Warrior Cats - Die Macht der Drei 05 - Lange Schatten

Blattsees Schüler geworden war, hatte er nicht mehr so dicht neben einer anderen Katze geschlafen. Ihre Wärme war angenehm und ihr Duft wurde ihm bereits vertraut. Leise schnurrend ließ er sich vom Schlaf erneut davontragen.
    Graues Licht schimmerte hinter den Efeuranken, als Häherpfote wieder die Augen aufschlug. Schwinge der Taube war verschwunden, dafür spähten zwei andere Katzen neugierig auf ihn herab. Die eine war Springender Fisch, die andere eine ältere, schildpattfarbene Kätzin, die Häherpfote am vergangenen Tag vor dem Tunnel gesehen zu haben glaubte. Sie und Springender Fisch hatten genau die gleichen Bernsteinaugen, weshalb Häherpfote annahm, dass sie seine Mutter sein musste.
    »Hallo, Schwinge des Hähers! Komm mit uns jagen!«, rief Springender Fisch, als er sah, dass Häherpfote aufgewacht war.
    Die Gelegenheit schien günstig, ihr Territorium – das des DonnerClans – zu erkunden. Häherpfote kroch aus seinem Nest und streckte sich. »Gehen wir auf Patrouille?«, fragte er.
    Zu seinem Entsetzen wechselten Springender Fisch und die Schildpattkatze verblüffte Blicke. »Was ist eine Patrouille?«, miaute die Schildpattkätzin.
    Mäusedung! Patrouillen haben sie auch nicht .
    »Dämmernder Fluss, ich glaube, Schwinge des Hähers hat sich unten in den Tunneln den Kopf gestoßen. Er redet lauter Unsinn.« Springender Fisch wandte sich ab.
    Häherpfote versuchte, sein Unbehagen zu verbergen, indem er sich eine zerzauste Stelle an seinem Brustfell leckte. »Ist nicht so wichtig«, murmelte er.
    »Lasst uns gehen«, drängte Dämmernder Fluss. »Und nehmt euch vor Dachsen in Acht.«
    Als die drei Katzen in den Wald hinauszogen, übernahm sie die Führung. Häherpfote zitterte von den Ohren bis zur Schwanzspitze, als er sah, wie sehr sich der Wald von dem Territorium unterschied, das er aus den Zeiten der Clans kannte. Das lag nicht nur an den kleineren Bäumen und dem spärlichen Pflanzenwuchs. Der größte Unterschied bestand darin, dass er es jetzt sehen konnte.
    »Pass auf!«, warnte ihn Springender Fisch.
    Der Ausruf kam knapp zu spät. Häherpfote war so sehr damit beschäftigt, sich die Bäume anzuschauen, deren Blätter sich im beginnenden Blattfall rot und golden verfärbten, dass er das Kaninchenloch direkt vor seinen Pfoten übersah. Er stolperte mit fliegenden Pfoten hinein.
    »Fuchsdung!«, fauchte er.
    Er hörte Springender Fisch belustigt schnurren und spürte die Zähne des getigerten Katers, der ihn am Nackenfell packte und herauszog.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, erkundigte sich Dämmender Fluss.
    Häherpfote schüttelte sich die Erde aus dem Pelz. »Schon gut.«
    Als sie ihren Weg fortsetzten, gab er sich große Mühe, darauf zu achten, wo er seine Pfoten hinsetzte, aber das war nicht leicht. Das Licht blendete ihn, und die flimmernden Blätter und die Bäume, die vor ihm aufragten, irritierten ihn. Sein Gehör, sein Geruchssinn und sein Gespür für Dinge in seiner Umgebung, auf die er sich sonst stets verlassen konnte, waren abgestumpft, und er fühlte sich, als würde er durch dichten Nebel tappen.
    Er ärgerte sich, als er über einen Ast stolperte. So unbeholfen bin ich sonst nie .
    »Wenn du so weitermachst, verscheuchst du sämtliche Beute«, stellte Springender Fisch fest. »Ist wirklich alles in Ordnung? Willst du lieber in deinen Bau zurück?«
    »Ja, alles gut«, wiederholte Häherpfote mit zusammengebissenen Zähnen. Aber Springender Fisch hatte recht. Wenn er wie ein blinder Dachs durch die Gegend stolperte, würde er sämtliche Beute verjagen. Häherpfote schloss die Augen und fühlte sich gleich sicherer. Seine übrigen Sinne wurden wieder scharf und zeigten ihm den Weg. Gerüche und Geräusche wirbelten um ihn herum, vermittelten ihm ein viel deutlicheres Bild seiner Umgebung, als er es mit den Augen erfassen konnte.
    »Schwinge des Hähers?« Dämmernder Fluss klang verwirrt und besorgt. »Bist du auf deinen Pfoten eingeschlafen?«
    Erschrocken wich Häherpfote ihrer lauten Stimme aus. Gerade noch rechtzeitig schlug er die Augen auf und sah die raue Rinde eines Baumes direkt vor seiner Nase. Zum Stehenbleiben war es zu spät, er stieß mit dem Baum zusammen.
    »Toll!«, rief Springender Fisch belustigt. »Du hast einen Baum gefangen!«
    Häherpfote war erleichtert, als Dämmernder Fluss und Springender Fisch allein weiterzogen und nach Beute schnupperten, damit er sich erholen konnte. Während er sich Rindenreste aus dem Pelz putzte, fragte er sich, was er tun