Warrior Cats - Die Macht der Drei 05 - Lange Schatten
sollte. Wenn er eine Scharfkralle war, würden die Katzen von ihm erwarten, dass er jagen könnte. Aber das hatte er bei seinem Clan nie gelernt. Er hatte nie Beute gemacht.
Dann muss ich es eben versuchen. So schwer kann das doch nicht sein, oder?
Mit geschlossenen Augen, sodass er die Gerüche deutlicher erkennen würde, stöberte er unter den Bäumen herum und fand auch bald die Spur einer Maus. Lauschend hielt er inne, hörte winzige Pfoten rascheln und sprang dorthin, wo er das Geräusch gehört hatte. Er landete mit den Pfoten im Gras, seine Maus war weg.
»Pech gehabt!«, miaute Springender Fisch fröhlich hinter ihm. Häherpfote schlug die Augen auf, drehte sich um und sah, dass die Katze ein Eichhörnchen anschleppte. Dahinter stand Dämmernder Fluss mit einer Maus zwischen den Zähnen.
»Hast du noch nichts gefangen?«, spottete Springender Fisch. »Ich dachte, Scharfkrallen könnten das besser.«
»Ich … äh … ich hatte nach dem Schachtelhalm Ausschau gehalten, von dem Fliehendes Pferd gesprochen hat«, improvisierte Häherpfote aufs Geratewohl. »Er meinte, das sei gut gegen entzündete Ballen.«
Dämmernder Fluss nickte. »Das Jagen fällt dir bestimmt noch schwer, solange deine Ballen noch nicht verheilt sind.«
»Trotzdem wäre es besser, wenn du was fängst«, erklärte ihm Springender Fisch. »Wenn du nicht verhungern willst.«
Das überraschte Häherpfote nicht. Er hatte bereits vermutet, dass die Katzen hier für sich selbst jagen mussten, selbst wenn sie noch keine Scharfkrallen waren. Sie kannten keine Patrouillen und einen Frischbeutehaufen hatte er auch nicht gesehen. »Sollen wir den Ältesten etwas fangen?«, schlug er vor.
»Falls etwas übrig bleibt«, antwortete Springender Fisch gleichgültig.
Häherpfote bekam Heimweh nach dem DonnerClan, bei dem jede Katze mit Nahrung versorgt wurde, auch die, denen Zeit und Geschick fehlten, um für sich selbst zu jagen.
»Ich werde es unten am Bach versuchen«, erklärte Dämmernder Fluss. »Eine saftige Wühlmaus käme mir jetzt gerade recht.«
Mir auch. Häherpfote sah der Schildpattkatze nach, bis sie verschwunden war. Aber wahrscheinlich werde ich keine erwischen. Wie soll ich essen, ohne ihnen zu verraten, dass ich nicht jagen kann?
»Wir sehen uns später«, miaute Springender Fisch. »Viel Erfolg bei der Jagd!«
Er sprang Richtung SchattenClan-Grenze davon. Nein , falsch, in die Richtung, wo die SchattenClan-Grenze einmal sein wird .
Mit offenen Augen schlug er den Weg zum Felsenkessel ein, um sich daran zu gewöhnen, dass er sehen konnte. Mit eisigen Krallen packte ihn die Angst im Genick. Und wenn es den Felsenkessel nicht gibt?
Wenige Herzschläge später stieg Häherpfote der beißende Geruch eines Donnerwegs in die Nase. Überrascht hielt er inne. Durch unser Territorium führt kein Donnerweg!
Er presste sich noch dichter an den Boden, schlich weiter, nutzte jede Deckung, die sich ihm bot, und erreichte schließlich den Rand des Donnerwegs. Das harte, schwarze Band schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch. Mit gespitzten Ohren lauschte er auf lärmende Monster, aber nichts störte das sanfte Rauschen des Windes in den Zweigen.
Häherpfote spähte nach beiden Seiten und entdeckte zwischen den Bäumen die Wände eines Zweibeinernests. Vorsichtiger denn je schlich er sich an, achtete auf jeden Geruch und jedes Geräusch von Zweibeinern oder Hunden. Aber alles blieb still. Die Tür des Nests war fest verschlossen, das glänzende Zeug in den Fenstern war zerbrochen und lag überall verstreut herum. Plötzlich verstand Häherpfote. Das ist das Zweibeinernest, in dem die kranken Katzen untergebracht sind! Es gab keine Löcher in den Wänden, und das Dach war noch heil, aber Größe und Form waren gleich.
Der Donnerweg ist also der alte Zweibeinerweg . Häherpfote kehrte zu ihm zurück. Er hatte ihn nicht wiedererkannt, weil seine schwarze Oberfläche noch nicht aufgebrochen und mit winzigen Kriechpflanzen übersät war. Jetzt weiß ich, wo ich bin!
Er tappte neben dem Donnerweg her, immer noch wachsam, doch es tauchten keine stinkenden, dröhnenden Monster auf. Genau, wie er vermutet hatte, führte ihn der Weg zum Eingang des Felsenkessels.
Häherpfote blieb stehen und blickte sich um. Steinerne Wände ragten auf allen Seiten empor, beim Eingang niedrig und auf der gegenüberliegenden Seite viele Fuchslängen hoch. Ein Hauch von Zweibeinergeruch lag in der Luft, aber er war schwach und schal. Sein Blick wanderte
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