Warte auf das letzte Jahr
übelnehmen.« Die Haustür fiel hinter ihm ins Schloß. Er hatte nicht einmal auf Wiedersehen gesagt.
Sie war allein.
Mit einemmal sprang sie auf, eilte zum Videofon und wählte. »Ein Taxi.« Sie nannte ihre Adresse und legte auf.
Einen Moment später hatte sie sich den Mantel über die Schulter geworfen, verließ hastig das Haus und ging unruhig auf dem nächtlichen Bürgersteig auf und ab.
Das automatische Taxi kam, sie stieg ein und las ihr Ziel von der Karte ab, die Corning ihr ausgehändigt hatte.
Falls ich noch mehr von dieser Droge bekomme, sagte sie sich, werden sich meine Gedanken klären, und ich kann mir überlegen, was ich unternehmen muß; jetzt kann ich einfach nicht richtig nachdenken. Alles, was ich in meinem jetzigen Zustand plane, würde vollkommen wertlos sein. Ich muß wieder zu mir kommen, und dafür brauche ich die Droge. Ohne sie bin ich hilflos. Der einzige andere Ausweg wäre Selbstmord. Noch ein paar Stunden in dieser Verfassung, und es ist soweit. Und in dieser kurzen Zeit kann mir Jonas unmöglich helfen.
Es war die einzige Möglichkeit, ihn loszuwerden, erkannte sie. Ich mußte ihm von meiner Sucht erzählen. Sonst wäre er bei mir geblieben, und ich hätte nie mehr eine Chance gehabt, Corning zu erreichen. Ich habe die Gelegenheit beim Schöpfe ergriffen, auch wenn die Ackermans jetzt wissen, was mit mir nicht stimmt, und nun um so energischer versuchen werden, mich davon abzuhalten, nach Cheyenne zu gehen und Eric aufzusuchen. Vielleicht sollte ich mich schon heute nacht auf den Weg machen, ohne in mein Apartment zurückzukehren. Aufbrechen, sobald ich die Kapseln habe. Alle meine Sachen zurücklassen …
Wie verrückt kann man werden, fragte sie sich. Und nur eine einzige Dosis JJ-180 war nötig, um so etwas anzurichten. Wie wird es sein, wenn ich sie häufiger genommen habe … oder nur zum zweitenmal?
Die Zukunft lag in gnädiger Dunkelheit. Sie ahnte nicht einmal, was ihr noch bevorstand.
»Wir sind da, Miss.« Das Taxi ging auf dem Landedach eines Gebäudes nieder. »Das macht einen Dollar und zwanzig Cent und fünfundzwanzig Cent Trinkgeld.«
»Zum Teufel mit dir und deinem Trinkgeld«, fauchte Kathy; ihre Hände zitterten, als sie ihre Geldbörse öffnete, und sie konnte kaum die Münzen herausholen.
»Ja, Miss«, sagte das automatische Taxi gehorsam.
Sie bezahlte und stieg aus. Eine trübe Lampe wies ihr den Weg. Was für eine heruntergekommene Bruchbude, in der die Sternmenschen hausen, dachte sie. Wahrscheinlich wohnen sie hier, um sich als Terraner auszugeben. Es war ein bitterer Trost; wie die Erde, so verloren auch die Sternmenschen diesen Krieg, und ihre Niederlage würde absolut sein. Allmählich gefiel ihr dieser Gedanke, und sie beschleunigte ihre Schritte, spürte wieder ihre alte Zuversicht. Sie haßte die Sternmenschen nicht nur – für einen Moment gelang es ihr sogar, sie zu verachten.
Gestärkt von dieser Vorstellung, erreichte sie schließlich das Konap, das von den Sternmenschen bewohnt wurde, klingelte und wartete.
Corning selbst öffnete ihr; hinter ihm entdeckte sie mehrere andere Sternmenschen, die offensichtlich in ein Gespräch vertieft waren. Eine Geheimkonferenz, sagte sie sich; ich störe sie. Unangenehm – aber er hat mich ja aufgefordert, zu ihm zu kommen.
»Mrs. Sweetscent«, stellte Corning sie den übrigen Anwesenden vor. »Ist das nicht ein entzückender Name? Kommen Sie herein, Kathy.« Er machte eine einladende Geste.
»Geben Sie es mir hier draußen.« Sie blieb im Treppenhaus stehen. »Ich bin auf dem Weg nach Cheyenne; wahrscheinlich sind Sie froh, das zu hören. Also sollten wir keine Zeit verschwenden.« Sie streckte die Hand aus.
Etwas wie Mitleid blitzte in Comings Augen auf, obwohl er sich Mühe gab, es zu verbergen. Aber sie hatte es bemerkt, und dies entsetzte sie mehr als alles andere, mehr als das Gefühl, süchtig zu sein, oder die Qualen, die sie erlitten hatte, als die Wirkung der Droge nachließ. Wenn es selbst einem Sternmenschen naheging … Unwillkürlich duckte sie sich. Großer Gott, dachte sie; ich bin wirklich in Schwierigkeiten, bin dem Tode näher als dem Leben.
»Sehen Sie«, fuhr sie nüchtern fort, »vielleicht werde ich nicht immer abhängig sein. Ich habe herausgefunden, daß Sie mich belogen haben; die Droge stammt von der Erde, nicht vom Feind, und früher oder später werden unsere Wissenschaftler eine Möglichkeit finden, mir zu helfen. Deshalb habe ich keine Furcht.« Sie wartete, während
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