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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Marion
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dicken Brillengläsern sind weit aufgerissen. Er schluckt, dann lässt er die Waffe sinken.
    »Tut mir leid, Rosy«, ruft Julie ihm zu und deutet auf das Stadion. »Ich kann es einfach nicht mehr, okay? Es ist eine Scheißlüge. Wir glauben, dass wir da drin überleben, aber das ist nicht wahr.«
    Rosso starrt die Zombies an, die sich vor ihm aufgebaut haben. Prüfend sieht er in ihre Gesichter. Vermutlich ist er alt genug, den Anfang von all dem miterlebt zu haben. Er weiß, wie Tote aussehen, und er weiß, wenn etwas anders ist, ganz egal, wie subtil, unterschwellig und verborgen es auch sein mag.
    »Du kannst die Welt nicht allein retten!«, brüllt er. »Komm zurück, dann können wir darüber reden!«
    »Ich bin nicht allein«, sagt Julie und deutet auf den Wald aus Zombies, die sich wie Wipfel wiegen.
    Rossos Lippen verziehen sich zu einer gequälten Grimasse, dann springt er in sein Fahrzeug, schlägt die Tür zu und rast mit den drei übrigen im Gefolge zurück ins Stadion. Eine kurze Frist, ein kurzes Luftholen, denn ich weiß, dass sie nicht aufgeben, nicht aufgeben können . Sie sammeln nur ihre Kräfte, ihre Waffen, ihre brutale Entschlossenheit.
    Und ja, das sollten sie, denn seht uns an. Wir sind vieleHundert Monster und ein Hundert-Pfund-Mädchen. Feuer in den Augen, stehen wir vor den Toren ihrer Stadt. Tief unter unseren Füßen hält die Erde ihren flüssigen Atem an, während die Knochen unzähliger Generationen uns beobachten und warten.

Wir stehen dicht gedrängt auf der Auffahrt zum Freeway. Hinter uns die Stadt. Vor uns steile Hügel voller Erlen und bewachsener Mittelstreifen, die zurück zum Flughafen führen. Julie steht dicht neben mir und sieht weit weniger zuversichtlich aus als die ungestüme Revolutionärin, die sie für Rosso gegeben hat. Ich lege die Hand auf ihre Schulter und richte das Wort an die Menge.
    »Julie!«
    Die Masse bebt, und ich höre ein, zwei Gebisse aufeinanderschlagen. Ich hebe die Stimme. »Julie! Wir passen auf sie auf!«
    Einige von ihnen sehen aus, als wären sie in Versuchung, doch aus den Blicken der meisten spricht etwas anderes als Hunger. Es ist dieselbe Faszination, die ich am Flughafen gesehen habe, nur noch intensiver. Konzentrierter. Sie sehen sie nicht einfach nur an, sie studieren sie. Absorbieren sie. Alle paar Sekunden werden ihre Körper von seltsamen Krämpfen geschüttelt.
    Ich erwische M, wie er sie mit einem etwas anderen Blick anschaut, und ich schnippe mit den Fingern, gleich vor seinem Gesicht.
    »Komm schon«, sagt er, als wäre ich unvernünftig.
    Ich setze mich auf die Betonsperre und versuche nachzudenken. Das Brummen von Rossos Wagen ist in der Ferne immer noch zu hören. Alle sehen mich an. Ungeduldige Blicke aus jeder Richtung. Es ist ein Blick, der sagt: »Und jetzt was?« – und am liebsten würde ich »Was schon?« zurückbrüllen. Ich bin kein General oder Oberst oder Städtebauer. Ich bin einfach nur eine Leiche, die keine sein möchte.
    Julie sitzt neben mir und legt mir die Hand aufs Knie. Endlich bemerke ich all die Kratzer und Blutergüsse, die sie sich während unseres Fallschirmsprungs ohne Fallschirm zugezogen hat. Da ist sogar eine Verletzung an ihrer Wange, ein oberflächlicher Schnitt, der sie zusammenzucken lässt, wenn sie lächelt. Ich hasse es.
    »Du bist verletzt«, sage ich.
    »Nicht so schlimm.«
    Ich hasse, dass sie verletzt ist. Ich hasse, dass sie ihr ganzes Leben lang von mir und anderen verletzt worden ist. Ich kann mich kaum noch an Schmerzen erinnern, doch wenn ich ihre Schmerzen sehe, kann ich sie spüren, unverhältnismäßig stark. Sie steigen mir in die Augen, stechen, brennen.
    »Warum bist du … gekommen?«, frage ich sie.
    »Um zu helfen, schon vergessen? Und um auf dich aufzupassen.«
    »Aber warum?«
    Sie lächelt sanft, und in ihrer Schnittwunde glänzt frisches Blut. »Weil ich dich mag, Mr. Zombie.« Sie wischt sich das Blut ab, schaut es dann an und verreibt es an meinem Hals. »Da. Jetzt sind wir quitt.«
    Wenn ich sie so neben mir sitzen sehe, diesen blauäugigen Engel, umringt von sabbernden Toten, dieses zerbrechliche Mädchen, das mit blutigen Lippen in eine ungewisse Zukunft lächelt, dann beginnt sich etwas in mir zuregen. Mir verschwimmt die Sicht, und etwas Nasses läuft mir über das Gesicht. Das Brennen in meinen Augen lässt nach.
    Julie streicht über meine Wange und schaut auf ihren Finger. Sie starrt mich an, derart fasziniert, dass ich ihren Blick nicht erwidern kann. Lieber

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