Warte auf das letzte Jahr
bin überzeugt, daß es ihm nicht anders geht. «
»Sind Sie sicher? « fragte Jonas scharf. »Dann rufen Sie ihn an. « Er deutete auf das Videofon, das auf Virgils Schreibtisch stand. »Überzeugen Sie sich selbst. Offen g e standen halte ich es für besser, daß Sie sich getrennt haben, und zweifellos ist Eric der gleichen Ansicht. «
»Entschuldigen Sie mich «, bat Kathy steif. »Ich möchte zurück in mein Büro. « Übelkeit rumorte in ihrem Magen, und sie empfand schreckliche Furcht. Ihr schmerzender, drogensüchtiger Körper flehte um Erlösung, und die Qualen, unter denen sie litt, begannen ihre Gedanken zu bestimmen. Sie mußte Eric nach Cheyenne folgen. Gleichgültig, was die Ackermans dazu sagten. Sie konnte nichts dagegen tun, und trotz ihrer Verwirrung sah sie die Zukunft deutlich vor sich. Es gab für sie keine Möglichkeit, der Droge JJ-180 zu en t kommen – die Sternmenschen hatten recht gehabt. Sie wü r de die Karte nehmen, die sie bekommen hatte, und zu ihnen zurückkehren. Gott, dachte sie, wenn ich es Virgil doch nur sagen könnte. Ich muß mit irgend jemanden darüber spr e chen.
Und dann dachte sie: Ich werde es Eric erzählen. Er ist Arzt, er wird mir helfen können. Deshalb werde ich nach Cheyenne gehen, nicht ihretwegen.
»Würden Sie mir einen Gefallen tun? « fragte Jonas Ackermann. »Kathy, hören Sie mir um Himmels willen zu. « Er berührte ihren Arm.
»Ich höre zu «, erklärte sie irritiert. »Also, lassen Sie mich los. « Sie entzog ihm ihren Arm, trat einen Schritt zurück und empfand Zorn. »Ich kann es nicht ertragen, so behandelt zu werden. « Sie starrte ihn an.
Bedächtig, mit nachdenklicher Stimme sagte Jonas: »Wir werden Sie nach Cheyenne gehen lassen, Kathy, wenn Sie versprechen, noch vierundzwanzig Stunden zu warten. «
»Warum? « erkundigte sie sich verständnislos.
»Damit Sie Zeit finden, den Trennungsschock zu überwi n den «, erklärte Jonas. »Ich hoffe, daß Sie morgen die Angel e genheit nüchterner beurteilen können. Und in der Zwische n zeit « – er sah zu Virgil hinüber, und der alte Mann nickte z u stimmend – »werde ich bei Ihnen bleiben. Den ganzen Tag und die ganze Nacht über, wenn es nötig sein sollte. «
»Den Teufel werde Sie tun «, stieß sie entsetzt hervor. »Ich …«
»Ich weiß, daß mit Ihnen etwas nicht stimmt «, fuhr Jonas gelassen fort. »Und ich halte es für besser, wenn Sie nicht allein bleiben. Ich werde die Verantwortung dafür überne h men, daß Ihnen nichts zustößt. « Mit leiser Stimme fügte er hinzu: »Sie sind für uns zu wertvoll, als daß wir zulassen können, daß Ihnen irgend etwas geschieht. « Erneut – und diesmal fester, entschlossener – ergriff er ihren Arm. »Kommen Sie; gehen wir hinunter in ihr Büro – die Arbeit wird Sie ablenken, und ich werde ganz still dabeisitzen und Sie nicht stören. Nach Feierabend fliegen wir zusammen zum Springler ’ s in Los Angeles und essen dort zu Abend; ich weiß, daß Sie Fisch mögen. « Er führte sie zur Tür.
Ich werde ausreißen, dachte sie. So geschickt bist du auch wieder nicht, Jonas, daß du das verhindern kannst; noch vor Morgengrauen werde ich dir entwischen und mich auf den Weg nach Cheyenne machen. Oder vielmehr, dachte sie voll Ekel und Angst, ich werde dir entkommen, mich aus dem Staube machen in dem Labyrinth, das das nächtliche Tijuana darstellt, wo so schreckliche und wundervolle und häßlich-schöne Dinge geschehen. Tijuana wird zuviel für dich sein. Selbst für mich ist diese Stadt fast zuviel. Und ich weiß sehr gut Bescheid, denn ich habe mein halbes Leben im nächtl i chen Tijuana verbracht.
Und was ist daraus geworden, fragte sie sich voll Bitte r keit. Ich wollte dem Leben einen reinen, mystischen Sinn g e ben, und statt dessen befinde ich mich nun in den Händen von Leuten, die uns hassen und mein Volk beherrschen. Unsere Alliierten, dachte sie. Wir sollten gegen sie kämpfen; ich weiß jetzt, daß uns keine andere Wahl bleibt. Wenn es mir gelingen sollte, Cheyenne zu erreichen und mit Molinari zusammenz u treffen – und vielleicht schaffe ich es wirklich –, dann werde ich es ihm sagen, dann werde ich ihm sagen, daß wir den fa l schen Verbündeten und den falschen Feind haben.
»Mr. Ackerman «, sagte sie eindringlich, »ich muß nach Cheyenne, um dem Generalsekretär etwas mitzuteilen. E t was, das uns alle betrifft, uns und den Krieg. «
Trocken erwiderte Virgil Ackerman: »Verraten Sie es mir, und ich werde es ihm
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