Warte, bis du schlaefst
»Weil er will, dass wir uns bei seinem Onkel über Howie beschweren, damit er gefeuert wird, und … und … ich … halt … das … nicht mehr aus. Ich will nur noch sterben. Ich will nicht mehr leben …«
Lil Kramer beugte sich vor und barg ihr Gesicht in den Händen.
Ihre Schultern zuckten, während sie schluchzte. Gus ging neben ihr in die Hocke und legte einen Arm um sie. »Schon gut, Lil«, sagte er, »jetzt ist es vorbei. Wir gehen jetzt nach Hause.«
Er sah auf, blickte zuerst Ahearn, dann Gaylor an. »Wissen Sie, was ich von Ihnen halte? Hier!«, sagte er und spuckte auf den Boden.
65
Nachdem ich mit Nick gesprochen hatte, rief ich meine Freundin Jackie Reynolds an, die Psychologin, die ebenfalls versucht hatte, mich zu erreichen, und die ich bisher nicht zurückgerufen hatte. Natürlich hatte Jackie die Zeitungen gelesen, aber seit unserem gemeinsamen Abendessen, als alles anfing, hatten wir kaum miteinander gesprochen. Da ich jetzt damit rechnete, dass mein Telefon abgehört wurde, antwortete ich nur sehr allgemein auf ihre Fragen.
Sie begriff sofort. »Carolyn, bei mir sind einige Termine abgesagt worden«, sagte sie. »Bist du schon zum Mittagessen verabredet?«
»Nein.«
»Dann komm doch zu mir, und wir bestellen uns Sandwichs und Kaffee.«
Mit diesem Vorschlag war ich sofort einverstanden. Jackies Praxis befand sich gleich neben ihrer Wohnung an der East Seventy-fourth Street, Ecke Second Avenue. Als ich aufgelegt hatte, merkte ich, wie sehr ich mir wünschte, mit ihr über meinen bevorstehenden Besuch bei Mom zu reden. Und dabei fiel mir ein, dass ich Elliott noch nicht angerufen hatte.
Ich wählte die Nummer seines Büros und wurde sofort zu ihm durchgestellt. »Carolyn, ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, als ich dich nicht erreichen konnte.«
Ich hörte einen leisen Vorwurf heraus und bat ihn um
Verzeihung. Ich berichtete ihm von meiner Fahrt nach Martha’s Vineyard und erklärte ihm den Grund dafür. Dann sagte ich, nach wie vor im Bewusstsein, vermutlich abgehört zu werden, dass die Reise umsonst gewesen sei und dass ich am späteren Nachmittag zu Mom fahren wolle. »Wenn sie sich weigert, mich zu sehen, dann hab ich es wenigstens versucht. Ich werde zwischen vier und fünf dort sein.«
»Ich denke, das könnte von der Zeit her ganz gut passen«, sagte er zögernd. »Ich könnte versuchen, auch gegen fünf Uhr dort zu sein. Ich habe etwas mit euch beiden zu bereden.«
Damit beendeten wir das Telefonat. Worüber wollte er mit uns beiden sprechen? Bei dem labilen Zustand, in dem sich Mom befand, würde er doch hoffentlich nicht im Sinn haben, ihr seine Unterstützung zu entziehen. Du lieber Gott, bitte nur das nicht! Sie brauchte ihn. Ich dachte an den Abend vor zwei Wochen, als Mack den Zettel in die Kollekte geschmuggelt und sie beim Abendessen verkündet hatte, sie werde ihn von nun an sein eigenes Leben führen lassen. Ich dachte daran, wie sie und Elliott einander angeblickt hatten und dass er die Absicht äußerte, ihr nach Griechenland nachzureisen. Ich dachte daran, wie ihre Schultern sich berührt hatten, als sie die Straße hinuntergegangen waren, nachdem wir uns vor dem Le Cirque verabschiedet hatten. Elliott könnte Mom glücklich machen. Mom war zweiundsechzig. Sie konnte gut und gerne noch zwanzig oder dreißig gute Jahre erleben – es sei denn, natürlich, ich hätte ihr alles vermasselt, indem ich dummerweise zur Polizei gegangen war, Detective Barrott kennengelernt und ihn auf Mack aufmerksam gemacht hatte.
Ich zog mich um, wählte ein Jackett mit passender Hose, versuchte, wie bereits gestern auf Martha’s Vineyard, die Schatten unter meinen Augen mit Grundierung abzudecken, und brachte mit Wimperntusche und Lippenstift ein bisschen Farbe in meine allgemein blasse Erscheinung.
Ich fuhr aus der Tiefgarage, diesmal mit dem eigenen Wagen, und siehe da! – die Medienleute waren vorerst verschwunden. Wahrscheinlich hatten sie eingesehen, dass sie am heutigen Tag nicht mehr aus mir herausbekommen würden und gaben sich einstweilen damit zufrieden.
Als ich in der Seventy-fourth Street anlangte, ließ ich den Wagen in Jackies Garage stehen und fuhr nach oben. Sie öffnete die Tür, und wir umarmten uns. »Eine Menge Stress ist immer noch die beste Abmagerungskur«, bemerkte sie. »Ich habe dich seit zwei Wochen nicht gesehen, und ich bin sicher, dass du mindestens fünf oder sechs Pfund verloren hast.«
»Mindestens«, stimmte ich zu und folgte
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