War ich gut Schatz
quietschte wirklich nicht mehr. Die Flasche hat Daniel danach offen stehen gelassen, was mal wieder typisch für ihn ist. Sicherheitshalber schraube ich sie zu. Dann schnappe ich mir die Plastiktüte und bringe sie in die Küche, um sie in die gelbe Tonne zu schmeiÃen. Ich weià ja eigentlich, dass diese ganze Mülltrennerei nix bringt, sortiere aber trotzdem. Zumindest sammle ich immer fein säuberlich das Papier und bringe es regelmäÃig zum Container. Deswegen ziehe ich auch den Kassenbon aus der Tüte und werfe, rein vorsichtshalber, einen Blick darauf. »Mandelöl«, so wie Daniel es gesagt hat. Daniel kann aber auch wirklich ein richtiger Schatz sein!
Ich will den Zettel gerade in die Papierkiste werfen, da nehme ich aus den Augenwinkeln eine ganz eigenartige Zahl wahr, die unten neben dem Datum auf dem Kassenbon steht: 13:23 Uhr!
Es dauert ein paar Sekunden, bis mir die ganze Tragweite dieser Uhrzeit bewusst wird. Daniel war schon mittags
in der Apotheke gewesen. Wo war er dann aber bitte schön nachts? Eins steht fest, Daniel hat mich belogen. Und das kann nichts Gutes heiÃen, absolut nicht!
7 Bin ich zu nett? Oder einfach zu blöd, mal âºNeinâ¹ zu sagen?
Na toll, jetzt fange ich schon an, mit mir selbst zu sprechen: »Ruhig, Anna, jetzt bloà nicht aufregen. Denk nach, bestimmt kann man das irgendwie erklären. Und wenn nicht, dann hast du jetzt den ultimativen Grund, ihn zu verlassen. Wäre doch eigentlich gut.«
Nichts ist gut. Daniel hat mich belogen. Und ich habe es in dem Moment noch nicht einmal bemerkt. So ein Penner! Fährt mittags in die Apotheke und erzählt mir, er sei nachts da gewesen. Und ich Doofe glaube ihm auch noch! Sam hat Recht, ich lasse es immer wieder zu, dass er mich um seinen kleinen Finger wickelt.
Was mache ich jetzt? Rufe ich Sam an, erzählt sie mir, dass sie es gewusst habe und Daniel letztendlich auch nicht besser sei als alle anderen Kerle. Rufe ich Katharina an, wird die mich beruhigen und nach einer logischen Erklärung für das alles suchen. Vielleicht war die Uhr der Kasse ja falsch eingestellt? Bestimmt war Daniel um 1:23 Uhr da und die Kasse hat wegen eines Programmierungsfehlers 13:23 daraus gemacht. So was passiert ja immer wieder mal. Das würde alles erklären!
Ich darf auf jeden Fall jetzt nicht die Nerven verlieren,
auch wenn mein Bauch mir gerade signalisiert, dass ich am liebsten irgendwas zerstören möchte. Das Bayerntrikot zum Beispiel! Darüber könnte ich das restliche Mandelöl schütten. Oder ich übermale das blöde Podolski-Autogramm darauf, der ist ja ohnehin zu seinen geliebten Kölnern zurück, der Verräter. Oder aber ich zerschneide es einfach.
Mein Kopf will allerdings mal wieder nicht so, wie mein Bauch das gerne hätte. Er zwingt mich dazu, Ruhe zu bewahren und erst einmal alle Fakten richtig zu sortieren. Dafür muss ich in die Apotheke fahren, in der Daniel das Ãl gekauft hat, in die Bärenapotheke. Da kauf ich einfach nochmal eine Flasche, und wenn die Kassenuhr wirklich falsch geht, dann weià ich, dass doch alles in Ordnung ist. Nachschub haben wir dann auch gleich. Und wenn der Kassenbon richtig ist, dann kann ich mir immer noch Gedanken über den Rest machen.
Ich schlüpfe in meine Birkenstocks und will gerade zur Tür raus, da klingelt das Telefon. Die Nummer kenne ich gut: Es ist Herr Friedemann, mein Chef vom Oberhausener Anzeiger. Mist, auch das noch. Wenn ich nicht rangehe, dann klingelt gleich mein Handy, und er quatscht meine Mailbox voll und das wahrscheinlich mindestens fünfmal nacheinander. Also hebe ich ab und flöte freundlich in den Hörer:
»Blum.«
»Hallo, Frau Blum, Friedemann hier. Ich wollte Sie nur nochmal an den Artikel erinnern. Sie wissen ja, der ist für die Donnerstagsausgabe gedacht, also brauchen wir
ihn spätestens morgen, damit er auch rechtzeitig fertig wird.«
»Ach, hallo Herr Friedemann, ich hätte Sie auch noch angerufen«, lüge ich. »Natürlich denke ich an den Artikel. Ist schon fast fertig. Ich schicke ihn morgen raus.«
Bin ich zu nett? Oder einfach zu blöd, mal Nein zu sagen? Andere verreisen während des Urlaubs und schalten das Handy aus. Ich will während meines Urlaubs meinen Mann verlassen, sage trotzdem zu, diesen blöden Artikel zu schreiben und bin unfähig, auch nur eins von beidem hinzukriegen. Jetzt darf ich mich auch noch
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