Warnschuss: Thriller (German Edition)
der letzten Tage weiß Gott genug gepiesackt. Hör auf, mich zu bemuttern. Du kannst wieder gehen. Fahr nach Hause. Lass mich allein.«
Dass er ihre Hilfe und Sorge so ablehnte, verletzte sie. Außerdem machte es sie wütend. »Was ist eigentlich los mit dir? Woher kommt das? Sag schon, Duncan. Steckt sie dahinter?« Sie sah ihn fassungslos an. »Das ist es, oder? Es hat dich erwischt, stimmt’s? Ich meine, echt erwischt. Vom ersten Augenblick an.«
Er pflanzte beide Ellbogen auf die Theke, senkte die Stirn auf die Handballen und grub die Finger in die zerwühlten Haare. »Ja«, bekannte er schroff. »Es hatte mich vom ersten Augenblick an erwischt.«
Sie hatte das schon in der Nacht gespürt, in der Gary Ray erschossen worden war. Oder vielleicht war Duncan schon verloren gewesen, als er sie damals auf dem Galaempfang zum ersten Mal gesehen hatte. Gordie Ballews bedauerliches Schicksal war der sprichwörtliche letzte Strohhalm gewesen, aber genau besehen war vor allem die durchtriebene Richtersfrau schuld daran, dass es ihrem Partner so elend ging. Seit sein Weg den von Elise Laird gekreuzt hatte, war er unaufhaltsam in ein tiefes Loch abgerutscht.
»Noch mal das Gleiche.« Er schob sein Glas dem Barkeeper zu.
»Duncan …«
»Ich habe dich ganz freundlich gebeten, mich allein zu lassen.«
»Was passiert ist, ist passiert, Duncan. Du kannst nichts mehr tun.«
»Falsch. Ich kann mich betrinken.«
DeeDee warf die Hände hoch. »Na schön.« Sie winkte dem Barkeeper, ihm noch einen Whisky einzuschenken.
Ihr fiel auf, dass die Pressekonferenz zu Ende war. Jetzt erschien eine Nachrichtensprecherin auf dem Bildschirm, die offenbar mit ernster Miene die Story zusammenfasste. Anschließend wurde zu Seinfield zurückgeschaltet. Sie beobachteten ein paar Sekunden den stummen Fernseher, dann eröffnete er ihr: »Sie hat mich um Hilfe angebettelt.«
DeeDee sah auf sein Profil, beobachtete das Flackern des Fernsehers, das sich in seinen erschöpften Gesichtszügen brach. »Elise Laird?«
»Sie hat mich zweimal um Hilfe gebeten. Ich habe mich zweimal geweigert, ihr zu helfen.«
DeeDee hatte Angst vor dem, was sie gleich zu hören bekommen würde, aber sie musste ihn einfach nach den Einzelheiten fragen. »Was erzählst du mir da, Duncan? Dass sie dich heimlich aufgesucht hat?«
»Erst hatte sie mir eine Nachricht zugesteckt, in der sie darum bat, dass wir uns allein treffen sollten. Darauf habe ich nicht reagiert. Dann tauchte sie überraschend bei mir zu Hause auf. Früh an dem Samstagmorgen, an dem wir zum Country Club gefahren sind. Der Tisch auf der Terrasse. Unter den weißen Sonnenschirmen.«
»Ich kann mich noch gut erinnern.«
»Davor hattest du bei mir zu Hause angerufen und vorgeschlagen, dass wir den Richter nach Napolis Verbindungen mit Trotter fragen sollten. Während wir telefoniert haben, stand Elise in meinem Wohnzimmer.«
Sie malte sich aus, wie Duncan mit ihr sprach, während ihre Verdächtige in Hörweite stand. Bestimmt hatte es sich idiotisch angehört, wie sie darüber geplappert hatte, dass sie allmählich Material gegen Elise Laird zusammentrugen, während Elise gleichzeitig Duncan schöne Augen machte. Nichts hasste DeeDee mehr, als für dumm verkauft zu werden. »Warum hast du mir nichts erzählt?«
»Ich erzähle es dir jetzt«, sagte er knapp.
»Du hast sie aus dem Haus geschafft, bevor ich aufkreuzen konnte, und dann diese kleine Farce auf der Terrasse des Country Clubs inszeniert, wo ihr beide dem Richter und mir vorgespielt habt, dass … dass …«
»Dass wir uns am Morgen nicht gesehen hatten.«
DeeDee musste ihren aufsteigenden Groll mit aller Gewalt zügeln. Wenn sie zu streiten begännen, würde sie vielleicht nicht alles erfahren, aber sie musste alles erfahren. Außerdem musste Duncan sich endlich aussprechen. Andernfalls würde er ewig unter dieser Geschichte leiden und sich womöglich nie davon erholen. »Was ist passiert, als sie zu dir nach Hause kam?«
»Was macht das noch für einen Unterschied?«
»Wenn es keinen Unterschied macht, kannst du es ruhig erzählen.«
»Wir haben ihr zugesetzt, als wäre sie die Hauptverdächtige.«
»Das war sie auch.«
»Sie hat etwas anderes erzählt.«
»Glaube ich gern. Hast du ihr geglaubt?«
Seine Abwehrhaltung zeigte erste Risse. DeeDee sah, wie die Spannung aus seinen Schultern wich. Leise bekannte er: »Keine Sekunde lang.«
Ein paar Atemzüge lang saß sie schweigend da und spielte mit dem Gedanken, noch eine Cola
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