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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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sei entsetzlich in Eile, was er immer war. Dann schienen die Blicke, die ihm folgten, zu sagen: Weiß er etwas? War das ein Hinweis?
    Man respektierte und fürchtete ihn zugleich, und als seine rechte Hand, zu der ich mich rasch entwickelte, spürte ich, wie ein wenig vom Abglanz dieser Macht
auch an mir hängen blieb. Ich wurde von anderen Sekretärinnen, manchmal sogar den MPs selbst, ausgehorcht, die mich auf einen Kaffee einluden oder zum Mittagessen in der Kantine des Parlaments. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass mich das unbeeindruckt ließ, dass es einfach an mir abperlte, aber ich genoss es. Ich war dreiundzwanzig, kam direkt von der Uni, und nun bemühten sich ein paar der wichtigsten und einflussreichsten Männer und Frauen des Landes um mich, wollten meine Meinung hören. Das verdrehte mir nicht nur den Kopf, sondern ließ ihn geradezu rotieren.
    An dem Morgen, als die Umbesetzung der Kabinettssposten verkündet werden sollte, hielt mich der Reporter der News at Ten , den ich am ersten Tag erkannt hatte, in der Eingangshalle auf.
    »Gibt es schon Neuigkeiten, Hattie?«
    »Absolut gar nichts«, murmelte ich und eilte weiter.
    »Komm schon, Süße. Wenigstens ein Tipp.«
    Aber ich war bereits unterwegs und hatte nur eines im Sinn, mich zu versichern, dass für Dominic alles gut ging. Am Tag zuvor hatten wir bis spät in den Abend hinein gearbeitet, und er hatte mir anvertraut, dass er im Gegensatz zur weitverbreiteten Meinung kaum etwas über die Umbesetzung des Kabinetts wusste. Er erzählte, dass er bei einem Treffen mit dem Premierminister am Morgen versucht hatte etwas herauszufinden, woraufhin dieser sofort dichtgemacht hätte und er absolut nichts erfahren hatte. Ich hatte ihn noch nie so nervös erlebt.
    »Wenn mein Job sicher wäre, dann hätte man mir doch bestimmt schon mal einen Tipp gegeben, oder?«
    »Nicht unbedingt«, hatte ich ihn getröstet. »Er weiß ja, dass alle Sie um Informationen angehen. Vielleicht will er Sie nur schützen.«

    Er hatte mich misstrauisch angesehen. »Hier schützt keiner den anderen, Hattie. Hier muss man sich an jeder Ecke umdrehen. Jeder kämpft für sich allein.«
    Später am Vormittag wurden die Kabinettsmitglieder und auch Dominic als Parlamentarischer Geschäftsführer einer nach dem anderen zum Premierminister gerufen. Dominic sagte später, dass der Weg von Portcullis House über die Straße, an Big Ben vorbei und durch den Haupteingang gegenüber der Westminster Abbey einer der längsten seines Lebens gewesen war.
    Katya war an diesem Tag natürlich im Dienst – darauf hätte man Gift nehmen können. Mit Schmerz verzerrtem Gesicht zwar, sie konnte sich kaum rühren, aber sie war da. Wir beide warteten, jede auf ihrem Posten, an unseren Computern. Zunächst unterhielten wir uns noch nervös, doch als der Vormittag immer weiter voranschritt und wir noch immer nichts gehört hatten, suchten wir Trost an unseren Bildschirmen und tippten schweigend und mechanisch vor uns hin. Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. Ein langes Gespräch bedeutete, dass es viel zu erklären gab von Seiten des Premierministers. Vielen Dank für die harte Arbeit, die Bemühungen und so weiter, gefolgt von einem schmerzlichen, ernsten Gesichtsausdruck, mit dem er die schlechte Nachricht überbrachte. Katya und ich tippten und tippten mit verbissenen Gesichtern. Die Telefone schwiegen. Auch das war ungewöhnlich. Normalerweise waren sie nie still, und wir hatten alle Hände voll zu tun, alle Anrufe zu beantworten. Hatten andere MPs etwa schon mehr gehört als wir? War Dominic nicht mehr der Mann, den man anrief, der Bescheid wusste?
    Am Abend zuvor hatte er mir anvertraut, dass der Posten, auf den er es abgesehen hatte, von dem er nachts träumte, der des Bildungsministers, vergeben war, wie er
glaubte. Nichts war sicher, aber es hieß, Tim Atkinson aus dem Umweltministerium sollte ihn bekommen.
    Um zehn nach zwölf flog die Tür auf. Katya und ich wirbelten auf unseren Stühlen herum. Dominic stand mit glänzenden Augen in der Tür.
    »Außenminister«, hauchte er.
    »Oh!« Wir sprangen auf, sprachlos.
    Im nächsten Augenblick durchquerte er den Raum, nahm mich in die Arme und wirbelte mich herum. Dann setzte er mich ab und umarmte Katya. Jetzt kreischten und hüpften wir alle außer uns vor Freude und gratulierten ihm, plötzlich war wieder Leben im Raum. Ken, der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, erschien, strahlend, die Telefone klingelten, als andere Abgeordnete ihre

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