Warnschuss: Thriller (German Edition)
Detectives hatten sich heute früh in die Abteilung geschleppt und nach der Hitze draußen schon bei der Ankunft ausgesehen wie durch die Mangel gedreht. DeeDee war, was keinen überraschte, eindeutig die Aufgekratzteste von allen und platzte fast vor Energie.
Duncan hob den Arm und ließ die Zeitung auf den Schreibtisch plumpsen. Dann hängte er das Jackett über die Stuhllehne, stellte den Kaffee ab, der ihm trotz der Kartonhülle beinahe die Hand verbrühte, und biss von seinem Donut ab, bevor er ihn aus dem Mund nahm.
»Kein ›Guten Morgen‹?«, fragte er mürrisch.
»Dothan hat sich auch schon früh an die Arbeit gemacht«, erklärte sie ihm, während er sich in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen ließ. »Er hat der Lairds-Leiche die Fingerabdrücke abgenommen. Gary Ray Trotter war mehrfach vorbestraft, darum hatten wir schon Minuten später seine Identität geklärt. Über den Mann gibt es tonnenweise Material.« Sie deutete auf die Akte, die noch unberührt auf Duncans Schreibtisch lag.
»Stammt ursprünglich aus Baltimore, hat sich über die letzten zwölf Jahre allmählich die Ostküste runtergearbeitet, saß wegen Kleinkram in verschiedenen Gefängnissen, bis er vor ein paar Jahren tollkühn wurde und sich in Myrtle Beach auf bewaffneten Raubüberfall verlegte. Vor drei Monaten wurde er auf Bewährung entlassen. Sein Bewährungshelfer hat seit zwei Monaten nichts mehr von ihm gehört.«
»Du warst aber fleißig«, sagte Duncan.
»Ich dachte, einer von uns sollte einen Frühstart hinlegen, und ich wusste, dass du das nicht wärst.«
»Siehst du, deshalb arbeiten wir so gut zusammen. Ich weiß um deine Stärken.«
»Eher ich um deine Schwächen.«
Er kommentierte den Seitenhieb mit einem Lächeln, schlug die Akte auf und überflog das erste Blatt. »Ich dachte gleich, dass die Sachen neu aussehen. Wie von einem frisch entlassenen Gefangenen.«
Bis er Gary Ray Trotters Vorstrafenregister studiert hatte, hatte er den Donut vertilgt. Er leckte sich die Glasur von den Fingern. »Keine besonders herausragende kriminelle Karriere«, urteilte er und zog den Plastikdeckel von seinem Kaffeebecher.
»Genau. Darum kapiere ich das nicht.«
»›Das‹?«
DeeDee zog einen Besucherstuhl vor Duncans Schreibtisch und setzte sich. »Ein Einbruch bei den Lairds erscheint mir für Gary Ray ein bisschen hoch gegriffen.«
Duncan zuckte mit den Achseln. »Vielleicht wollte er sich mit einem großen Knall verabschieden.«
»Haha.«
»Der musste sein.«
»Er war noch nie wegen Einbruchs angeklagt«, sagte DeeDee.
»Heißt nicht, dass er keinen begangen hat.«
»Nein, aber nachdem ich seine Akte studiert habe, kommt er mir nicht wie das schärfste Messer in der Besteckschublade vor. Im Gegenteil, als er das erste Mal mit sechzehn straffällig wurde, hat er einen Bulldozer geklaut.«
»Ich dachte, das wäre ein Schreibfehler. Einen richtigen Bulldozer?«
»Er fuhr ihn von der Straßenbaustelle, auf der er als Flaggenmann arbeitete. Du weißt schon, so einer mit orangefarbener Weste. Der die Autos vor der Baustelle anhält.«
»Klar.«
»Okay, Gary Ray stiehlt also den Bulldozer und fährt ihn zum Farmhaus seiner Eltern, wo er ihn draußen abstellt. Am nächsten Morgen erscheint der Bautrupp zur Arbeit, sie stellen fest, dass der Bulldozer weg ist, und rufen die Polizei, die …«
»Den Spuren bis zu ihm nach Hause folgt.«
»O Mann!«, rief DeeDee aus. »Wie beschränkt muss so jemand sein?«
Duncan lachte. »Und wo wollte er den Bulldozer verticken?«
»Unser Gary Ray war nicht gerade ein Geistesheld. Es ist ein ganz schöner Sprung von einem geklauten Bulldozer zu einem Einbruch in ein Haus mit ausgeklügelter Alarmanlage. Gut, sie war nicht eingeschaltet, aber das wusste Gary Ray nicht, als er sich mit seinem Reifeneisen am Fenster zu schaffen machte.«
Duncan spielte den Teufelsadvokaten und wandte ein: »Er hatte jahrelang Zeit, sich weiterzubilden.«
»Aber würde das nicht bedeuten, dass er vorbereitet erscheint? Und sein Handwerkszeug mitbringt? Mal angenommen, Gary Ray hätte es zum famosen Einbrecherkönig gebracht. Wenig wahrscheinlich, aber nehmen wir es trotzdem an. Einer, der weiß, wie man komplizierte Alarmanlagen austrickst, wie man Glas schneidet, damit man durchs Fenster fassen und es öffnen kann, die ganze Palette.«
»Ein richtiger Hollywood-Gangster mit einem Koffer voller Hightech-Spielzeug.«
»Wahrscheinlich«, bestätigte sie. »Aber wo war Gary Rays Ausrüstung?
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