Warnschuss: Thriller (German Edition)
beherrschte. Ich konnte an nichts anderes denken. Wenn das stimmte, musste ich es erfahren, und ich musste erfahren, wer der Mann war.«
»Also nahmen Sie die Dienste von Meyer Napoli in Anspruch.«
»Was wohl beweist, wie verzweifelt ich war. Ich weigerte mich, sein Büro zu betreten. Wir trafen uns eines Abends auf der Driving Range im Club. Ich arbeitete an meinem Abschlag, während er die einschlägigen Fragen stellte. Ob ich wisse, wer der Geliebte sei. Wie lange die Affäre schon andauere.«
Er schüttelte angewidert den Kopf. »Ich konnte nicht fassen, dass ich mit einem Menschen von diesem Kaliber über meine Frau sprach. Seine Wortwahl, die vulgären Ausdrücke, derer er sich befleißigte, passten so gar nicht zu Elise. Alles kam mir so falsch vor, dass ich kurzerhand alles absagen wollte.
Aber«, fuhr er seufzend fort. »Ich war bereits zu weit gegangen, und die Ungewissheit quälte mich. Darum gab ich ihm den geforderten Vorschuss und ging. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Duncan hatte der Geschichte gelauscht und dabei praktisch jedes Wort vorausgeahnt, noch ehe der Richter es
ausgesprochen hatte. Es war eine altbekannte Geschichte, die er im Lauf seiner Karriere schon allzu oft gehört hatte. Leidenschaft, die zu Besitzgier und Eifersucht führte, die wiederum Unheil aller Art und oft einen Mord nach sich zogen.
Aber die letzte Bemerkung des Richters passte nicht zu dieser Geschichte. »Seither haben Sie ihn nie wieder gesehen? Napoli hat nicht geliefert?«
»Doch, das hat er«, antwortete der Richter gepresst.
»Sie hatte also eine Affäre?«
»Das weiß ich nicht.«
»Verzeihung, Richter. Da komme ich nicht mit.«
»Napoli meldete sich wieder bei mir«, erläuterte er. »Er war Elise zu mehreren heimlichen Treffen gefolgt. Er hatte den Mann identifiziert. Er konnte Orte und Zeiten benennen. Aber… aber dann gebot ich ihm Einhalt. Ich wollte nichts weiter hören. Ich wollte nicht bestätigt bekommen, dass sie eine Affäre hatte.«
»Eine ungewöhnliche Reaktion, Richter«, sagte Duncan langsam. »Der Ehemann erfährt es vielleicht als Letzter, aber gewöhnlich will er es erfahren.«
»Es hätte nichts daran geändert, wie sehr ich sie liebe. Ich hätte sie trotzdem nicht verlassen.«
Vielleicht willst du sie deshalb umbringen, überlegte Duncan. »Sie haben also nie Genaueres über ihre klammheimlichen Treffen erfahren?«
Der Richter schüttelte gepeinigt den Kopf. »Nein.«
»Hat sie je erfahren, dass Sie sie ertappt haben?«
»Nein. Sie sollte nicht erfahren, dass ich mich dazu hergegeben habe, ihr nachspionieren zu lassen. Ich schäme mich deswegen. Außerdem hat sich die Sache ein paar Wochen später erledigt.«
Duncan sah ihn stirnrunzelnd und begriffsstutzig an. »Sie hat aufgehört, sich mit dem Mann zu treffen?«
»Sozusagen.« Nach kurzem Atemholen sagte er: »Bei ihren heimlichen Verabredungen hat sich Elise mit Coleman Greer getroffen.«
Abgesehen von den Stroboskopscheinwerfern über dem Mädchen, das auf der Bühne tanzte, sowie den rosa und blauen Neonsternen, die an der Decke blinkten, war es im White Tie and Tails Club auch am helllichten Nachmittag dunkel wie in der finstersten Nacht.
Es war noch lange hin, bis die Bar wie jeden Samstagabend unter dem Ansturm der Besucher berstend voll wäre, nur eine Handvoll Kunden saßen vor der halbrunden Bühne, nuckelten an ihren Drinks und verfolgten die Show der Tänzerin. Ein einziger pfiff und applaudierte rüpelhaft ihrer Vorführung.
Savich hatte ein Separée ganz hinten belegt, so weit von der Bühne entfernt, dass der Musikpegel erträglich war. Er saß mit dem Rücken zur Wand und freiem Blick in den Raum. Den Rücken ließ er nie ungedeckt.
Er schaute zu, wie eine Hostess in schwarzem Leder-BH und Cowboy-Beinschützern Elise durch das Labyrinth von freien Tischen und Stühlen führte. Als sie vor seinem Separée angekommen waren, winkte er Elise, Platz zu nehmen.
»Kann ich Ihnen etwas bringen, Mr Savich?«, fragte die Hostess.
Er sah Elise fragend an. Sie schüttelte den Kopf. »Sicher?« , fragte er nach. »Verzeih mir die Bemerkung, aber du siehst ein bisschen mitgenommen aus, so als könntest du einen Drink gebrauchen.«
»Nein danke.«
Er schickte die Hostess mit einer Handbewegung weg. »Wir wollen nicht gestört werden.«
Beim Weggehen ließ sie ihren nackten Hintern besonders anmutig wackeln. »Sie ist neu. Versucht sich zur Tänzerin
hochzuarbeiten.« Lächelnd wandte er sich Elise zu.
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