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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Küchentür«, sagte er. »Ich vergebe den nicht so gern, aber wenn es Ihnen nichts ausmacht …«
    »Nein, nein, alles bestens«, sagte ich.
    Ich hatte mich gerade dort niedergelassen, ein Glas Wein bestellt und einen Blick in die Speisekarte geworfen, als sie den Raum betraten. Dr. Barbara Hanover Galbraith, ihr Vater, die vier Mädchen. Und noch eine Person. Ein neun oder zehn Jahre alter Junge mit rotblonden Haaren, dessen Gesicht ich genau so deutlich erkannte, wie ich mein eigenes erkenne, wenn ich in den Spiegel schaue.
    Ich starrte ihn an. Die weit auseinanderliegenden Augen, die hohe Stirn, das abstehende Büschel Haare am Haarwirbel, die gerade Nase. Er lächelte. Macks Lächeln. Ich blickte in Macks Gesicht. Mein Gott, ich blickte auf Macks Sohn!
    Ich fühlte mich auf einen Schlag wie befreit, als ich begriff. Barbara hatte gelogen. Sie hatte gar nicht abtreiben lassen. Sie hatte nie einen Säuglingssaal betreten und an das Kind denken müssen, das sie getötet hatte. Sie hatte das Kind geboren, und jetzt zog sie den Jungen als Bruce Galbraiths Sohn auf.
    Wie viel mochte wohl am Rest der Geschichte, die sie mir erzählt hatte, wahr sein?

    Ich konnte keinen Augenblick länger bleiben. Ich stand auf und verließ den Raum durch die Küche, ignorierte die fragenden Blicke des Personals. Ich gelangte in den Empfangsraum, stolperte die Treppe hinauf, packte meine Sachen zusammen, beglich die Rechnung und erwischte die letzte Fähre zum Festland. Um zwei Uhr in der Früh war ich in Sutton Place.
    Diesmal stand kein Medienfahrzeug vor dem Haus.
    Doch dafür stand Detective Barrott in der Garage. Offensichtlich musste er gewusst haben, dass ich mich auf dem Rückweg befand, und mir ging auf, dass ich die ganze Zeit beschattet worden war. Mir war leicht schwummerig vor Erschöpfung. »Was wollen Sie?«, rief ich aufgebracht.
    »Carolyn, Dr. Andrews hat vor einer Stunde eine weitere Nachricht von Leesey erhalten. Wortwörtlich hat sie gesagt: ›Daddy, Mack hat gesagt, dass er mich jetzt töten wird. Er will mich loswerden. Leb wohl, Daddy. Ich hab dich lieb, Daddy.‹«
    Barrotts Stimme hallte durch die Garage, als er mit lauter Stimme fortfuhr: »Und dann hat sie geschrien: ›Nein, bitte nicht  …‹ Er hat sie gewürgt. Er hat sie gewürgt , Carolyn. Wir konnten sie nicht retten. Wo ist Ihr Bruder, Carolyn? Ich weiß, dass Sie es wissen. Wo ist dieser verdammte Mörder? Sagen Sie es mir endlich. Wo ist er?«

61
    Am Mittwoch um drei Uhr morgens fuhr er kreuz und quer durch SoHo und hielt Ausschau nach leichter Beute, als sein Handy klingelte.
    »Wo bist du?«, fragte eine angespannte Stimme.
    »Ich fahr gerade ein bisschen in SoHo herum. Nichts Besonderes.« Dies war sein Lieblingsviertel. Jede Menge angetrunkene junge Frauen, die um diese Uhrzeit nach Hause wankten.
    »Mensch, dort wimmelt es von Bullen in den Straßen. Du wirst doch keine Dummheiten machen?«
    »Dummheiten, nein. Aber etwas Spannung könnte ich jetzt gebrauchen«, antwortete er, während er weiterhin die Straßen absuchte. »Ich brauch noch eine. Es muss sein.«
    »Fahr nach Hause und geh schlafen. Ich hab schon was für dich. Die wird die größten Schlagzeilen von allen machen.«
    »Kenne ich sie?«
    »Du kennst sie.«
    »Wer ist es?«
    Er lauschte gespannt. Als der Name fiel, rief er: »Oh, das ist wirklich gut! Hab ich dir schon gesagt, dass du mein Lieblingsonkel bist?«

62
    Selbst die hartgesottensten unter den Kriminalbeamten hatte tiefes Grauen gepackt, als sie die Aufnahme von Leeseys Abschiedsgruß an ihren Vater angehört hatten. Für alle gab es daher nur noch ein einziges Ziel: Den Serienmörder zu schnappen, bevor er erneut zuschlagen konnte. Immer wieder kämmte das gesamte Dezernat sämtliche Fakten durch, die bislang im Zuge der Ermittlungen bekannt geworden waren.
    Am Mittwochmorgen stand wieder die vollzählige Mannschaft dicht gedrängt in Ahearns Büro.
    Gaylor erstattete Bericht über seine Erkenntnisse. Die Geschichte, die Benny Seppini ihnen aufgetischt hatte, konnte nicht widerlegt werden. Er hatte eine Beziehung mit Anna Ryan, der getrennt lebenden Ehefrau von Walter Ryan, einem Polizeibeamten, dem massiver Alkoholkonsum gepaart mit unkontrollierten Wutausbrüchen nachgesagt wurden. Anna Ryan hatte bestätigt, dass sie am Montagabend vor zwei Wochen mit Benny gesprochen und ihm über ihre Angst vor ihrem Ehemann berichtet habe. Als man sie mit Bennys Aussage konfrontiert hatte, wonach er in der Nacht in seinem

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