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Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Titel: Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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man weder links noch rechts ausweichen konnte. Meredith trat die Bremse bis zum Anschlag durch und riß verzweifelt das Steuer herum, um die Leittiere der Herde nicht zu treffen. Der Wagen machte einen Satz auf den Grasrand, rumpelte die Böschung hinauf, scharrte an der Hecke entlang, hängte sich eine Girlande aus Disteln und Quecken um und steuerte erbarmungslos auf den Stamm der alten Kastanie zu. Meredith ließ das Steuer los und schlug die Hände vor das Gesicht, um es gegen den, wie es schien, unmittelbar bevorstehenden Aufprall zu schützen. Der Wagen machte einen Satz, der Motor hustete und starb ab. Sie blieben stehen. Meredith ließ die Hände sinken und starrte benommen durch die Windschutzscheibe. Wie durch ein Wunder war es nicht zum Crash gekommen; der Wagen stand, wenn auch in einem gefährlichen Winkel nach oben und mit dem Kühler an der Baumrinde. Automatisch griff sie nach der Handbremse. Es schien sehr still um sie herum, sogar der Lärm, den die Tiere machten, schien weit weg zu sein. Plötzlich wurde die Autotür auf der Fahrerseite aufgerissen, und die dunkle Silhouette eines Männerkopfes und breiter Männerschultern verdrängte das Tageslicht.
    »Alles in Ordnung?« fragte der Mann rauh. Meredith wandte den Kopf und quietschte erschrocken auf, denn ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem des Fragenden entfernt. Graue Augen in einem wettergegerbten Gesicht funkelten sie an, aber ihre Aufmerksamkeit galt hauptsächlich der erstaunlichen Mähne roter Haare.
    »Danke, ja«, sagte sie bebend. Dann riß sie sich zusammen und fragte mit festerer Stimme, aber ängstlichem Unterton:
    »Ich hoffe, ich habe keines Ihrer Schafe verletzt.«
    »Nein. Aber ich hab gedacht, daß Sie sich um den alten Baum wickeln wollten.« Er trat einen Schritt zurück und richtete sich auf. Meredith beugte sich hinaus, um ihre Lage abzuschätzen, und blickte auf seine in Gummistiefeln steckenden Füße hinunter. Sie hob den Kopf und begegnete wieder seinen grauen Augen.
    »Ich denke«, begann sie schrill und fuhr dann überkompensierend im Kontraalt fort:
    »Ich kann auf die Straße zurücksetzen, sobald die Schafe nicht mehr im Weg sind.«
    »Ganz ruhig«, riet er.
    »Ich pfeife dem Hund, damit er die erste Partie zurücktreibt.« Er stieg die Böschung hinunter, eine schwerfällige Gestalt in einem alten Pullover, mit in der Sonne glänzenden roten Haaren. Er pfiff und gab laute Kommandos, die Schafe begannen lauter und ärgerlicher zu blöken und rannten ziellos hin und her. Von Zeit zu Zeit erhaschte Meredith zwischen ihren wolligen Leibern einen Blick auf einen schwarz-weißen Blitz. Der Schäfer rief und winkte ihr.
    »Es ist in Ordnung. Lösen Sie die Handbremse, und lassen Sie den Wagen einfach zurückrollen. Die Straße ist frei. Und jetzt Vorsicht!« Meredith löste die Handbremse, aber nichts geschah. Sie ließ den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein, versuchte es vorsichtig noch einmal. Nichts.
    »Verdammt! Ich sitze fest!« explodierte sie.
    »Verdammte Schafe!« Ihre Worte drangen durch das offene Fenster ins Freie. Er kam zurück, bückte sich neben der Tür und sagte:
    »Ich schiebe Sie an.«
    »Nein, ich laß mir was einfallen!« fauchte sie.
    »Dann können Sie den ganzen verdammten Tag hierbleiben und darüber nachdenken«, antwortete er.
    »Ich schiebe den Wagen jetzt an oder laß Sie hier sitzen, ganz wie Sie wollen.« Um ihren Zorn noch zu steigern, gab er ihr keine Gelegenheit, ihr Mißvergnügen zu äußern, glaubte die Auseinandersetzung zu seinen Gunsten beendet, ging um den Wagen herum nach vorn und setzte seine muskulöse Schulter ein. Grimmig biß er die Zähne zusammen, und seine Halsvenen schwollen vor Anstrengung wie Stricke an.
    »Geben Sie nicht mir die Schuld, wenn Ihnen was platzt«, murmelte sie vor sich hin. Er mußte scharfe Ohren haben, denn er blickte auf und warf ihr durch die Windschutzscheibe einen unverkennbar mißbilligenden Blick zu. Der Wagen ruckte und begann plötzlich rückwärts zu rollen. Im richtigen Augenblick schaffte sie es, ihn unter Kontrolle zu bekommen, und sie kam, ohne daß der Wagen den kleinsten Kratzer abbekam, auf die Straße zurück und stand sogar in Fahrtrichtung. Die Schafe, die spürten, daß alles wieder in Ordnung war, fluteten zurück, preßten sich an den Wagen und blökten klagend und gekränkt im Chor. Meredith stellte den Motor ab, stieg nicht ohne Schwierigkeit aus und blieb mitten unter ihnen stehen. Sie wogten um sie herum,

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