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Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Titel: Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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fixierten sie mit glasäugiger Neugier. Schafe, dachte sie, sind nicht annähernd so dumm, wie man immer behauptet. Es war etwas Schlaues, Wildes in diesen Porzellanaugen, und sie waren überraschend athletisch. Eins war eben flink über eine niedrige Mauer auf der anderen Straßenseite gesprungen. Der Rotschopf kam in Begleitung eines unglaublich böse aussehenden Hütehundes zurück. Er kam zu ihr, warf ihr einen tückischen Blick zu und wand sich dabei mit geheuchelter Unterwürfigkeit, ein Urias von einem Hund. Der Mann befahl ihm, sich zu trollen, und er tat es mit einem boshaften Blick.
    »Danke für Ihre Hilfe«, sagte Meredith, entschlossen, die Sache zurechtzurücken.
    »Ich bin froh, daß ich kein Schaf überfahren habe, aber es war nicht meine Schuld. Es ist sehr gefährlich, die Straße so zu blockieren.«
    »Keiner hat gesagt, daß Sie schuld sind. Aber hier ist Farmland, und heutzutage benutzt kaum jemand diese alte Straße. Sie müssen ein bißchen vorsichtiger und langsamer fahren.«
    »Ich war nicht zu schnell.«
    »Wollen Sie nach Bamford?« Finster und kampflustig sah er sie an.
    »Auf der neuen Autobahn geht’s schneller.« Meredith schaute genauso finster.
    »Hören Sie«, fauchte sie,
    »Sie mögen ja hier irgendwo Ihre Farm haben, aber eine öffentliche Straße ist deshalb noch lange nicht Ihr Eigentum, und ich hatte Lust, über Land zu fahren. Ich komme aus London und hatte genug von Autobahnen.«
    »Aus London, eh?« Plötzlich war der rothaarige Riese nicht mehr so aggressiv, und einen Moment klang seine Stimme fast wehmütig. Er begann sie wieder anzustarren, schätzte sie ganz offen ab, und sie fühlte sich mehr als nur ein bißchen unbehaglich dabei. Als er sie sorgfältig von Kopf bis Fuß betrachtet hatte, sagte er:
    »Dann sind Sie wohl eine hochkarätige Geschäftsfrau, oder?« Erschrocken rief sie:
    »Aber nein, ich bin Staatsbeamtin.«
    »Oh!« Seine grauen Augen sahen sie plötzlich voller Mißtrauen an.
    »Ich habe nichts mit dem Landwirtschaftsministerium zu tun«, protestierte sie, über seine prüfenden Blicke und seine Fragerei verärgert.
    »Ich bin nicht hier, um zu überprüfen, ob Sie Ihre EWG-Quoten nicht überschreiten. Will nur ein paar Tage Urlaub machen. Sind Sie damit einverstanden?« Sie erwartete, eine entsprechende Antwort von ihm zu bekommen, statt dessen lächelte er freundlich.
    »Das steht Ihnen frei und geht mich nichts an. Ich hätte aber nichts dagegen, daß es mich was anginge«, fügte er irritierenderweise hinzu. Dieser unerwartete Ausdruck rustikaler Galanterie verschloß Meredith wirksamer den Mund, als eine kraftvollere Antwort es getan hätte.
    »Bamford wird Ihnen nach London ein bißchen still vorkommen, nicht wahr?« fragte er.
    »Das bezweifle ich«, antwortete sie steif, nachdem sie sich ein wenig erholt hatte.
    »Natürlich, Bamford ist der Nabel des Universums.« Auch er konnte sarkastisch sein. Er brachte sie auch leicht aus der Fassung durch seine abrupt wechselnden Tonarten und dem herausfordernd belustigten Ausdruck seiner grauen Augen.
    »Ich kenne Bamford schon. Habe einmal für sehr kurze Zeit in der Gegend gelebt.«
    »Ach ja? Konnten es wahrscheinlich nicht erwarten, wegzukommen, oder?« Sie wußte nicht, ob er scherzte oder spottete.
    »Es hat mir sehr gut gefallen. Es war nur ein bißchen anstrengend, jeden Tag zwischen Bamford und London zu pendeln.«
    »Ich verstehe. Nun, dann genießen Sie Ihren Aufenthalt.« Er pfiff dem tückisch aussehenden Hund und entfernte sich. Seine wolligen Schützlinge hatten die Pause genutzt, sich zerstreut und angefangen an den Straßenrändern zu weiden, doch der Hund gebot diesem Treiben sehr bald Einhalt, sprang über die Mauer und brachte auch den Streuner zurück. Meredith taten die Schafe leid, die von diesem wölfisch aussehenden Burschen gehütet wurden. Doch wahrscheinlich war er gut ausgebildet und zuverlässig. Sie ließ den Motor an. Gleichzeitig blickte sie in den Rückspiegel und sah, daß das Mädchen auf dem zottigen Pony sie eingeholt und angehalten hatte, um mit dem rothaarigen Schäfer ein paar Worte zu wechseln. Er hob die riesige Hand und tätschelte den Hals des Pferdes. Die Szene: Schafe, Pony, Mädchen, knospende Hekken und gutaussehender Schäfer waren reines ländliches Idyll. Sogar der verschlagen aussehende Hund paßte ins Bild. Vielleicht hatte sie sich geirrt, als sie glaubte, in der Stimme des Schäfers einen wehmütigen Unterton gehört zu haben, als sie London

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