Warte auf das letzte Jahr
Ewigkeit vor. Als sie schlie ß lich Virgil gegenüberstand, war sie völlig erschöpft; sie schnappte nach Luft und war unfähig, etwas zu sagen. Es war einfach zuviel für sie gewesen.
Virgil sah sie zunächst neugierig, dann besorgt an und sagte mit seiner hohen, durchdringenden Stimme: »Kathy, ich halte es für besser, wenn Sie heute nach Hause gehen; schnappen Sie sich einen Armvoll Frauenzeitschriften und einen Drink und legen Sie sich ins Bett, damit …«
»Lassen Sie mich allein «, hörte sie sich sagen. »Jesus «, preßte sie dann hervor, wurde von Verzweiflung übermannt. »Nein, nein, lassen Sie mich bitte nicht allein, Mr. Acke r man! «
»Nun, was ist los? « fragte Virgil und musterte sie besorgt. »Ich kann zwar verstehen, daß Eric von hier fort ist, um in Cheyenne …«
»Nein «, sagte sie, »das ist es nicht. Ich … mir geht es schon wieder besser. « Der Druck hatte ein wenig nachgela s sen, als ob sie Kraft aus seiner Gegenwart bezog. »Hier ist ein hübsches Stück für Ihr 35er Wash. « Sie drehte sich zu Jonas herum, nahm ihm die Platte aus der Hand und legte sie auf Virgils Schreibtisch. »Damals gehörte dieses Lied zu den populärsten Schlagern. « Ich werde nicht sterben, dachte sie; ich werde dies überwinden und wieder gesund werden. »Ich bin noch auf etwas anderes gestoßen, Mr. Ackerman. « Sie nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz, um ihre Kräfte zu schonen. »Eine Privataufnahme von Alexander Woollcott aus dem Radioprogramm The Town Crier. Bei Ihrem nächsten Besuch im 35er Wash werden sie dann Woollcotts Originalstimme hören können. Und keine Imit a tion, mit der Sie sich im Augenblick begnügen müssen. «
»The Town Crier! « rief Virgil in kindlicher Freude. »Mein Lieblingsprogramm! «
»Ich bin überzeugt, daß ich die Aufnahme besorgen kann «, versicherte Kathy. »Obwohl es natürlich eine Frage des Preises ist. Ich muß nach Boston fliegen, um das G e schäft perfekt zu machen; das Band befindet sich im Besitz einer ziemlich durchtriebenen alten Jungfer namens Edith B. Scruggs. «
»Kathy «, verkündete Virgil Ackerman, »wenn es Ihnen wirklich gelingen sollte, eine Aufnahme von Alexander Woollcotts Stimme zu besorgen – so wahr mir Gott helfe, dann werde ich Ihr Gehalt erhöhen. Mrs. Sweetscent, Her z chen, ich liebe Sie für das, was Sie für mich tun. Und scha u en Sie auch noch in den Ausgaben der Washington Post nach, ob dort nicht einige Artikel über Woollcotts Radi o sendungen stehen. Ah, nebenbei bemerkt, da fällt mir der Bericht über das Sargasso-Meer im American Weekly ein. Ich schlage vor, wir entfernen dieses Blatt aus dem 35er Wash, denn als ich ein Junge war, bezogen meine Eltern keine Zeitungen aus dem Hearst-Konzern; ich habe nur …«
»Einen Moment bitte, Mr. Ackerman «, schnitt ihm Kathy das Wort ab.
Erwartungsvoll neigte er den Kopf. »Ja, Kathy? «
»Was würden Sie sagen, wenn ich Eric nach Cheyenne folgen würde? «
»Aber «, greinte Virgil und gestikulierte hilflos, »ich brauche Sie! «
»Nur für kurze Zeit «, sagte sie hastig. Vielleicht genügt das, dachte sie. Vielleicht verlangen sie nicht mehr. »Sie haben ihn gehen lassen «, fuhr sie fort, »und er hält Sie am Leben; er ist viel wichtiger als ich. «
»Aber Molinari braucht ihn. Und Sie braucht er nicht; er hat kein Babyland im Aufbau. Die Vergangenheit intere s siert ihn einen Dreck – er kümmert sich nur um die Z u kunft. « Virgil blickte betroffen drein. »Ich kann sie nicht entbehren, Kathy; es ist schon schlimm genug für mich, daß ich Eric verloren habe, auch wenn ich ihn jederzeit herbeir u fen kann, wenn es mir schlechter gehen sollte. Ich mußte ihn gehen lassen; in Kriegszeiten ist es meine patriotische Pflicht … auch wenn ich es nicht wollte. Um offen zu sein, mir ging es wirklich an die Nieren. Und jetzt wollen auch noch Sie …« Seine Stimme klang traurig. »Nein, das ist z u viel. Im 35er Wash hat Eric mir geschworen, daß Sie ihm nicht folgen würden. « Er sah Jonas auffordernd an. »Übe r rede sie, Jonas. «
Nachdenklich massierte Jonas sein Kinn. »Sie lieben Eric nicht, Kathy «, stellte er fest. »Ich habe mit Ihnen und mit ihm gesprochen; und Sie beide haben mir Ihr Leid geklagt. Sie haben sich so weit voneinander entfernt, daß es schon fast erschreckend ist … Ich verstehe Sie nicht. «
»Als er noch hier war «, erklärte Kathy, »dachte ich das auch. Aber ich habe mich selbst belogen. Jetzt weiß ich es besser, und ich
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