Warte, bis du schlaefst
ich mir das nur eingebildet hatte, weil ich mir so sehnlichst wünschte, dass es am Ende so kommen würde.
Und dann ging mir zum ersten Mal auf, dass möglicherweise sowohl mein Handy als auch der Festanschluss
in der Wohnung abgehört wurden. Natürlich werden sie abgehört, dachte ich. Barrott war überzeugt, dass ich mit Mack in Verbindung stehe. Sie mussten damit rechnen, dass er hier anruft.
Ich dachte an mein Gespräch mit Nick und fragte mich, ob ihre Ohren vor Scham geglüht hatten, als er gerade den Verdacht geäußert hatte, sie könnten absichtlich versucht haben, ihn hereinzulegen, indem sie einen minderjährigen Gast ins Woodshed einschleusten.
Ich hoffte es.
64
Lil und Gus Kramer saßen steif und nervös in Captain Larry Ahearns Büro. Ahearn musterte sie eindringlich und überlegte, wie er das Verhör anpacken sollte. Als Gaylor sie hereingebracht hatte, war gleich zu spüren gewesen, dass Lil Kramer kurz vor dem Zusammenbruch stand. Ihre Hände zitterten. Es gelang ihr nicht, ein auffälliges Zucken um ihre Mundwinkel zu unterdrücken. Sie war nahe daran, in Tränen auszubrechen. Mit der sanften Tour beginnen, oder gleich in die Vollen? Er entschied sich für die raue Variante.
»Lil, Sie haben uns verschwiegen, dass Sie zwei Jahre im Gefängnis waren, weil Sie Schmuck gestohlen haben«, fuhr er sie an.
Es war, als hätte er sie ins Gesicht geschlagen. Sie schnappte nach Luft, riss die Augen auf und begann zu stöhnen. Gus sprang auf. »Halten Sie den Mund, Sie!«, brüllte er Ahearn an. »Dieser Fall war ganz anders, das können Sie in den Akten nachlesen. Sie war ein junges Mädchen aus Idaho, ohne Familie, und sie hat sich Tag und Nacht um eine alte Dame gekümmert. Sie hat diesen Schmuck nie angerührt! Die Verwandten der alten Dame waren die einzigen, die die Kombination des Safes in ihrem Haus kannten. Sie haben Lil reingelegt, damit sie nicht nur den Schmuck, sondern auch noch die Versicherungssumme kassieren konnten. Mögen sie in der Hölle schmoren.«
»Mir ist noch nie jemand begegnet, der im Gefängnis war und nicht reingelegt wurde«, sagte Ahearn schroff. »Setzen Sie sich, Mr. Kramer.« Er wandte sich wieder an Lil. »Hat Mack Sie beschuldigt, etwas gestohlen zu haben?«
»Lil, sag nichts. Diese Leute hier versuchen nur wieder, dich reinzulegen.«
Lil sackte in sich zusammen. »Wenn sie das vorhaben, kann ich es auch nicht ändern. Es glaubt mir ja doch niemand. Nur wenige Tage, bevor er verschwunden ist, hat mich Mack nach seiner neuen Armbanduhr gefragt, ob ich sie gesehen hätte. Mir war klar, dass er andeuten wollte, dass ich sie an mich genommen hatte. Ich habe mich so darüber aufgeregt, dass ich ihn angeschrien habe. Ich sagte, sie gingen alle drei in dieser Wohnung so schlampig mit ihren Sachen um, und wenn sie einmal etwas nicht gleich fänden, dann würden sie sofort mir die Schuld geben.«
»Wer hat Sie noch beschuldigt?«, fragte Ahearn.
»Dieser ekelhafte Bruce Galbraith. Er konnte seinen Collegering nicht finden, als ob ich es darauf abgesehen hätte, ihn zu stehlen. Was sollte ich denn damit anfangen? Nach einer Woche sagte er mir dann, er habe ihn in seiner Hosentasche gefunden. Keine Entschuldigung, natürlich. Kein: ›Es tut mir leid, Mrs. Kramer.‹« Jetzt flossen die Tränen, müde, verzweifelte Tränen.
Ahearn und Gaylor blickten sich an, wissend, dass sie dasselbe dachten. Es würde ein Leichtes sein, das nachzuprüfen.
»Dann wissen Sie also nicht, ob Mack seine Uhr wiedergefunden hat, bevor er verschwand?«
»Nein, das weiß ich nicht. Deswegen hab ich ja solche Angst, dass er mich erneut beschuldigen wird, wenn er zurückkommt.« Lil Kramer begann laut zu schluchzen. »Und
deswegen hab ich, als ich neulich meinte, ihn in der Kirche gesehen zu haben …«
»Sie meinen , ihn in der Kirche gesehen zu haben?«, unterbrach sie Ahearn. »Uns haben Sie erzählt, Sie seien sich sicher, ihn gesehen zu haben.«
»Ich habe jemanden gesehen, der ungefähr so groß war wie er, und als ich dann gehört habe, dass er diesen Zettel in die Kollekte geschmuggelt hat, war ich mir sicher, doch später war ich mir wieder unsicher, und ich glaube, jetzt bin ich mir wieder sicher, aber …«
»Warum haben Sie plötzlich beschlossen, nach Pennsylvania zu ziehen?«, unterbrach Gaylor.
»Weil Mr. Olsens Neffe, Steve Hockney, damals zufällig alles mitbekommen hat, als Mack mich wegen der Uhr fragte, und jetzt versucht Steve mich damit zu erpressen«, schrie sie.
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