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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Marion
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bewältigen werden.
    »Was, wenn du nur eine Woche mit ihr gehabt hättest?«
    »Perry …«, sagt mein Dad leicht amüsiert. »Die Welt geht morgen nicht unter, Kumpel. Okay? Wir bringen sie in Ordnung. Wir arbeiten dran. Schau.« Er deutet auf die Bautrupps unter uns. »Wir bauen Straßen. Wir werden die Stadien und Schlupfwinkel miteinander verbinden, die Enklaven zusammenbringen, unsere Mittel und unser Wissen konzentrieren, vielleicht anfangen, nach einem Gegenmittel zu suchen.« Mein Dad klopft mir auf die Schulter. »Du und ich, alle zusammen … wir werden das schaffen. Gib uns noch nicht auf. Okay?«
    Mit einem kleinen Stoßseufzer gebe ich nach. »Okay.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Mein Dad lächelt. »Ich verlasse mich auf dich.«
     
    Weißt du, was dann passiert ist, Leiche? , flüstert Perry mir aus den tiefsten Schatten meines Bewusstseins zu. Errätst du es?
    »Warum zeigst du mir das alles?«, frage ich die Dunkelheit.
    Weil es das ist, was von mir noch übrig ist, und ich möchte, dass du es fühlst. Ich bin nicht bereit, zu verschwinden.
    »Ich auch nicht.«
    Ich höre ein kaltes Lächeln in seiner Stimme.
    Gut.
     
    »Da bist du ja.«
    Julie hievt sich die Leiter hoch, steht auf dem Dach meines neuen Zuhauses und mustert mich. Ich werfe ihr einen Blick zu, dann bedecke ich mein Gesicht wieder mit den Händen.
    Sie wagt sich zu mir herüber, vorsichtige Schritte auf dem dünnen Blech, dann setzt sie sich neben mich auf die Dachkante. Wir lassen die Beine in der kühlen Herbstluft baumeln.
    »Perry?«
    Ich gebe keine Antwort. Sie betrachtet mein Profil. Sie streckt die Hand aus und fährt mir mit zwei Fingern durch das wirre Haar. Ihre blauen Augen ziehen wie Schwerkraft an mir, aber ich halte stand. Ich starre nach unten auf die schlammige Straße.
    »Ich kann nicht glauben, dass ich hier bin«, murmele ich. »Dieses dämliche Haus. Mit all diesen Ausgestoßenen.«
    Sie antwortet nicht sofort. Und als sie es tut, spricht sie leise. »Sie sind keine Ausgestoßenen. Sie wurden geliebt.«
    »Eine Zeit lang.«
    »Ihre Eltern sind nicht abgehauen. Sie wurden erwischt.«
    »Macht das einen Unterschied?«
    Ihr Blick ist derart entschlossen, dass ich keine andere Wahl habe, als ihn zu erwidern. »Deine Mom hat dich geliebt, Perry. Du hattest nie Grund, daran zu zweifeln. Und das gleiche gilt für deinen Dad.«
    Die Last ist zu groß. Ich lasse los, und sie begräbt mich unter sich. Ich wende mich ab, als die Tränen kommen.
    »Glaub von mir aus, dass Gott dich verlassen hat, nenn es Schicksal oder Bestimmung oder was auch immer, aber wenigstens weißt du, dass sie dich geliebt haben.«
    »Welche Rolle spielt das schon?«, krächze ich und weicheihrem Blick aus. »Wen kümmert das? Sie sind tot. So sieht es aus. Das ist alles, was zählt.«
    Ein paar Minuten lang schweigen wir. Die kalte Brise übersät unsere Arme mit winzigen Beulen. Leuchtende Blätter wehen von den Wäldern her, trudeln ins riesige Maul des Stadions und landen auf dem Dach des Hauses.
    »Weißt du was, Perry?«, sagt Julie. Ihre Stimme bebt vor Schmerzen, die nur ihr gehören. »Alles stirbt, am Ende. Wir alle wissen das. Menschen, Städte, ganze Kulturen. Nichts währt ewig. Aber wenn das Dasein nur binär wäre, tot oder lebendig, hier oder nicht hier, was sollte das dann verdammt noch mal alles?« Sie sieht zu den fallenden Blättern hinauf und streckt die Hand aus, um eines davon, ein flammendrotes Ahornblatt, zu fangen. »Deshalb haben wir ein Gedächtnis, hat meine Mom immer gesagt. Und das Gegenteil von Gedächtnis – Hoffnung. Was es längst nicht mehr gibt, kann immer noch Bedeutung haben. Wir können auf unserer Vergangenheit aufbauen und so eine Zukunft haben.« Sie dreht und wendet das Blatt. »Mom hat gesagt, dass das Leben nur Sinn macht, wenn wir die Zeit sehen, so wie Gott sie sieht. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, alles auf einmal.«
    Ich traue mich, sie anzusehen. Sie entdeckt meine Tränen und wischt sie weg. »Was ist denn die Zukunft?«, frage ich und zucke nicht zusammen, als ihr Finger mein Auge streift. »Ich kann die Vergangenheit und die Gegenwart sehen, aber was ist die Zukunft?«
    »Also …«, sagt sie mit einem schiefen Lachen. »Das ist, schätze ich, der schwierige Teil. Die Gegenwart ist aus Tatsachen und Geschichte gemacht … Die Zukunft ist wahrscheinlich bloß Hoffnung.«
    »Oder Angst.«
    »Nein.« Sie schüttelt entschieden den Kopf und steckt das Blatt in mein Haar.

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