Warnschuss: Thriller (German Edition)
zu ermitteln.«
Während sie im Gänsemarsch aus dem Büro trotteten, schickte Duncan ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Besitzer des baufälligen Hauses, in dem Elise ihn erwartet hatte, sich nicht sofort als ihr Bekannter entpuppen würde.
Eines war gut: Solche Informationen zu sammeln war mühsam und zeitaufreibend. Es konnte Tage dauern, bis eine umfassende Liste aller Hausbesitzer und der gegenwärtigen Bewohner erstellt war, vor allem in einer solchen Gegend, wo es so viele falsche Namen wie Kakerlaken gab. Die Verbindung zu Elise zu ermitteln würde noch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Vielleicht Wochen.
Bestimmt hätte man sie bis dahin gefunden.
Bestimmt.
Eine ganze Woche verstrich. Mit jedem Tag, an dem kein Hinweis auf Elise Lairds gegenwärtigen Aufenthaltsort gefunden wurde, erlosch der Feuereifer, mit dem alle die Suche aufgenommen hatten, ein wenig mehr.
Napolis Autopsie ergab, dass ihre ursprüngliche Vermutung zutraf: Er war an inneren Blutungen gestorben, nachdem mehrere lebenswichtige Organe durchschossen worden
waren. »Selbst wenn er es lebend in die Notaufnahme geschafft hätte, hätte ihn ein Chirurg kaum retten können. Dafür hatte er zu schnell zu viel Blut verloren«, erklärte der Gerichtsmediziner Duncan. »Der Schütze wusste, wie er zielen musste, um einen tödlichen Schuss abzugeben.«
Genau wie Gary Ray Trotters Mörder.
In diesen Gedanken versunken, hätte Duncan um ein Haar überhört, wie Dothan ihm eröffnete, dass die Kugel, die er in dem Toten gefunden hatte, aus einer .22er Pistole abgefeuert worden war.
»Sie meinen aus einer Fünfundzwanziger«, korrigierte Duncan.
»Ich meine eine Zweiundzwanziger.«
»Napoli hatte aber eine Fünfundzwanziger dabei.«
Der Gerichsmediziner überreichte Duncan achselzuckend den Plastikbeutel mit der Kugel. »Nicht mein Problem.«
»Was ist mit seinen Händen? Haben Sie unter seinen Nägeln etwas gefunden?«
»Die waren sauber wie die eines Neugeborenen.«
Sobald Duncan in die Zentrale zurückgekehrt war, informierte er DeeDee und Worley über diese Unstimmigkeiten. Sie sagte: »Ich hatte auf etwas Gewebe gehofft, das wir später nötigenfalls auf DNA hätten prüfen können.«
»Da gibt’s nichts zu prüfen«, sagte Duncan.
»Verdammt! Ich war sicher, dass er mit seiner eigenen Pistole erschossen wurde«, sagte Worley.
»Tja, falsch gedacht.«
Sie häuften immer mehr Fragen ohne Antworten an.
Sie kämpften sich durch weitere unproduktive Tage.
Die Pressestelle gab in regelmäßigen Abständen Verlautbarungen heraus, die aber grundsätzlich erst vom Polizeichef und Richter Laird gegengelesen wurden. In jeder Nachrichtensendung oder Meldung wurde Elise Laird als Opfer bezeichnet, das von Meyer Napoli unter Waffengewalt
entführt worden war. Als mögliche Motive für den erzwungenen Halt des Wagens mitten auf der Talmadge Bridge wurden Erpressung, Entführung in der Hoffnung auf ein Lösegeld, Vergewaltigung oder Vergeltung aus unbekannten Gründen genannt.
Worley und DeeDee befragten den Richter eindringlich, ob er Napoli noch einmal den Auftrag erteilt habe, seine Frau zu beschatten. Er stritt das ab. Dann nahm ihn Duncan alleine in die Mangel. Er wandte jede Verhörtechnik an, die er beherrschte, um Cato Laird aus der Reserve zu locken, aber der Richter blieb bis zum Schluss unerschütterlich: Seine Händel mit Napoli seien seit Monaten abgeschlossen, falls Napoli Elise weiterhin beschattet habe, dann aus eigenem Antrieb und offenkundig mit kriminellen Hintergedanken.
»Da ist noch etwas«, sagte Duncan, als das strapaziöse Gespräch mit Cato Laird zu Ende war. »Wir haben Sie um eine Liste Ihrer Waffen gebeten.«
»Die sind alle vorhanden bis auf eine alte Pistole mit zweiundzwanziger Kaliber.« Er deutete Duncans Reaktion ganz richtig und ergänzte hastig: »Die haben wir bestimmt nur verlegt.«
»Wann haben Sie die Waffe das letzte Mal gesehen?«
»Vor einer ganzen Weile. Sie lag in einem Karton mit ausgemusterten Jagdsachen, den ich auf den Speicher gebracht habe.« Er wurde zunehmend zappelig. »Sie denken doch wohl nicht … Hören Sie, Detective, Elise wusste nicht einmal, dass ich diese Waffe besitze.«
»Schön«, sagte Duncan, obwohl er diese Wendung alles andere als schön fand. »Sagen Sie mir Bescheid, sobald Sie die Pistole gefunden haben.«
Zusätzlich zu den Pressekommuniqués der Polizei gab der Richter fast täglich eine eigene Pressekonferenz. Die Ansprachen waren kurz und emotional. Seine
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