Warnschuss: Thriller (German Edition)
»Entschuldige, dass du hierherkommen musstest. Aber Kenny meinte, du hättest dich angehört, als sei es dringend.«
»Danke, dass ich dich so kurzfristig sehen kann.«
»Wo wir gerade von kurzfristig sprechen, du hast mir nicht viel Zeit gelassen, Elise. Wie es aussieht, hast du es eiliger, als du bei deinem letzten Besuch angedeutet hast.«
»Stimmt.«
»Warum? Was ist passiert?«
»Nichts. Nichts mehr. Ich wollte nur möglichst bald von dir hören.«
Er wusste, dass sie log, aber er ging nicht darauf ein. Stattdessen genoss er ihre vergeblichen Bemühungen, ihm zu verheimlichen, wie nervös sie war. Sonst hätte sie ihn nicht an einem Samstagnachmittag angerufen, und schon gar nicht so »aufgewühlt«, wie Kenny es bezeichnet hatte. Sie hatte es so eilig gehabt, ihn zu sehen, dass sie sogar in seinen Topless-Club gefahren war, wo sie sich erstmals begegnet waren. Er war Meilen – und Lichtjahre – von ihrem jetzigen Heim, ihrem Country Club und ihrem Leben als Mrs Cato Laird entfernt.
»Wie ist es, wieder im White Tie and Tails zu sitzen?«
Sie schaute sich flüchtig um. »Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich hier gearbeitet habe.«
»Wir vermissen dich immer noch.«
»Das bezweifle ich. Ich habe die neuen Talente gesehen.«
»Nur die wenigsten hinterlassen einen bleibenden Eindruck.« Er ließ die Worte ein paar Atemzüge im Raum stehen. Dann sank er gegen die gepolsterte Rückenlehne und griff nach seinem goldenen Zigarettenetui und Feuerzeug.
»Savich, konntest du …«
»Hatcher.«
Ihr Zucken verriet ihre Überraschung. Vielleicht auch etwas anderes. »Was ist mit ihm?«
Er ließ sich mit dem Anzünden seiner Zigarette Zeit. »Ist er immer noch für den Fall zuständig?«
»Vor einer Stunde war er es noch.«
»Duncan Hatcher aus dem Mord dezernat«, betonte er. »Warum hat er die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen?«
»Er meinte, es gebe ein paar lose Fäden, die verknüpft werden müssten, bevor er den Fall schließen kann.«
»Und das glaubst du ihm?« Er schien sie für ihre Naivität zu tadeln. »Er bohrt nach, Elise. Er versucht das Loch in deiner Notwehr-Geschichte zu finden.«
»Er redet mit uns, sonst nichts.«
»Mit dir und deinem Mann?«
»Gerade in diesem Augenblick unterhält er sich unter vier Augen mit Cato.«
»Wieso unter vier Augen?«
Sie holte tief Luft und stieß die Worte aus: »Das weiß ich nicht.«
»Hmm. Deshalb bist du also so verschreckt.«
»Ich bin nicht verschreckt.«
Auf ihre unwirsche Antwort zog er eine Braue hoch, die sie daran erinnern sollte, dass sie ihn um Hilfe gebeten hatte und dass sie nicht mit der Ehrerbietung sprach, die eine Bittstellerin zeigen sollte. Es funktionierte. Sie kuschte.
»Konntest du tun, worum ich dich gebeten habe?«, fragte sie.
Er blies einen Rauchstrom gegen die Decke. Er verwirbelte im Halblicht der blauen und rosa Neonsterne. »Sag mal, Elise, was hältst du von Duncan Hatcher?«
»Er ist zäh, genau wie du gesagt hast.«
Er senkte die Stimme. »Vielleicht wäre es noch interessanter zu wissen, was Detective Hatcher von dir hält, meine süße Elise.«
»Er hält mich für eine Lügnerin.«
»Wirklich?« Er nagelte sie mit seinen blauen Augen fest und strich gleichzeitig mit einem Finger über ihre Wange. »Und bist du eine?«
»Nein.«
»Dann hast du nichts zu befürchten.«
»Ich befürchte, dass Detective Hatcher mich weiterhin für eine Lügnerin hält.«
»Dann musst du seine Meinung ändern«, sagte er schlicht.
»Das habe ich versucht. Er glaubt mir nicht.«
»Das überrascht mich nicht. Er kann liebenswürdig sein. Habe ich wenigstens gehört. Aber hinter diesem gut aussehenden, charmant-raubeinigen Südstaatenburschen und dem blonden Schopf steckt ein Bulle. Ein dreckiger Bulle durch und durch.« Plötzlich ließ er seinem Hass auf Hatcher freien Lauf.
»Er wird deinen Fall nicht schließen, solange er noch den kleinsten Zweifel daran hat, dass es Notwehr war. Ich muss dich warnen, Elise. Er wird jeden einzelnen Stein umdrehen. Und er wäre überglücklich, wenn er unter einem auf Dreck stoßen würde. Er liegt mit deinem Mann in einer Fehde.«
»Ich weiß. Sie sind erst vor Kurzem aneinandergeraten, als dein Verfahren eingestellt wurde.«
»Ja, und darum würde Hatcher dich und den Richter liebend gern bloßstellen. Am besten in aller Öffentlichkeit. Aber das ist nichts verglichen mit dem, was er mit mir vorhat. Der Mann hat eine Mission. Er vergisst nie, und er gibt nie
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