Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
ich muß durchhalten. Wenn ich kann.
    »Miss «, sagte das Taxi plötzlich, »würden Sie bitte wi e derholen, wohin ich fliegen soll? Ich habe es vergessen. « Es klickte im Innern der elektronischen Steuerung, als ob das Taxi Kummer empfinden würde. »Bitte, helfen Sie mir. «
    »Ich weiß es nicht «, erklärte sie. »Es ist deine Aufgabe; versuch dich zu erinnern. Und wenn es nicht geht, dann fli e ge einfach im Kreis. « Was ging es sie denn an, wohin das Taxi wollte? Was hatte sie eigentlich damit zu tun?
    »Es begann mit einem C «, stellte das Taxi hoffnungsvoll fest.
    »Chicago. «
    »Nein, ich glaube nicht. Nun, falls Sie sich dessen aber sicher sind …« Das Triebwerk dröhnte auf, als es den Kurs wechselte.
    Wir beide stecken bis zum Hals drin, erkannte Kathy. In dieser von der Droge erzeugten Sequenz. Sie haben einen Fehler gemacht, Mr. Corning, indem sie mir die Droge g e geben haben, ohne mich zu überwachen. Corning? Wer war Corning?
    »Ich weiß jetzt, was unser Ziel ist «, sagte sie laut. »Co r ning. «
    »Es gibt keine Stadt diesen Namens «, erwiderte das Taxi.
    »Unmöglich. « Panik überfiel sie. »Überprüfe noch einmal deine Datei. «
    »Wirklich, es existiert keine Stadt namens Corning. «
    »Dann sind wir verloren «, murmelte Kathy resigniert. »Gott, wie ist das furchtbar. Ich muß heute nacht in Corning sein, und diese Stadt gibt es gar nicht; was kann ich nur tun? Mach einen Vorschlag. Ich bin auf dich angewiesen; merkst du denn nicht, wie ich leide? Ich glaube, ich verliere noch den Verstand. «
    »Ich werde Hilfe anfordern «, erklärte das Taxi. »Ich we r de mich bei der Bundesverkehrsbehörde in New York e r kundigen. Es dauert nur einen Augenblick. « Eine Weile herrschte Stille. »Miss, es gibt keine Bundesverkehrsbehö r de in New York, und wenn doch, dann kann ich sie nicht erreichen. «
    »Empfängst du sonst irgendwelche Funksprüche aus New York? «
    »Nur die Sendungen von einem Haufen Radiostationen. Aber keine TV-Übertragungen und auch keine Impulse auf dem FM-Band oder im UKW-Bereich; unser Wellenbereich ist tot. Gegenwärtig empfange ich eine Radiostation, die e i ne Sendung mit dem Titel ›Mary Marlin‹ ausstrahlt. Als Vorspann wurde ein Klavierstück von Debussy gespielt. «
    Sie kannte sich in der Geschichte dieses Landes aus; schließlich war sie Antiquitätenexpertin, und dies gehörte zu ihrer Arbeit. »Schalte deine Lautsprecher ein, damit ich es ebenfalls hören kann «, befahl sie.
    Einen Moment später drang die Stimme einer Frau an ihr Ohr, die einer anderen Frau eine unglückliche Leidensg e schichte erzählte, kitschig und langweilig, und dennoch wurde Kathy davon in heftige Aufregung versetzt.
    Sie haben sich getäuscht, dachte sie, während ihre G e danken wie ein Bienenschwarm summten. Es wird mich nicht zerstören. Sie haben übersehen, daß ich mich in dieser Epoche auskenne – sie ist mir so vertraut wie die Gege n wart. Dieses Erlebnis wirkt weder bedrohlich noch ängst i gend auf mich; in Wirklichkeit ist es eine Chance.
    »Laß das Radio eingeschaltet «, wies sie das Taxi an. »Und fliege weiter. « Aufmerksam lauschte sie dem Rüh r stück, während das Taxi sanft durch die Luft glitt.
     

8
     
    Es schien unmöglich, doch plötzlich war es Tag geworden. Und auch das Automatentaxi begriff das Unglaubliche di e ses Vorgangs: etwas wie Schmerz schwang in seiner Stimme mit, als es Kathy zurief: »Dort unten auf der Straße, Miss! Ein altertümliches Fahrzeug, das es eigentlich gar nicht g e ben dürfte! « Das Taxi verlor an Höhe. »Sehen Sie selbst! Schauen Sie sich das an! «
    Kathy blickte nach unten. »Ja «, nickte sie. »Ein Ford Modell A aus dem Jahre 1932. Du hast recht; seit Gener a tionen wird dieses Modell nicht mehr gebaut. « Sie dachte angestrengt nach. »Lande «, befahl sie dann.
    »Wo? « Zweifellos gefiel dem Automatentaxi dieser Vo r schlag nicht.
    »Dort vorn in der Stadt. Auf diesem Dach da. « Ruhe hatte sie überkommen. Und sie wußte: Es lag an der Droge. Und nur an der Droge. Alles würde nur so lange dauern, wie die Droge den Stoffwechsel ihres Gehirns steuerte; JJ-180 hatte sie ohne Vorankündigung hierher versetzt, und vermutlich würde JJ-180 sie ebenso abrupt in ihre eigene Zeit zurüc k bringen.
    »Ich werde mich nach einer Bank umsehen «, sagte Kathy laut. »Und Geld von meinem Konto abheben. Und danach …« Und dann begriff sie, daß sie in dieser Zeit kein Konto b e saß; es gab für sie keine

Weitere Kostenlose Bücher