Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
Vom Netzwerk:
was da in mich gefahren ist.«
    »Machen Sie sich mal keine Sorgen.« Jetzt konnte sie es sich leisten, nett zu mir zu sein. Sie würde mich nie wiedersehen. »Gehen Sie jetzt einfach. Ich spreche mit der Personalabteilung und werde ihnen sagen, es gäbe familiäre Gründe oder so was. Und ich werde Ihnen ein Zeugnis schreiben.«
    »Wirklich?«
    »Natürlich.« Sie brachte ihr Gesicht zum Lächeln. »So etwas passiert eben.«
    »Sie meinen …«
    »Oh nein, das ist noch nie vorgekommen. Nicht die Spur eines Skandals. Er ist ein guter Mann.«
    Und ich war ein schlechtes Mädchen. Die einen Skandal heraufbeschworen hatte. Zitternd nahm ich meinen Mantel vom Haken an der Tür und verließ das Büro. Würde Hattie Carrington bitte freundlicherweise die Bühne verlassen? Warum? Warum bin ich gegangen, einfach so? Jahre später, im Rückblick, weiß ich es nicht mehr, aber in dem Moment schlich ich den Linoleumflur entlang, der mir einst so vielversprechend erschienen war, fuhr mit dem flüsternden Aufzug hinunter und ging hinaus in die Nacht.
    Nach der Klimaanlage überfiel mich die schwüle Nachtluft nun regelrecht, schlang sich um mich wie eine Unmenge bedrohlicher Schals. Mit weichen Knien überquerte ich die Straße und spürte die Luft auf meinen Wangen wie einen heißen, vorwurfsvollen Atem. Ich ging quer durch den geschäftigen Verkehr, ohne auf die Ampeln
zu achten, mitten hindurch zwischen lautem Hupen und wütenden Gesichtern von Autofahrern, um den Platz herum. Churchill stand düster auf seinem Podest, dann Palmerston, mehr Gehupe, als ich wiederum die Straße überquerte in Richtung der Nebenstraßen von Pimlico.
    Als ich in der Wohnung ankam, war Laura nicht da. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel. »Hughie und ich sind im Pitcher and Piano , falls du und Dominic nachkommen wollt.«
    Du und Dominic. Genau das war das Problem. Ich hatte das zugelassen. Aber er gehörte mir nicht. Wir waren kein Paar. Und ich wusste, dass Laura sich Sorgen gemacht hatte. Mehr als einmal hatte sie versucht, das Thema anzuschneiden, dass wir vielleicht ein wenig zu nahe waren, aber ich hatte es abgestritten, alles von mir gewiesen. Ich wollte es weder vor mir selbst und schon gar nicht vor anderen zugeben, dass ich … ich hielt die Luft an. Ihn liebte.
    Trotz meiner Beschämung, trotz seiner hochschwangeren Frau im Türrahmen, die mir ihre Gastfreundschaft gewährt hatte, wusste ich, dass es so war. Mit einer brennenden Gewissheit, die ich noch nie zuvor verspürt hatte. Und es war das erste Mal. Ich hatte das reife Alter von dreiundzwanzig erreicht, ohne dieses Gefühl je kennengelernt zu haben. Ich hatte zwar Freunde gehabt, aber niemals etwas annähernd Ähnliches empfunden. Nichts, was dem überwältigenden Gefühl von Hilflosigkeit gleichkam, als er mich in seinem Büro in die Arme genommen hatte. In seinem Büro. Wie schlimm war das denn? Wie billig. Und doch schien es mir zutiefst romantisch. Und nun sollte ich ihn nie wiedersehen. Ich hatte meinen Job verloren, und ich hatte ihn verloren. Die Erkenntnis dämmerte mir nach und nach, wurde wie Nägel
in meinen Kopf getrieben und zwar, wie es mir schien, seltsamerweise nicht von Letty, sondern von Katya mit ihrem verzerrten Gesicht. Ich ging in mein Zimmer und warf mich theatralisch aufs Bett, noch immer im Mantel, zog mir das Kissen über den Kopf und brach in Tränen aus.
    Nach einer ganzen Weile klingelte das Telefon neben mir. Ich drehte mich um. Lag einen Moment da und horchte und hob dann ab. War es etwa …? Nein, natürlich nicht. Es war Kit, der anrief, um Laura zum Geburtstag zu gratulieren. Natürlich, Laura hatte ja Geburtstag. Deswegen waren die beiden auch ausgegangen.
    »Nein, sie ist nicht da, aber ich sag’s ihr.« Es gelang mir, mich aufzusetzen, mir das Gesicht abzuwischen und meine Stimme zu stabilisieren. »Wie geht es dir?« Ich senkte die Sprechmuschel, seufzte tief und richtete meinen von Tränen verschleierten Blick an die Decke. »Amüsierst du dich?«, brachte ich hervor.
    »Amüsieren?«
    Ich kam zu mir und wusste plötzlich wieder, wo er war. Der harte Klang seiner Stimme durchfuhr mich.
    »Oh, Kit. Tut mir leid, ich …«
    »Amüsieren?«, wiederholte er. »Du hast ja keine Ahnung. « Seine Stimme zitterte. Ich hörte, wie er um Fassung rang. Ich setzte mich auf und schnappte mir ein Taschentuch.
    »Kit?«
    »Oh, ja, wir amüsieren uns prächtig hier.« Harte Worte kamen aus seinem Mund. »Der Vater der Familie, bei denen ich wohne, wurde

Weitere Kostenlose Bücher