn arbeiten. «
    »Was macht er denn?«, hatte ich gefragt und gleichzeitig gedacht, wie schade es war, dass Sam McKinnon gar nicht da war. Er trank hier oft einen Kaffee nach seiner Geschichtsvorlesung. Vor dem Rugby-Training. Manchmal schon in Sportklamotten. Ich reckte den Kopf, um mich besser umsehen zu können.
    »Im Unterhaus.«
    »Im Unterhaus?« Mein Kopf schoss ruckartig zurück und mein Hals reckte sich aus meinen Schultern wie der einer Schildkröte.
    »Ja, er ist Mitglied des Parlaments, ein MP. Parlamentarischer
Geschäftsführer der Regierungspartei, um genau zu sein.«
    »Parlamentarischer Geschäftsführer. Und was tut der so?«
    »Ach, der ist ständig irgendwo unterwegs und sorgt dafür, dass die Leute richtig abstimmen, glaube ich. Er wirbt um Unterstützung. Er ist eine Art Partei-Organisator. «
    So was Ähnliches wie ein Party-Organisator. Ein Partyservice war auch mal eine Idee von mir gewesen, die ich aber verworfen hatte, weil es mir zu läppisch erschien, Windbeutel zu zählen und Servietten zu Schwänen zu falten und so weiter.
    »Zu welcher Partei gehört er denn?«
    »Hab ich doch schon gesagt. Zur Regierungspartei.«
    »Ach so, ja …« Meine politischen Kenntnisse waren damals minimal, aber ich war ziemlich sicher, dass das die eher Rechten, Konservativen waren. Die Strengeren. Zu viele Einwanderer, zu viele Sozialleistungen, zu viel Sozialstaat und so was. Etwas geizig und gemein waren sie, aber hatten vermutlich recht.
    Ich rutschte unruhig hin und her. Na ja, eigentlich war mir das ja egal. Ich vermutete, dass die sogar besser aussahen. Hübsch gepunktete Krawatten, gute Anzüge, Hosenträger. Allerdings war ich nicht sicher, was Dad davon halten würde. Wir waren in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, meistens in den weniger wohlhabenden nördlichen Vororten von London, und mein Vater war eine Art Salonsozialist. Er war ein großer Anhänger des Labour-Party-Vorsitzenden Michael Foot gewesen und war sogar so weit gekommen, dass sie gegenseitig freundlich die Spazierstöcke hoben, wenn sie sich im Park von Hampstead Heath begegneten. Und obwohl
Dad nach der Übernahme von Neil Kinnock so mutlos wurde, dass er aus Protest die Monster-Raving-Loony-Partei wählte, war ich mir nicht so sicher, ob er es gutheißen würde, wenn ich zur Gegenseite überlief. Selbst meine Mutter hatte in ihrer Jugend anscheinend Gefängnisbesuche gemacht – unvorstellbar der Gedanke, wie sie in ihren Mikimoto-Perlen und Chanel-Ketten den Zellengang entlangklimperte. Und auch wenn sie sich mittlerweile zu einer »Zucht und Ordnung«-Konservativen entwickelt hatte, so besaß sie doch immer noch ein Foto von sich, auf dem sie zu Lauras und meinem Erstaunen bei einer Demo auf dem Trafalgar Square mit einem Transparent in der Hand zu sehen war. Allerdings auch damals schon mit makelloser Frisur. Ich hatte so eine Vorstellung, dass Konservativismus etwas war, das man irgendwann mit zunehmendem Alter schrittweise annehmen durfte, zumindest in

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