Warm Bodies
stehe ich auf und poltere: »Wir gehen zurück zum Flughafen.«
Die Toten sehen mich an. Sie sehen M an.
»Was?«, sagt M.
»Weil wir … da leben. Da angefangen … haben.«
»Angefangen … was? Krieg? Gegen Knochen?«
»Nicht Krieg. Nicht … das.«
»Dann was?«
Als ich da stehe und zu antworten versuche, versuche, den Wirbelwind der Bilder in meinem Kopf zu zähmen – Musik in den dunklen Gängen des Flughafens, meine Kinder, die aus ihren Verstecken kommen und sich den Staub von der sich rötenden Haut klopfen, eine Bewegung, eine Veränderung –, als ich da stehe und träume, wird die gedämpfte Stille der Stadt von einem Schrei erschüttert. Ein verzweifeltes, gurgelndes Heulen wie das einer Kuh, die sich, halb schon hingeschlachtet, noch einmal aufbäumt.
Jemand kommt vom Freeway her auf uns zu. Er rennt, aber sein schwerfälliger Gang verrät seinen physischen Zustand. M eilt dem Neuankömmling entgegen. Ich sehe sie sich unterhalten. Der Neuankömmling winkt und gestikuliert auf eine Art, dass mir angst und bange wird. Er ist zweifellos ein Überbringer schlechter Nachrichten.
Er geht in unserer Menge auf. M kommt langsam zu mir zurück und schüttelt den Kopf.
»Was?«, frage ich.
»Können nicht … nach Hause.«
»Warum nicht?«
»Knochen … spielen verrückt. Kommen … von überall. Töten alle, die … anders.«
Ich sehe den Neuankömmling an. Was ich zuerst für massiven Verfall gehalten habe, sind tatsächlich schwere Verletzungen, unzählige Bisse und Kratzer. Auf der Straße gibt es noch mehr von seiner Sorte. Einige sind auf dem Freeway, einige taumeln über den Mittelstreifen durch Matsch und Gras. Sie sind weit verstreut, doch es sind Hunderte.
»Die wie wir … versuchen … zu fliehen«, fährt M fort. »Und Knochen … jagen sie.«
Genau in dem Moment, als er das sagt – so als wäre ihr Name ihr Stichwort gewesen –, betreten die Botschafter des Todes die Bühne. Erst einer, dann zwei, dann fünf und sechs spindeldürre weiße Gestalten treten in der Ferne aus dem Schatten der Bäume und überwältigen zwei der flüchtenden Zombies. Die Skelette werfen die beiden zu Boden und schmettern ihre Köpfe gegen den Asphalt. Sie zertreten das austretende Hirn wie fauliges Obst. Ich sehe zu, wie es immer mehr werden, wie sie zwischen den Bäumen hervorkommen und über die Böschung zum Freeway straucheln. Auf der Straße sammeln sie sich zu einem riesigen, klappernden Schwarm.
»Oh, was für eine Scheiße …«, flüstert Julie.
»Neuer Plan?«, fragt M mit erzwungener Ruhe.
Unfähig, eine Entscheidung zu treffen, stehe ich da wie in Trance. Ich bin zurück in Julies Zimmer, liege neben ihr auf einem Wäschestapel, und sie sagt, »Man kann nirgendwo mehr hin, oder?«, und ich schüttele grimmig den Kopf und sage ihr, dass jetzt die ganze Welt vom Tod bedeckt ist. Im Hinterzimmer meines Bewusstseins höre ich das Rattern von SUVs, viel mehr als nur vier, die die Hauptstraße herabjagen, um mich auszulöschen und Julie zurück in ihr Betongrab zu ziehen, sie wie eine Prinzessin einzubalsamieren und sie für alle Ewigkeit in ein neonhelles Beinhaus zu betten.
Da sind wir also. Gefangen in der Kluft zwischen Wiege und Grab, weder für das eine noch das andere länger tauglich.
»Neuer Plan!«, sagt M und reißt mich aus meiner Entrückung. »Gehen in … Stadt.«
»Warum zum Teufel sollten wir dahin?«, sagt Julie.
»Knochen hinführen. Lassen … Lebende … aufräumen.«
»Falsch«, herrscht sie ihn an. »Die Leute von der Security machen keinen Unterschied zwischen Knochen und Fleischigen. Sie löschen euch alle aus, unterschiedslos.«
»Wir … verstecken«, sagt M. Er deutet über die Böschung des Freeways hinweg in einen Talkessel voller vergammelter Holzhäuser und zugewachsener Kreisverkehre – der nördliche Wurmfortsatz jener Vorstadt, in der Julie und ich uns eine Nacht lang eingenistet haben, es war einmal in einem verschimmelten Märchen.
»Was? Sich einfach verkriechen und darauf hoffen, dass die Security und die Skelette es unter sich ausmachen?«
M nickt.
Zwei Sekunden lang hält Julie den Mund. »Das ist ein furchtbarer Plan, aber okay, los geht’s.« Sie dreht sich um und will schon loslaufen, doch M legt ihr die Hand auf die Schulter. Sie schüttelt sie ab und wirbelt zu ihm herum. »Was tust du da? Fass mich bloß nicht an!«
»Du … gehst mit R«, sagt M.
»Was?«, frage ich, plötzlich wieder bei der Sache.
Er fixiert mich mit seinen
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