Warnschuss: Thriller (German Edition)
laut, dreckig und heiß verglichen mit der kühlen Oase seiner Bürosuite im Obergeschoss. Die beiden Bereiche waren nur durch eine kurze Fahrt in einem klappernden Lastenaufzug voneinander getrennt, aber ästhetisch lagen Welten zwischen beiden Stockwerken.
Er hatte keine Kosten gescheut, um sich mit Luxus zu umgeben. Sein ledergepolsterter Chefsessel war butterweich. Das Holz seines Schreibtisches glänzte samtig. Der Teppich war aus den feinsten Seidenfäden gewebt, die man für Geld kaufen konnte.
Sein Sekretär hieß Kenny, er war ein Homosexueller, dessen Familie tief in der Gesellschaft von Savannah verwurzelt war und, zu Kennys Leidwesen, dank ihrer Gene ausgesprochen langlebig war. Kenny wartete ungeduldig darauf, dass seine alten Eltern endlich das Zeitliche segneten
und ihm, ihrem einzigen Sohn und Erben, das heiß ersehnte Vermögen aus ihrer Papiermühle hinterließen.
Bis dahin arbeitete er für Savich, diesen dunklen, mysteriösen und aufregenden Mann, der in jeder nur denkbaren Hinsicht das Gegenstück zu seinen Spießereltern war und der Kennys unauslöschliche Loyalität erworben hatte, indem er einen brutalen Schwulenhasser, der Kenny vor einer einschlägigen Bar aufgelauert und ihn beinahe totgeprügelt hatte, langsam und grausam erwürgt hatte.
Ihre Arbeitsbeziehung war von beidseitigem Vorteil. Für Savich war Kenny praktischer als eine Frau im Vorzimmer. Frauen wollten unweigerlich irgendwann eine sexuelle Beziehung zu ihm aufbauen, deren Tiefe wiederum von der Frau abhing. Sein Prinzip war seit jeher, Romantik und Geschäft getrennt zu halten.
Außerdem ließen sich Frauen zu leicht von Schmeicheleien oder einfacher Freundlichkeit beeinflussen. Die städtischen wie auch die Bundespolizisten nutzten diese feminine Schwäche oft als Mittel, um an Informationen zu gelangen. Einmal hatten sie sich dieser Taktik bedient, um an belastendes Material gegen Savich zu kommen. Der Versuch war fehlgeschlagen, weil seine Sekretärin auf mysteriöse Weise verschwunden war. Sie war nie wieder aufgetaucht. Er hatte sie durch Kenny ersetzt.
Kenny schoss aus seinem Stuhl, sobald Savich die Schwelle zu seiner Bürosuite überschritt. Obwohl sein hingebungsvoll frisiertes Haar in Form blieb, als er in Richtung der geschlossenen Tür nickte, war nicht zu übersehen, dass er innerlich aufgewühlt war.
»Sie haben Besuch, der sich nicht abwimmeln ließ«, begrüßte er Savich mit übertriebenem Bühnenflüsterton.
Augenblicklich hellwach, weil er einen Hinterhalt befürchtete – sein erster Gedanke war Hatcher – , fasste Savich nach der Pistole, die hinten in seinem Hosenbund steckte.
Die sorgsam gezupften Brauen seines Sekretärs wölbten sich ängstlich. »Nicht so einen Besuch. Wenn es darum gegangen wäre, hätte ich Sie angerufen. Ich glaube, Sie freuen sich, diesen Besuch zu empfangen.«
Savich trat inzwischen eher neugierig als misstrauisch an die Tür zu seinem Privatbüro und zog sie auf. Sein Gast stand mit dem Rücken zum Raum und blickte aus dem Fenster. Sobald sie ihn hörte, drehte sie sich um und setzte die dunkle Sonnenbrille ab, die ihr Gesicht zur Hälfte verdeckte.
»Elise! Was für eine unerwartete und köstliche Überraschung! Du bist immer wieder eine Wohltat für meine müden Augen.«
Sie erwiderte weder sein Lächeln noch sein Kompliment. »Das freut mich zu hören, denn ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
Zu den wenigen Vergünstigungen, die Duncans Rang als Sergeant mit sich brachte, gehörte ein eigenes Büro am Ende des schmalen Raumes, in dem das Dezernat für Gewaltverbrechen untergebracht war.
Duncan nickte DeeDee zu, als er an ihrem Schreibtisch vorbeikam. Er hatte einen Donut im Mund, einen Styroporbecher mit Kaffee in der einen Hand, das Jackett über den Finger der anderen Hand gehakt und eine Zeitung unter den Arm geklemmt. Er trat in sein Büro, doch ehe er eine Chance hatte, die Tür zu schließen, war DeeDee ihm in das toilettengroße Gemach gefolgt und hatte mit einem entschlossenen Klatschen eine Akte auf seinen Tisch geknallt.
»Der Typ hieß Gary Ray Trotter.«
Duncan war kein Morgenmensch. Im Gegenteil, er konnte Morgenmenschen nicht ausstehen. Er brauchte eine Weile, um sich mit dem Gedanken an einen neuen Tag
anzufreunden und um den Motor auf Touren zu bringen. DeeDee hingegen startete innerhalb weniger Sekunden von null auf hundert durch.
Obwohl es gestern bei den Lairds spät geworden war, war sie bestimmt schon seit Stunden auf. Andere
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