Warte, bis du schlaefst
Vielleicht wäre es letzten Endes ganz schön, sich nicht immer die ganze Zeit um alles kümmern zu müssen. Sie versuchte höflich zu klingen, als sie Hockney hereinbat und ihn fragte, ob er eine Tasse Tee wünsche. Er schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln, als er an ihr vorbeiging.
Er sieht wirklich sehr gut aus, dachte sie, und er weiß das auch ganz genau. Er war schon immer sehr von sich selbst eingenommen, und als er um die zwanzig war, musste ihm Olsen ein paarmal aus der Patsche helfen. Fast wäre er im Gefängnis gelandet. Und immer noch hat er dieses gewisse überhebliche Funkeln in seinem Blick. Er lehnte den Tee dankend ab und setzte sich auf die Couch, schlug die Beine übereinander und legte einen Arm über die Rückenlehne.
»Lil«, sagte er, »mein Onkel ist letzten Monat dreiundachtzig geworden.«
»Das weiß ich«, sagte sie. »Wir haben ihm eine Karte geschickt.«
»So gewissenhaft war ich nicht.« Steve lächelte. »Aber ich habe das Gefühl, es wird Zeit, dass ich einen großen Teil seiner Geschäfte in die Hand nehme. Sie kennen ihn ja. Er würde nie zugeben, dass er allmählich sein Alter spürt, aber ich habe gemerkt, dass es so ist. Außerdem weiß ich, dass ihm Howie Altman in letzter Zeit gehörig auf die Nerven geht.«
»Wir kommen mit ihm aus«, sagte Lil vorsichtig.
»Er hat Sie unter Druck gesetzt, damit Sie diese Wohnung aufgeben, nicht wahr?«
»Ich glaube, das ist vorbei.«
»Der Mann ist ein Rüpel, der vor nichts zurückscheut. Ich weiß, dass mein Onkel auf Sie hören würde, wenn Sie
ihn darauf aufmerksam machen, wie unmöglich sich Howie Ihnen gegenüber verhalten hat.«
»Ach, warum sollte ich Ärger machen. Es geht mich ja nichts an, was Mr. Olsen von Howie hält.«
»Ich sage Ihnen das, weil ich Ihre Hilfe brauche, Lil. Sie scheinen zu vergessen, dass ich damals mitbekommen habe, wie Mack MacKenzie Sie praktisch beschuldigt hat, seine Uhr gestohlen zu haben. Das war nur ein paar Tage, bevor er verschwunden ist.«
Lil wurde bleich und stammelte: »Er hat die Uhr wiedergefunden und sich entschuldigt.«
»War jemand dabei, als er sich entschuldigt hat?«
»Ich weiß nicht. Ich meine, nein, ich glaube nicht.«
Hockney verließ seine entspannte Haltung auf der Couch und erhob sich. »Lil, das mit der Entschuldigung ist gelogen, das sehe ich Ihnen an. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich habe nie jemandem etwas von dieser Geschichte mit der Uhr erzählt, und ich habe auch nicht die Absicht, es zu tun. Wir beide mögen Howie nicht, stimmt’s, Lil? Übrigens, ich werde Onkel Derek berichten, dass dieses Gebäude wirklich das schönste Schmuckstück unter seinen Häusern ist, und das dank der großartigen Arbeit, die Sie und Gus leisten.«
41
Derek Olsen war bei Weitem nicht nur der reizbare, verdrießliche alte Mann, als den ihn sein Neffe Steve und sein Hausverwalter Howie ansahen. In Wirklichkeit war er ein gewiefter Geschäftsmann, der zugesehen hatte, wie sich sein Immobilienbesitz aus strategisch ausgewählten Wohnungsgebäuden im Lauf der Jahre zu einem Vermögen von vielen Millionen Dollar angesammelt hatte. Und er war zu dem Entschluss gekommen, dass es nunmehr an der Zeit war, seine Besitztümer zu veräußern.
Am Freitagmorgen rief er bei Wallace and Madison an und verlangte in rüdem Ton, mit Elliott Wallace verbunden zu werden. Elliotts Sekretärin, die Olsens Manieren seit Langem kannte, versuchte gar nicht erst, ihm zu sagen, dass Mr. Wallace gerade auf dem Weg in eine wichtige Besprechung sei. Stattdessen bat sie ihn, einen Moment zu warten, und rannte hinaus auf den Flur, um Elliott noch am Fahrstuhl zu erwischen. »Olsen ist am Telefon«, sagte sie.
Mit einem genervten Seufzer kehrte Elliott in sein Arbeitszimmer zurück und nahm den Hörer auf. »Derek, wie geht es Ihnen?«, fragte er in herzlichem Ton.
»Mir geht’s gut. Ihr sogenannter Neffe hat ja im Moment eine Menge Ärger, wie man hört und liest.«
»Wie Sie sehr gut wissen, ist Mack seit zehn Jahren spurlos verschwunden. Dass die Polizei ihn jetzt mit einem Verbrechen
in Verbindung bringt, ist einfach absurd. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich habe jedenfalls eine Menge Ärger gehabt damals, als er als Mieter einer meiner Wohnungen einfach von der Bildfläche verschwunden ist. Na egal, deswegen rufe ich nicht an. Ich hatte letzten Monat Geburtstag. Ich bin jetzt dreiundachtzig. Es wird Zeit, alles zu verkaufen.«
»Das rate ich Ihnen schon seit fünf Jahren.«
»Hätte
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