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Waren Sie auch bei der Krönung?

Waren Sie auch bei der Krönung?

Titel: Waren Sie auch bei der Krönung? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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schlief sofort ein.
    Sie wären jetzt fortgegangen und hätten sich vermutlich auf dem Weg zum St. Pancras-Bahnhof und nach Hause gemacht, oder vielleicht wäre es ihnen gelungen, irgendwo ein Fernsehgerät ausfindig zu machen, wenn nicht unter der ausgesperrten Menge die bei solchen Anlässen unvermeidlichen Gerüchte kursiert und immer neue Hoffnungen in ihnen erweckt hätten.
    Nachdem die ersten Proteste und die Versuche, die Schranke zu passieren, sich als erfolglos erwiesen hatten, wurde die Menge kleiner. Es gab gewisse Veränderungen: die Enttäuschten gingen, Neuankömmlinge traten an ihre Stelle. Aber ein fester Kern von Leuten blieb zurück, weil zu ihnen Nachrichten aus angeblich gut informierter Quelle durchsickerten: die Tore, so munkelte man, würden innerhalb einer Stunde wieder geöffnet werden; und später hieß es wiederum in zwei Stunden, in drei Stunden. Sobald sich die Menge auf der andern Seite gleichmäßiger verteilt hätte, würden mehr Menschen durchgelassen werden. Und dann wieder wußten die Eingeweihten zu erzählen, daß alle, die draußen bleiben mußten, unmittelbar nach der Krönung eingelassen werden würden.

    ...ein schrankenloses Dasein kann selbst der Reiche sich nicht leisten. Es gibt eben ein paar Dinge im Leben, die für Geld allein nicht zu haben sind: Ein Ehrenplatz bei einer Krönung etwa, oder der Buckingham-Palast, oder eine Reise von Ost- nach Westberlin. Selbst so schlichte Dinge wie ein Lottogewinn sind für viele Millionen nicht mit Sicherheit zu erreichen.
    Was Mr. Clagg betrifft, so kann er sich ob verlorener Pfunde immerhin mit Schopenhauer trösten, der da meinte: Kein Geld ist vorteilhafter angewandt als das, um welches wir uns haben prellen lassen; denn wir haben dafür unmittelbar Klugheit eingehandelt. Na ja, Klugheit trägt bisweilen auch Zinsen.

An keinem dieser Gerüchte war etwas Wahres, aber sie vermehrten sich immer wieder und wurden aufs neue belebt, wenn Neuankömmlinge eintrafen oder irgendwer aus dem inneren Gelände zum Vorschein kam. Jedesmal, wenn sich die kleine Pforte öffnete, ging ein Raunen und eine Bewegung durch die Menge, die in diesem Augenblick auch die Menschenmassen auf der andern Seite erspähen konnte. Man sah auch, daß die Polizei unmittelbar hinter der Tür einen Raum freigelassen hatte, wodurch die Hoffnung, es würden Vorbereitungen für ihre Zulassung getroffen, frische Nahrung erhielt. Es hieß sogar, daß nach der Ablösung des Wachpostens an der Pforte ein anderer Polizist kommen würde, der mit sich reden ließe und der alle, die es verdienten, passieren lassen würde. Diese schnell kursierenden Gerüchte veranlaßten den hoffnungsvoll im Regen wartenden Menschenhaufen, den ganzen Vormittag hindurch Stunde für Stunde auszuharren. Und die Claggs waren auch dabei.
    Sie wußten nicht, wohin sie hätten gehen können, außer besiegt die Rückfahrt anzutreten. Solange noch eine Möglichkeit bestand, an dieser Stelle Einlaß zu finden, mußten sie bleiben. Sie hatten keine Ahnung davon, mit welcher Geschwindigkeit falsche Gerüchte in einer Menschenmenge von Mund zu Mund weitergegeben werden, und so dachte Clagg, ihre beste Chance bestünde darin, an Ort und Stelle zu bleiben, anstatt am Rand des Krönungsbezirks in der ihnen unbekannten Stadt umherzuwandern.
    Und sonderbarerweise geschah auch einiges, das ihnen Erfolg zu verheißen schien. Einmal öffnete sich zum Beispiel die Pforte, und zwei Polizei-Sergeanten traten heraus. Der Polizist, der das Tor bewachte, salutierte stramm. Die beiden Sergeanten betrachteten einen Moment lang den Menschenhaufen und unterhielten sich leise miteinander. In der Menge begannen die Herzen erwartungsvoll zu schlagen, Augen leuchteten hoffnungsvoll auf, und einige riefen: «Na, wie wäre es, Sergeant?» Offensichtlich wollten sich die beiden einen Überblick über die Lage verschaffen, ehe sie den Befehl gaben, die Wartenden einzulassen. Aber dann drehten sich die Sergeanten einfach um und gingen wieder nach innen, ohne auch nur ein Wort mit dem Polizisten zu wechseln. Gewiß waren damit die unmittelbaren Hoffnungen der harrenden Menge zunichte geworden. Aber konnte man denn wissen, ob die beiden nach Prüfung der Lage nicht drinnen Bericht erstatten würden? Vielleicht würde man dann etwas zu ihren Gunsten unternehmen? Das zumindest wußten die Gerüchte zu erzählen, und die Claggs blieben.
    Gwendoline wachte auf, hob den Kopf von der Schulter ihres Vaters und fragte schläfrig: «Kommt die

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