Warte auf das letzte Jahr
Kathys Augen füllten sich mit Tränen.
»Eric, ich fürchte, daß diese Droge, die ich genommen habe, süchtig macht. Ich habe furchtbare Angst. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Wirkung sie besitzt; ich glaube, daß sie extraterrestrischen Ursprungs ist; vielleicht stammt sie sogar vom Lilistern. Was ist, wenn ich sie weiter nehme? Weil du mich verläßt …«
Er nahm sie in die Arme. »Du mußt dich von diesen Leuten fernhalten; verdammt noch mal, ich habe es dir doch schon tausendmal gesagt …« Es war zwecklos, es ihr zu erklären zu versuchen; deutlich sah er ihre – und auch seine – Zukunft vor sich. Kathy besaß eine Waffe, mit der sie ihn an sich ketten konnte. Ohne ihn würde sie durch ihre Beziehungen zu Plout, Hastings und den anderen vernichtet werden; wenn er sie verließ, bedeutete das nur eine Verschlimmerung der Lage. Die Fäulnis, die sich im Laufe der Jahre in sie hineingefressen hatte, konnte nicht einfach durch das, was er vorhatte, ungeschehen gemacht werden, auch wenn er es im marsianischen Babyland gehofft hatte.
Er trug sie ins Schlafzimmer und legte sie sanft ins Bett.
»Hm«, seufzte sie und schloß die Augen. »Oh, Eric …«
Nun, er konnte es nicht. Selbst das nicht. Bedrückt trat er zurück und setzte sich auf das Bettende. »Ich muß fort von TF&D«, sagte er schließlich. »Und du mußt das akzeptieren.« Er strich ihr über das Haar. »Molinari steht kurz vor dem Zusammenbruch; ich kann ihm nicht helfen, aber zumindest kann ich es versuchen. Verstehst du? Das ist der wahre …«
»Du hast gelogen«, beschuldigte ihn Kathy.
»Wann? Und wobei?« Er strich ihr weiter über das Haar, aber jetzt war es nur eine mechanische Geste ohne Sinn.
»Wenn du mich deswegen verlassen würdest, hättest du jetzt mit mir geschlafen.« Sie knöpfte ihr Kleid zu. »Ich bin dir vollkommen gleichgültig.« Ihre Stimme klang überzeugt; er kannte diesen düsteren, leisen Ton. Noch immer bestand diese Mauer, die sie voneinander trennte. Diesmal verschwendete er keine Zeit mit dem Versuch, sie zu überwinden; er streichelte sie weiter und dachte: Gleichgültig, was ihr zustößt, es wird meine Schuld sein. Und sie weiß dies ebenfalls. So ist sie von der Last der Verantwortung befreit, und etwas Schlimmeres kann ihr gar nicht passieren.
Schade, dachte er, daß ich es einfach nicht über mich brachte, mit ihr zu schlafen.
»Mein Essen ist fertig«, bemerkte er und erhob sich.
Sie setzte sich auf. »Eric, ich werde es dir heimzahlen, daß du mich verläßt.« Sie strich ihr Kleid glatt. »Hast du verstanden?«
»Ja«, sagte er und ging in die Küche.
»Ich werde mein Leben damit verbringen, es dir heimzuzahlen«, rief Kathy ihm aus dem Schlafzimmer hinterher. »Jetzt habe ich einen Grund zu leben. Es ist herrlich, daß es endlich einen Sinn hat; es ist aufregend. Vor allem nach diesen stumpfen, häßlichen Jahren, die ich mit dir verbracht habe. Bei Gott, ich fühle mich wie neugeboren.«
»Ich wünsche dir viel Glück dabei«, erklärte er.
»Glück? Ich brauche kein Glück; ich brauche Geschick, und ich glaube, daß ich Geschick besitze. Ich habe unter dem Einfluß dieser Droge sehr viel gelernt. Ich wünschte, ich könnte es dir begreiflich machen. Es ist eine unglaubliche Droge, Eric – sie verändert vollkommen die Art, wie man das Universum und vor allem, wie man die Mitmenschen wahrnimmt. Danach sieht man alles anders. Du solltest sie probieren. Es würde dir helfen.«
»Nichts kann mir helfen«, erwiderte er.
Und in seinen Ohren klangen diese Worte wie ein Nachruf.
Er war fast mit dem Packen fertig – und hatte bereits gegessen –, als die Türglocke des Konap läutete. Otto Dorf war bereits mit dem Kopter eingetroffen, und mit gesetzten Schritten ging Eric zur Tür und öffnete sie.
Dorf blickte sich in dem Konap um und fragte: »Haben Sie Gelegenheit gehabt, sich von Ihrer Frau zu verabschieden, Doktor?«
»Ja.« Er fügte hinzu: »Sie ist fortgegangen; ich bin allein.« Dorf ergriff einen der Koffer, und gemeinsam betraten sie den Aufzug. »Sie hat es nicht sehr gut aufgenommen«, murmelte Eric, als sie nach oben fuhren.
»Ich bin unverheiratet, Doktor«, bemerkte Dorf.
Im Kopter befand sich ein weiterer Mann. Er streckte ihm die Hand entgegen, als Eric die Leiter hinaufstieg. »Schön, Sie zu sehen, Doktor.« Der Mann, dessen Gesicht im Schatten lag, stellte sich vor. »Ich bin Harry Teagarden, Leiter von Molinaris medizinischem Stab. Ich freue mich, daß Sie
Weitere Kostenlose Bücher